Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
werden sie doch beide von den Bullen hochgenommen, als sie dem Richter hinter einem Nachtclub in ihrem Porsche gerade einen bläst. Am nächsten Morgen kommt sie aus dem Bau, völlig verkatert und zittrig. Ihr Bild ist auf der Titelseite der Zeitung von Panama City, und dann geht sie heim, und da sieht sie, daß mein Cousin den Porsche vor ihre Haustür hat schleppen lassen. Sie denkt sich, vielleicht ist doch nicht alles verloren, vielleicht vergibt ihr mein Cousin ja und sorgt dafür, daß die Anklage wegen Sodomie unterm Tisch verschwindet. Aber dann merkt sie, daß der Porsche flach wie eine Flunder auf der Straße liegt, weil ihn mein Cousin nämlich mit flüssigem Zement hat vollgießen lassen. Vielleicht sollte ich Unterricht bei ihm nehmen.«
    Sein Blick schweifte wieder zum Himmel und zu den Bäumen, die draußen im Wind hin- und herwogten. Er öffnete den Mund und kratzte sich mit dem Fingernagel an der gestrafften Wange.
    »Was plagt Sie, Tony?« sagte ich.
    »Nichts.«
    »Sie haben doch die Finger vom Arzneischrank gelassen, oder?« Ich lächle ihn an.
    »Alles okay«, sagte er.
    »Sie müssen dieses Geschäft nicht um jeden Preis machen. Vergessen Sie’s, wenn Sie ein schlechtes Gefühl dabei haben«, sagte ich.
    Ich nahm die Augen nicht von seinem Gesicht. Sein Blick schweifte immer noch durch den Garten. Nutze die Chance zum Rückzug, Partner, dachte ich.
    »Ich habe Ihre fünfzig Riesen bereits fest zugesagt«, sagte er. »Wenn Sie einen Rückzieher machen, muß ich dafür geradestehen.«
    »Ich muß Bootsie anrufen.«
    »Das erledige ich für Sie. Während Sie mit Jess das Geld holen. Es geht niemanden was an, wo wir heute hinfahren, Dave.«
    »Okay«, sagte ich. Dahin war die Gelegenheit, Minos über das abgehörte Telefon zu informieren. Dann dämmerte mir, was Tony in Wirklichkeit so beschäftigte.
    »Ich nehme an, Ihre kleine Tochter vermißt Sie«, sagte er.
    »Ja.«
    »Scheint so, daß Sie alles haben, was Sie brauchen, um Ihre Investoren zufriedenzustellen, wenn wir die Sache heut klargemacht haben.«
    »Schätze schon.«
    »Ehrlich gesagt, Dave, ich glaube, ich lasse lieber die Finger von Southwest Louisiana. Die Situation dort birgt zu viele Risiken, und man kommt den Leuten aus Houston in die Quere. Das brauch ich nicht.«
    »Wie Sie wollen.«
    Er gab keine Antwort.
    »Ich putz mir noch die Zähne, dann kann ich mit Jess aufbrechen«, sagte ich.
    Er nickte und zog mit dem Löffel Striche auf der Tischdecke. Durch das Glas der Fenster war der Himmel im Süden so dunkel wie ein Gewehrlauf, und weiße Blitzadern pulsierten und zuckten in den Wolken.
    Ich putzte mir die Zähne, spülte mir den Mund aus und spuckte ins Bidet. Scheiße, Tony, dachte ich. Ich hatte keine Ahnung, daß in dir ein wohltätiger Mensch schlummert. Aber altruistische Motive kaufte ich ihm nicht ab. Ich hatte so etwas schon früher bei anderen Menschen gesehen. Sie kommen zu den Anonymen Alkoholikern und offenbaren dort irgendeine schreckliche moralische Schuld oder vielleicht ihre ganze traurige Lebensgeschichte. Danach geht es ihnen dann allmählich besser. Das eigene Ego wird wieder gestärkt, sie lecken sich die Lippen und wollen es noch einmal wissen. Dabei kommen sie zu dem Schluß, daß sie die Leute nicht mehr brauchen, die im Augenblick ihrer Schwäche und Bedürftigkeit als Zeugen zugegen waren.
    So war ich also für Tony zu einer Art Wegwerfbeichtvater geworden. Falsch gemacht, Tony, dachte ich bei mir. Begehst du ein Verbrechen, mußt du dafür blechen. Auf die eine oder andere Art mußt du immer dafür blechen.
    Jess fuhr mich zum Busbahnhof, wo ich die fünfzigtausend Dollar abholte, die die DEA in einem Schließfach für mich deponiert hatte. Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde ich Jess loswerden und könnte Minos noch anrufen.
    »Ich hab seit zwei Tagen einen richtigen Knoten im Bauch«, sagte er, die Faust um die Gürtelschnalle geklammert, das ganze Gesicht zu einer Grimasse verzogen.
    »Gehen Sie auf die Herrentoilette. Ich trinke solange eine Tasse Kaffee. Wir haben Zeit.«
    Er dachte darüber nach und ging leicht in die Knie, als ließe er einen fahren.
    »Nein, die Toiletten hier sind völlig verpißt. Ich warte«, sagte er. »Außerdem ist Tony wieder so verstört. Und wenn Tony verstört ist, braucht er jemand in seiner Nähe.«
    »Inwiefern vestört?«
    »Gestern am späten Abend sagt er zu mir: ›Es geht alles zu Ende, es geht alles zu Ende.‹ Ich frag ihn: ›Was zum Teufel soll

Weitere Kostenlose Bücher