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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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heißen?«
    »Sie haben mit Dorothea geredet. Sie wußten, daß ich nach Boggs suche. Sie haben mein Bild in der Zeitung gesehen oder sind einfach so darauf gekommen, daß ich einer der Männer war, die er niederschoß.«
    »Du kannst denken, was du nicht lassen kannst. Mein Problem ist es nicht.«
    »Ich denke, daß Sie hier gewerbsmäßige Prostitution betreiben.«
    Sie nahm einen Zug von der Zigarette, klopfte die Asche ab und wartete darauf, daß ich weiterredete.
    »Das beeindruckt Sie nicht?« sagte ich.
    »Wenn du mich verhaften willst, ist das deine Sache. Da sind Leute, die meine Kaution bezahlen und dafür sorgen, daß mein Laden offenbleibt.«
    »Hat sich Jimmie Lee Boggs ein Stück von Hipolytes und Ihrem Kuchen geholt?«
    »Darling, niemand holt sich ein Stück von meinem Kuchen.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht, Gros Mama. Es gibt keinen einzigen Puff in ganz Südlouisiana, der nicht einen Teil seiner Einnahmen an New Orleans abdrückt.«
    Sie goß sich noch einmal Rum in das Glas, sah mich dann an – quasi als Nachgedanken – und deutete mit dem Finger auf die Flasche.
    »Nein danke«, sagte ich.
    Sie schraubte langsam den Deckel auf die Flasche.
    »Jetzt hör mal gut zu«, sagte sie. »Du gibst einen feuchten Dreck auf die Itaker in New Orleans, und auch darauf, was ein paar Nigger hier am Samstagabend treiben. Du willst diesen Mann, weil er dir Schmerzen bereitet hat, weil er dich in deinen Träumen heimsucht. Du wachst morgens auf und bist müde, kannst die Finger nicht bewegen. Du schleppst den ganzen Tag eine große Last mit dir rum. Dein Essen schmeckt dir nicht, und Frauen sind nur was für andere Männer. Du kannst jetzt der ganzen Welt sagen, daß ich lüge, aber du und ich, wir wissen es besser.«
    Ich starrte sie wie versteinert an. Sie rauchte weiter, als könne sie kein Wässerlein trüben.
    »Ich hab ihn nicht mehr gesehen, seit sie ihn dafür eingebuchtet haben, daß er diesen Mann mit dem Baseballschläger umgebracht hat«, sagte sie. »Aber er ist in New Orleans.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Weil er dort sterben wird. In einem schwarzen Raum, durch den Blitze zucken. Misch dich da nicht ein, Schätzchen. Komm lieber zu Gros Mama, wenn du aufwachst und dich wieder so schlecht fühlst. Sie bringt dich schon in Ordnung«, sagte sie und reckte die Schultern, so daß sich die Tätowierungen auf ihren Brüsten spannten wie ein Spinnennetz.

3. Kapitel
    Am nächsten Morgen harkten Alafair und ich das Laub zusammen und verbrannten es unter den Pecanbäumen in meinem Vorgarten. Es war ein blaugoldener Herbsttag von vollendeter Schönheit, und der Rauch, der von dem Feuer aufstieg, stand eine Weile in dem diffusen, schimmernden Sonnenlicht, bevor er über das Bayou in die Zypressenbäume stieg. Vor etwas mehr als zwei Jahren hatte ich mit meiner Frau Annie kurz hinter Marsh Island mit Netzen nach Shrimps gefischt, als wir auf einmal ein zweimotoriges Flugzeug sahen, das eine dicke schwarze Rauchsäule hinter sich am Himmel herzog. Es kippte ab, tauchte mit einem Flügel kurz in eine Welle und wurde wie ein Holzspielzeug über das Wasser gewirbelt. Während Annie über den Notrufkanal die Küstenwache rief, ging ich mit Sauerstoffflasche und Bleigürtel ins Wasser und tauchte durch das grünlich-gelbe Licht zu dem Flugzeug, das mit der Kabine nach unten in einem Graben zum Liegen gekommen war. Durch die Glasscheibe hindurch sah ich Alafair zwischen den Ertrunkenen, die in ihren Sitzen hin- und herwogten. Sie strampelte mit den Beinen und versuchte krampfhaft, den Kopf in einer wabbelnden Luftblase zu halten, die sich gebildet hatte. Ihr kleiner Mund sah aus wie der eines Zierfischs, wie sie da knapp oberhalb der Wasserlinie nach Luft schnappte.
    Später fanden Annie und ich blaue Flecken und Druckspuren an ihren Beinen, wo ihre Mutter sie hoch in die Lufttasche gehalten hatte, während sie selbst ihr Leben verlor.
    Ich gab Alafair den Namen meiner Mutter, und nach Annies Tod adoptierte ich sie offiziell. Aber selbst jetzt wußte ich immer noch wenig von der Welt in Mittelamerika, der sie entflohen war, abgesehen von Erinnerungen, die ihr lange Zeit Alpträume bereitet hatten, und der Tatsache, daß körperliche Arbeit für sie fast wie ein Spiel war. Sie arbeitete mit großer Begeisterung mit mir im Garten. Sie hatte den Rechenstiel in der Mitte gepackt und kratzte den Untergrund mit den Zinken blank. Die Knie ihrer Jeans starrten vor Schmutz, und ihr Gesicht war von der Arbeit erhitzt

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