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Flachskopf

Flachskopf

Titel: Flachskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Claes
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hingelegt hatte, fragte er noch:
    »Flachskopf!«
    »Ja?«
    »Stimmts, daß du dich hast ertränken wollen?«
    »Jawohl... dreimal unten gewesen...«
    »Und noch nicht ertrunken? ... das ist ein Zeichen, daß du zuviel Wind in dir hast .«
    Da antwortete Flachskopf nichts mehr und schlief ein.

Gott schafft den Tag…

    S o, ohne daß jemand daran dachte, hatte der Lehrer am Tage vorher plötzlich gesagt: »Morgen ist keine Schule .« Das fiel wie eine frische Herrlichkeit mitten in die langweilige Stille dieses brühheißen Nachmittags; sogar die weißen Wände mit den Karten und Inhaltsmaßen schienen es kaum zu fassen, und die fünfzig Schulknaben hoben verwundert den Kopf, die vor froher Erwartung leuchtenden Augen auf den Lehrer gerichtet, ob vielleicht noch etwas nachkäme... Einen Augenblick lang war es mäuschenstill. Man hörte ganz deutlich, wie draußen auf der Straße eine Schubkarre vorbeifuhr. Dann blickte sich Flachskopf flüchtig nach Dabbe und Locke um, und eine Welt von »Dingen« lag in seinem Blick. Der Lehrer beugte sich wieder über sein Pult, und die Knaben schienen sich von neuem in ihre Aufgaben zu vertiefen, eifrig und gefällig, um in keiner Weise die schönen Aussichten zu gefährden.
    Und heute war Flachskopf aufgestanden, ein Stündchen später als sonst, mit einer sonntäglichen Stimmung und einer Unzahl herrlicher Pläne im Kopf. Sofort war ihm alles in den Sinn gekommen, was gestern mit Dabbe, Locke, Tjeef und anderen verabredet worden war. Er überlegte eine Weile, welcher Plan ihm am meisten zusagte, und genoß bereits im voraus die vielen Freuden, die ihm bevorstanden. Er fühlte sich jedoch heute morgen weniger durch die Verabredungen von gestern gebunden und war bereit, auch allein für die nötige Abwechslung zu sorgen. Er war bereits ein paarmal ums Haus hin und her gerannt, hatte Max geplagt, der seine beiden Ohren spitzte vor Staunen, daß Flachskopf an einem Sonnabend nicht zur Schule ging, hatte für seine Mutter die Eier aus den Nestern geholt, für die Hühner Brot geschnitten, seinen Vater, der im Garten arbeitete, gefragt: »Soll ich dir helfen, Vater?«, worauf dieser sofort geantwortet hatte: »Nein, hilf nur der Mutter«, und hatte inzwischen sein ganzes Schulrepertorium heruntergesungen. Er warf mit einer Kartoffel nach den Tauben, die auf dem Dachfirst saßen, guckte mal im Holzstoß nach, ob die flüggen Jungen im Finkennest noch nicht ausgeflogen wären, und pfiff ein paarmal, im Schuppen versteckt, hinter Dries, dem Dorfpolizisten, her, der auf der Straße nach Averbode dahinschritt und zu Flachskopfs größtem Vergnügen sich immer wieder umguckte, im Glauben, daß ihn jemand gerufen hätte. So war es allmählich Frühstückszeit geworden, und die Mutter rief an der Hintertür, sie möchten zum Essen kommen. Flachskopf saß als erster am Tisch und hatte schon zwei Butterbrote verzehrt, als Heini und Nis hereinkamen. Nach dem dritten Butterbrot schenkte er sich noch eine Tasse Kaffee ein und verlangte ein viertes.

    »Ich weiß nicht, wo er alles unterbringt ,« sagte seine Mutter, »das ist nun schon seine vierte Schnitte... Und dabei ist er so mager wie ein Hering .«
    »Gerade weil ich so mager bin, muß ich tüchtig essen«, antwortete Flachskopf mit vollem Munde.
    »Ich habe noch nie einen solchen Vielfraß gesehn ,« erklärte nun Heini, »er hat bereits seine fünfte Tasse Kaffee.«
    »Damit sollen die noch offengebliebenen Löcher ausgefüllt werden«, erklärte Nis.
    »Ich kann doch keinen Kaffee ohne Butterbrote trinken ,« versetzte Flachskopf gereizt, »und wenn ich nun Hunger habe?« Er war wütend, weil man ihn nicht ungestört essen ließ.
    Dieses gemeinsame Frühstück war für Flachskopf und seinen freien Tag mit großen Gefahren verbunden. Nur um ihn zu ärgern, hätte Nis sagen können: »Unser Flachskopf könnte hier mal helfen oder da etwas machen«, und Vater und Mutter waren stets bereit, dieser Meinung beizupflichten. Deshalb hatte Flachskopf seine »Biblische Geschichte« neben seiner Tasse aufgeschlagen, und während des Essens betrachtete er mit der größten Aufmerksamkeit »Daniel in der Löwengrube«. Sein Vater kam gewöhnlich nicht zum Frühstück, weil er nicht so früh aufstand und später Kaffee trank als die andern. Aber jetzt hörten sie ihn plötzlich durch die Hintertür hereinstürmen.
    »Wer hat, verdammt! die Birne auf dem kleinen Bäumchen angebissen? ...«
    Das Bäumchen war erst voriges Jahr gepflanzt, kam aus

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