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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Wunder
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fühlte, ging es ihr gut. Keine zerschmetterten Knochen. Das Leben war nicht aus ihrem Körper gewichen.
    »Du bist in die Hüpfburg gefahren.«
    »Die Hüpfburg?«
    »Ja. Vom vierten Juli.«
    »Von einer Hüpfburg gerettet.«
    »Und deinem Sitzgurt. Du musst noch ein wenig Hoffnung gehabt haben, sonst hättest du dich nicht angeschnallt.«
    »Hoffnung ist ein Glück für sich.«
    »Was?«
    »Nichts. Das hat mal jemand zu mir gesagt.«
    »Der Notarztwagen sollte jeden Moment hier sein.«
    »Brauchen wir den wirklich?« Cam hörte wieder die Wellen, die auf den Strand schwappten. Die Grillen zirpten. Der nächtliche Regenbogen war verschwunden. Alles wurde wieder klar.
    »Man sollte dir wohl besser den Magen auspumpen.«
    »Ich will meinen Pagen nicht ausmumpen lassen. Ich meine, Pagen ausmumpen … Na, du weißt schon, was ich meine.« Cam wedelte schwach mit der Hand. »O je«, sagte sie, setzte sich auf, würgte und ergoss noch einen Schwall ins Gras. »Ich schätze, jetzt habe ich allen diese Geschmackssorte verdorben.«
    »Allerdings, und es war die beste.«
    »Tut mir leid.«
    Endlich war sie in der Lage, sich so weit aufzurichten, dass sie den Schaden begutachten konnte. Die Hüpfburg war orange, rot und gelb gewesen. Ein kleines gestreiftes Türmchen hatte noch Luft in sich und schwankte im leichten Wind hin und her. Der Rest war platt wie ein riesiger Wasserballon, den jemand aus einem Flugzeug geworfen hatte. Cumulus stand mitten in der ganzen Bescherung, und sein bleiches Dunstweiß schimmerte im Mondlicht.
    »Gott sei Dank war niemand am Hüpfen.«
    »Das kannst du laut sagen, Eselflüsterer.«
    »Gott sei Dank hüpfte gerade niemand«, wiederholte Cam, dann dämmerte sie weg.
    Das Krankenhaus von Promise hatte die Größe und Form einer Grundschule. Ein kleines, bungalowartiges Gebäude mit beigen Linoleumfliesen, meeresgischtgrünen Steinwänden und altmodischen Krankenschwestern, die noch weiße Uniformen, weiße Schuhe und weiße geflügelte Papierhauben trugen. Cam hatte das Gefühl, im Jahr 1965 aufgewacht zu sein.
    Ihre Mom und Perry saßen auf braunroten Kunststoffstühlen in ihrem Einzelzimmer. Sie hatten Pilly, das kleine Flugzeugkissen mit Satinbezug, mitgebracht, das Nana für Cam als Baby gemacht hatte. Cam rieb den kühlen Zipfel zwischen ihren Fingern und wurde sofort ganz ruhig.
    »Mir geht es gut, jetzt, da ich Pilly habe. Können wir hier raus?« Ihre Schluckmuskeln waren wund von dem Schlauch, der ihr gestern Nacht in die Kehle gerammt worden war.
    »Darüber sollten wir erst einmal reden, denke ich.« Ein kleiner, dunkelhaariger Mann saß rechts von ihrem Bett und hielt einen gelben Schreibblock in der Hand. Er hatte einen ausgewachsenen GI -Schnauzbart, der dringend gestutzt werden musste, und spielte nervös mit seinem Stift. Cam hatte ihn bisher nicht einmal bemerkt.
    »Ach nee, das darf doch nicht wahr sein«, sagte sie. »Hat niemand diesen Heini gewarnt?«
    Alicia und Perry zuckten nur die Achseln und fuhren fort, zu simsen – Perry – und zu stricken – Alicia. »Du musst mit ihm reden, sonst lassen sie dich nicht hier raus«, sagte ihre Mom, ohne aufzublicken.
    »Stimmt das?«, fragte Cam den Psychologen. »Und beantworten Sie meine Frage bitte nicht mit einer Gegenfrage.«
    Der Mann hatte gerade etwas sagen wollen, klappte aber verdutzt den Mund wieder zu.
    »Großartig. Wollen Sie wissen, was mit meinem letzten Seelenklempner passiert ist, oder wollen Sie es sich leicht machen und einfach diese Papiere unterschreiben?«
    Lily und sie hatten denselben Therapeuten gehabt, als sie zusammen in St. Jude waren. Einen verklemmten, nervösen Typ namens Roger, der, wie sie herausfanden, als sie ihn googelten, der Zauberwürfel-Champion der USA von 1986 war. Sie quälten den armen Kerl damit, dass sie ihm bei ihren Sitzungen intime Einzelheiten aus ihren vorgeblichen sexuellen Träumen schilderten, flogen aber auf, als Lily es übertrieb und in eine ihrer Phantasien einen Zauberwürfel einbaute. Das war dann doch zu viel des Zufalls, selbst für Roger.
    »Willst du mir drohen?«, fragte Neuer Seelenklempner.
    »Wie fühlt sich das für Sie an?«, fragte Cam gelassen, zielte mit der Fernbedienung auf das Fernsehgerät an der Wand und wechselte den Sender. Das Glücksrad lief gerade, es gab ein Puzzleratespiel. »Zirkoniazauberwürfelanhänger«, sagte Cam sofort, und sie hatte Recht.
    »Du spielst dich auf«, sagte er.
    »Glauben Sie, dass Zufall einfach nur Zufall ist, oder denken

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