Flaming Bess 07 - Das galaktische Archiv
Tiefe.
Aus dem Funkgerät drangen die entsetzten Schreie ihrer Gefährten.
Sie wußte nicht, wie lange der Sturz dauerte. Irgendwann nahm das Gefalle des organischen Kanals ab, und ein Gewirr elastischer, zapfenförmiger Gebilde, die wie ins Riesenhafte vergrößerte Flimmerhärchen aus der Schleimhaut wuchsen, brachte sie zum Halt.
Kurz darauf landeten Katzenstein, Di Grey und Trimalorius dicht neben ihr in der natürlichen Barriere. Der Händler jammerte hysterisch.
»Eine Falle! Wir sind in eine verdammte Falle geraten! Ich wußte es, ich habe es von Anfang an gesagt. Dieser Hilferuf war eine Falle, aber niemand wollte auf mich hören, und jetzt … «
»Halten Sie endlich den Mund!« fuhr ihn Bess wütend an.
Trimalorius verstummte.
»Katz, Di Grey, ist mit euch alles in Ordnung?«
»Mir geht es den Umständen entsprechend«, antwortete Katzenstein, »und das bedeutet, nicht besonders gut.«
»Bist du verletzt?« fragte sie besorgt.
»Meine Gefühle sind verletzt. Schließlich bin ich kein Appetithappen.«
Di Grey hüstelte. »Offenbar glaubt unser Freund Katz, daß wir in den Verdauungstrakt Larn-Saans geraten sind, doch ich fürchte, er unterliegt einem Irrtum.« »Da bin ich aber verdammt froh«, brummte der Bordingenieur.
»Aber wo sind wir dann?« rief Trimalorius. Der fette Händler, der in seinem schwarzen stark gepanzerten Kampfanzug wie ein riesiger Käfer aussah, versuchte sich ungeschickt aufzurichten, rutschte auf dem nachgiebigen schleimigen Boden aus und fiel rücklings in das Dickicht der Fleischzapfen. Die rosigen, armdicken Zapfen schlossen sich um ihn.
»Hilfe!« kreischte er. »Zu Hilfe!« Mit einem Fluch kroch Katzenstein auf den Händler zu und zerrte an den Zapfen. Fast widerwillig gaben sie ihre Beute wieder frei. »Bei den Mächten des Schicksals«, keuchte der Händler. »Fast wäre es mit mir zu Ende gewesen. Sie haben mir das Leben gerettet, Katz.
Wie kann ich Ihnen nur dafür danken?«
»Indem Sie auf der Stelle tot umfallen«, knurrte Katzenstein.
Flaming Bess stand vorsichtig auf. Mit dem Handrücken wischte sie den Schleim von der Helmscheibe, der sich während ihres Sturzes dort festgesetzt hatte, und sah sich forschend um.
Die Röhre hatte einen Durchmesser von etwa sechs Metern und führte hinter ihnen steil in die Höhe; jenseits des Zapfendickichts fiel sie weiter in die Tiefe ab, doch das Gefalle war relativ gering. Die rosige, borkig strukturierte Schleimhaut sonderte unablässig eine trübe Flüssigkeit ab, die zwischen den mannshohen Zapfen gurgelnd versickerte.
Obwohl es keine sichtbare Lichtquelle gab, war es nicht völlig dunkel.
Die Schleimhaut schien leicht zu phosphoreszieren, und der leistungsfähige Restlichtverstärker ihres Helms ließ sie ihre Umgebung so deutlich wie in einer wolkenlosen Vollmondnacht wahrnehmen.
»Di Grey, du sagtest, du hättest eine Vermutung, wo wir uns befinden?«
Der Fremdweltenspezialist kam mit grotesk wirkenden Sätzen auf sie zu und landete federnd auf dem nachgiebigen Untergrund. »Wenn Larn-Saan ein künstliches Geschöpf mit einem zentralen Gehirn ist, das Milliarden Informationspollen steuert, dann muß es einen Zugang zu diesem Gehirn geben — schon für den Fall, daß, hm, Wartungsarbeiten notwendig werden. Zweifellos verfügt Larn-Saan, wie jeder Organismus, über erhebliche Selbstheilungskräfte, aber die Schöpfer des Archivs müssen auch mit der Möglichkeit eines Defekts gerechnet haben, den Larn-Saan nicht aus eigener Kraft beheben kann.«
Bess hob die Brauen. »Du glaubst also, daß dies hier der Zugang zum Gehirn ist?«
»Ich glaube es nicht — schließlich bin ich kein Theologe —, sondern ich vermute es.« Di Grey schwieg einen Moment. »Und wenn meine Vermutung zutrifft, sehe ich erhebliche Schwierigkeiten auf uns zukommen … «
»Schwierigkeiten? Was für Schwierigkeiten?« mischte sich Trimalorius ein. »Etwas Besseres kann uns doch gar nicht passieren. Wir müssen nur dieser verdammten Röhre zum Gehirn folgen, Larn-Saans Probleme lösen und den wohlverdienten Lohn in Empfang nehmen.«
Di Grey lächelte maliziös. »Ich zerstöre nur ungern Ihr naives Weltbild, Händler, aber ein direkter Zugang zum Gehirn hat nicht nur Vorteile, sondern auch erhebliche Nachteile — zum Beispiel beschwört er die Gefahr des Eindringens gefährlicher Fremdkörper herauf.«
»Was wollen Sie damit andeuten?« fragte Trimalorius angriffslustig. »Daß ich ein gefährlicher Fremdkörper bin?«
Bess
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