Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
in die Nase aufsteigen.
»Sonderlich viel Angst scheinen Sie ja gerade nicht vor mir zu haben«, sagte ich.
Sie streckte sich auf dem Bett und zog ein Knie an sich heran. Ihre Zehennägel waren rot lackiert.
»Du machst doch eh, was du willst«, sagte sie.
»Der Besitz von Drogen ist in Louisiana keine Kleinigkeit.«
»Schätzchen, wenn du drauf aus wärst, mich einzubuchten, hättst du wohl kaum an die Tür geklopft.«
»Ziemlich ausgeschlafen bist du auch.«
»Warum sagst du mir nicht, was du willst, Süßer? Hat dir jemand von meinen Fähigkeiten vorgeschwärmt?«
»War Hipolyte Broussard dein Zuhälter?«
»Das ist ein schlimmes Wort. Das klingt so, als tat ich was Verbotenes.«
Ich drehte einen Stuhl mit der Lehne zu ihr und setzte mich rittlings darauf.
»Damit wir uns richtig verstehen«, sagte ich. »Es ist mir herzlich egal, was hier läuft. Ich bin hinter einem Weißen namens Jimmie Lee Boggs her. Um ihn zu finden, ist mir so ziemlich jedes Mittel recht. Ich bin deswegen so scharf auf ihn, weil er mich angeschossen hat. Mache ich mich verständlich?«
Sie lächelte träge in den aufsteigenden Rauch.
»Du warst das also?« sagte sie.
»In der Tat. Und weg damit, das lenkt nur ab.« Ich nahm ihr den Joint aus den Fingern und drückte ihn im Aschenbecher aus. »Kennst du Boggs?«
»Ich hab ihn gesehen.«
»Wo?«
»Er ist bei Hipolyte gewesen.«
»Wieso das?«
»Lebst du auf dem Mond, Schätzchen? Hast du jemals Schwarze gesehen, die nicht Weißen einen Teil von ihrem Geld abgeben müssen? Du bist doch nicht blöd. Du tust nur so. Ich glaub, du bist doch wegen mir hier.« Sie lächelte erneut und räkelte beide Arme über dem Kopf.
»Ist Boggs auch bei Gros Mama Goula gewesen?«
»Schlangen werden aus seinem Grab kriechen, wenn dieser weiße Abschaum es wagt, Gros Mama in die Quere zu kommen.«
Ich hörte, wie die Fliegentür aufgedrückt wurde; dann scharrte die Innentür über den unebenen Linoleumboden, und im Eingang stand die schwarze Frau mit dem tiefroten Kleid und den kunstvollen blauen Tätowierungen auf den Brüsten. Sie hatte eine Hand an der Hüfte, und in ihren Fingern kringelte sich ein geblümtes Taschentuch.
»Du stiehlst den Leuten zu viel Zeit«, sagte sie. »Hast du den Kopf voll Muschi, oder meinst du, daß du diesen Mann aus dem Kopf kriegst, wenn du meine Mädchen belästigst?«
»Was?« sagte ich.
Sie sagte der Frau auf dem Bett, sie solle sich ankleiden und ins Lokal gehen, bedienen helfen. Sie nahm den Aschenbecher mit dem Joint und warf ihn nach draußen in die Dunkelheit.
»Moment, was war das gerade?« sagte ich.
Sie ignorierte mich.
»Und sag dem besoffenen Nigger, der AI Ärger macht, daß er gut dran tut zu verschwinden, bevor ich zurückkomme«, sagte sie zu der anderen Frau, die ihre Bluejeans zuknöpfte, in eine Bluse schlüpfte und zur Tür hinausging.
Das Gesicht von Gros Mama Goula war groß und grobknochig wie das eines Mannes. Ihre Augen waren tiefliegend und dunkel, und unter der breiten Stirn und den dichten Augenbrauen wirkten sie wie tiefe Höhlen. Ich hatte von anderen Schwarzen Geschichten über sie gehört. Sie sei eine Juju-Hexe, die mit einem Atemhauch Brandwunden lindern könne, durch den Druck ihrer Handfläche gegen eine Wunde Blutungen stillen könne. Man schrieb ihr zu, wie eine Schlangenbeschwörerin Würmer aus dem Bauch von Kindern gelockt zu haben. Und man sagte ihr nach, sie könne dafür sorgen, daß eine Hexe sich ins Ehebett stehle, den Mann besteige und mit ihm kopuliere, bis ihm die Augen übergingen, worauf er für alle Zeiten keinen Gefallen mehr an seiner Frau fände.
»Was war das gerade?« wiederholte ich.
»Polizisten sind hinter Muschis her, genau wie alle anderen auch. Wenn du das willst, dann komm zuerst zu mir und frag mich und laß meine Mädchen in Ruh. Aber das ist es nicht, was du vorhast. Dir geht Jimmie Lee Boggs im Kopf rum. Und mit Sex wirst du ihn nicht los. Er liegt auf der Lauer. Er wartet.«
»Jetzt soll ich wohl beeindruckt sein?«
Sie öffnete ein Schränkchen über dem Herd, entnahm ihm ein Marmeladenglas und eine kleine Flasche Rum. Sie goß sich ein, setzte sich an einen kleinen Frühstückstisch und zündete sich eine Zigarette an. Sie trank den Rum, zog an der Zigarette, blies den Rauch über ihre Hand und musterte die Knöchel ihrer Finger, als wäre ich nicht anwesend.
»Was willst du?« sagte sie.
»Wie war’s, wenn Sie zuerst mal mit der traiteur -Tour aufhörten.«
»Was soll das
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