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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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er meine Worte gehört hatte, und ich ging wieder in die Küche, um mir auf der Anrichte ein Sandwich zu machen. Von den Eichen hinter dem Haus tropfte Regenwasser, und nasses grünes Licht strahlte über den Hof.
    »Dad hat gesagt, wir fahren aufs Meer raus, auch wenn es nicht zu regnen aufhört«, sagte Paul. »Wir können die Angelruten an Deck in den Halterungen festmachen und in der Kabine bleiben.«
    »Klar, das Wetter ist gut für Heringsfische«, sagte ich. »An einem Tag wie heute zieht man die Köder hinter sich durchs Kielwasser, da stürzen sich die Heringsfische so gierig drauf, daß sich die Angel bis nach hinten zum Dollbord durchbiegt.«
    »Findest du es schön, daß du mitgekommen bist, auch wenn es regnet?« sagte Paul.
    »Klar.«
    »Dad hat gesagt, du wirst jetzt wahrscheinlich wieder zurück nach Hause zu deiner kleinen Tochter gehen.«
    Ich blickte herüber zu Tony. Er hatte ein Auge zugekniffen und fädelte eine Nylonleine durch das Öhr eines Hakens.
    »Ja, ich glaube, das werd ich wohl, Paul«, sagte ich.
    »Können wir dich mal besuchen? Und auf dem Pferd reiten?«
    »Wann immer du willst.«
    Tony verknotete die Fangleine und knipste das lose Ende am Hakenöhr mit einem Nagelknipser ab. Er hielt den Haken am Metallschaft und zog an der Fangleine, ob der Knoten auch hielt. »Hier«, sagte er zu Paul. »Den kriegen sie nicht klein.«
    Er trug Jeans mit Schlag, ein langärmeliges Hemd mit breiten Streifen und seine Marine-Corps-Mütze, deren Schirm er hochgeschlagen hatte. Er wich meinen Blicken aus, und wie seine Bediensteten, die mit dem Cadillac fuhren, sprach er nur mit mir, wenn es galt, eine Frage zu beantworten oder mich darauf hinzuweisen, daß ich mich mit allem vergnügen könne, was die Angelhütte bot.
    Ich ging ins Freie unter die wassertriefenden Bäume, dann nach unten zu den Stelzen, die die geschlossene Veranda stützten. Das Flußufer war dicht bewachsen mit Gestrüpp und wildem Efeu, und weil der Fluß ins Golfmeer mündete und der Wasserstand von den Gezeiten beeinflußt wurde, sah man überall dicke Leinen, an die man eine Vielzahl von Ködern hängen konnte, kreuz und quer zwischen Baumstümpfen und Stämmen und in den schlammigen Boden gehämmerten Pfosten gespannt. Jetzt war Ebbe, und eine graue Spur abgestorbener Hyazinthen am Ufer entlang markierte den höchsten Wasserstand, den der Fluß erreichte. Draußen über dem Golfmeer donnerte es laut und grollend, und die Luft knisterte förmlich vor Sauerstoff. Das Holz der Bäume schimmerte mattschwarz, das Blätterdach darüber und das Unterholz und der Röhricht und das vermodernde Laub, das den Erdboden bedeckte, alles quietschte buchstäblich vor Feuchtigkeit. Ich dachte an Alafair und Bootsie, und mir wurde schmerzlich bewußt, daß ich mich in meinem ganzen Leben noch nie so allein gefühlt hatte.
    Etwas später klingelte in der Hütte das Telefon an der Küchenwand. Tony ging an den Apparat, und nachdem er Hallo gesagt hatte, hörte er zu, ohne ein Wort zu sagen, und sah mich über Pauls Kopf hinweg an. Dann hängte er auf und sagte: »Kommen Sie, Dave, machen wir eine kleine Spritztour. Paul, ich muß mit Dave kurz etwas Geschäftliches erledigen. Du bleibst schön hier mit Jess, und in einer Stunde bin ich wieder da.«
    »Was ist mit Dave?« sagte Paul.
    »Er muß etwas erledigen. Wir sehen ihn dann später.«
    »Kommst du denn nicht mit angeln, Dave?« sagte Paul.
    »Mal sehen, wie sich’s einrichten läßt. Es kann sein, daß ich vielleicht für eine Weile weg muß«, sagte ich.
    »Ich dachte, du kommst mit.« Er hatte sich im Rollstuhl gedreht, um mit mir zu reden. Seine Bluejeans wirkten brandneu und steif und schienen ihm zu groß zu sein.
    »Es kann sein, daß ich nach Hause muß«, sagte ich. »Ich bin jetzt schon lange weg.«
    »Will deine kleine Tochter, daß du heimkommst?«
    »Ja, das will sie.«
    Er nickte, nahm ein Stück Nylonleine und stocherte damit in einem kleinen Riß im Tisch.
    »Kommst du uns überhaupt noch mal besuchen?« sagte er.
    »Ich würde sehr gerne einmal mit dir in der Gegend von New Iberia angeln gehen. Ich kenne da ein paar ganz tolle Plätze. Da sind die Barsche so groß, daß wir sie mit Tennisschlägern wieder ins Wasser zurückschlagen müssen.«
    Sein Lächeln ließ das ganze Gesicht erstrahlen.
    Tony und ich fuhren in meinem Pickup, und der weiße Cadillac mit seinen Leuten folgte uns auf der unbefestigten Straße am Fluß. Die Schlaglöcher waren tief, bis obenhin voll mit

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