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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Wunder
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tonlos fest.
    Perry stand mit verschränkten Armen daneben und zog mit der Spitze ihres Turnschuhs Kreise in den Sand.
    »Ach so? Tatsächlich? Wie merkwürdig. Wisst ihr was? Vielleicht ist das ein Zauber. Ich weiß, das Wasser! Das Wasser hier hat das Einhorn in einen Esel verwandelt. Ist das zu glauben? Perry, ist das nicht phantastisch?«
    Perry ging auf das Kliff zu und zog ihr Handy aus der Tasche. »Vergiss es«, sagte sie zu jemandem. »Es gibt kein Einhorn. Meine Schwester hat mich verarscht.«
    »Ich wollte doch nur …«
    »Was wolltest du, Campbell?«
    »Na ja, äh, ihr beide wart so verrückt nach Wundern, dass ich euch einfach eine Freude machen wollte. Euch in eurem Glauben bestärken oder so.«
    »Aber selbst glaubst du nicht daran, denn das wäre ja unter deiner Würde, stimmt’s?« Alicias Blick war kalt und hart.
    »Nein, nicht gerade unter meiner Würde …«
    »Tja, das war sehr nett von dir, vielen Dank.« Ihre Mutter hatte diesen geringschätzigen Ton an sich, diesen Blick, der besagte: »Ich geb’s auf.« Was in Cam immer noch ein verzweifeltes Gefühl der Verlassenheit und Einsamkeit bewirkte.
    »Vielleicht sollten wir dich doch zu diesem Hirnklempner bringen.« Die Ärzte hatten Alicia nach dem Vorfall mit der Panikattacke die Telefonnummer von einem Psychiater gegeben. Sie schüttelte den Kopf. »Du scheinst einfach keine Chance zulassen zu wollen.«
    »Ich, zu einem Psychiater?«, erwiderte Cam. »Ihr zwei habt doch bis eben an Einhörner und Zaubertomaten geglaubt.«
    »Das mit den Tomaten warst du auch?«
    »Ich dachte, das hättest du schon spitzgekriegt«, sagte Cam betreten. Sie zog das Handtuch fester um sich. Die Sonne versank hinterm Horizont. Es wurde kälter, und die Flut stieg höher. Die Schaumkronen der Wellen krochen unter ihre durchweichten Turnschuhe.
    »Cam …«
    »Was?«
    »Ich hatte gehofft … ach, egal.«
    »Was hattest du gehofft?«, bohrte Cam nach.
    »Ich dachte, dass diese Reise dich zumindest lehren könnte, endlich mal die Kontrolle aufzugeben. Darauf zu vertrauen, wie das Universum sich entfaltet.«
    »Ständig redet ihr alle von dieser Entfaltung. Ich kann darauf aber nicht vertrauen, okay? Falls es irgendwo eine höhere Macht gibt, die Origamis aus dem Universum faltet, dann hasst sie mich wie die Pest. Ich war ein dickes Kind, meine Eltern haben sich scheiden lassen, mein Vater ist gestorben, und dann habe ich Krebs bekommen. Deshalb nein. Ich vertraue nicht darauf, wie sich die Dinge entfalten.«
    »Das ist schade«, entgegnete Alicia. Sie warf einen letzten Blick auf James Madison, der mit den Hufen auf dem steinigen Strand scharrte, immer noch durchnässt von seinem Schwimmausflug. »Du solltest diesen Esel schleunigst nach Hause bringen, bevor er sich noch totfriert.«
    »Ich wollte doch nur helfen«, sagte Cam.
    »Schöne Hilfe …«, stimmte Alicia an. Das war eine Zeile aus Cams Lieblingslied von einem Album mit Kinderliedern. »Schöne Hilfe ist ’ne Hilfe, auf die man schön verzichten kann«, lautete sie.
    Alicia legte einen Arm um Perrys Schultern. Gemeinsam stiegen sie wieder den Pfad zum Haus hinauf und ließen Cam allein und vor Kälte zitternd am Strand zurück.
    Obwohl sie ihn in drei Decken, einen Orientläufer, Ohrenschützer und einen Schal gemummelt hatte, zitterte James Madison immer noch wie Espenlaub, als sie ihn zu Elaine brachte. Cam spielte mit dem Gedanken, ihn einfach in seinen Pferch zu stellen und wegzufahren, aber ihr Gewissen ließ das nicht zu, und so ging sie hinein.
    »Äh, Elaine?« Der holzgetäfelte Windfang war zugeräumt mit Stiefeln und Holzfällerhemden an Haken.
    »Hallo, Campbell.« Elaine saß lesend in ihrem ausladenden Sessel im Wohnzimmer. Sie legte die Liebesschnulze beiseite und nahm ihre Brille ab, die sie an der Schnur auf ihre Büste fallen ließ. Über das Wort konnte Cam sich immer wieder schieflachen, aber es war die treffendste Bezeichnung für Elaines matronenhaften Busen.
    »Ich hätte nie gedacht, dass du so was liest.«
    »Je nun, wir haben alle unsere Laster.«
    »Apropos Laster …«, begann Cam.
    »Ja?«
    »Ich habe mir heute was von dir ausgeliehen, sozusagen.«
    »Das darfst du, solange du es wieder zurückbringst. Was war es denn?«
    »James Madison«, gestand Cam.
    »Den Esel?«
    »Ja, und er hatte, hm, einen harten Tag.«
    »Was meinst du damit?«
    »Also, na ja, irgendwie endete es damit, dass er eine Runde geschwommen ist, und jetzt ist ihm ziemlich kalt.«
    »Warum bist du mit meinem

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