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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Wunder
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könntest mir trotzdem einen Rat geben. Einfach nur, um deiner Rolle als ältere Schwester gerecht zu werden.« Perry hielt ihr Glas neben das Cams, um sicherzugehen, dass sie noch mehr Schokomilch hatte.
    »Na gut, lass mich überlegen. Wie wär’s mit: Mach’s nicht wie ich. Das ist auf jeden Fall ein guter Ratschlag. Zum Beispiel solltest du in der Highschool irgendwo dabei sein. Nicht als Fahnenschwenkerin wie Autumn und Sunny, dabei lernt man ja nichts. Aber bei was anderem. Das Tennisteam wäre eine gute Sache.« Cam dachte einen Augenblick nach. »Sei du selbst«, fuhr sie fort. »Und sei freundlich.«
    »Freundlich?«
    »Ja. Freundlich zu sein gehört zu den schwersten Dingen überhaupt in der Highschool, weil man solche Angst davor hat, von den anderen niedergemacht zu werden, dass man ständig in Verteidigungshaltung ist. Mach es nicht so. Sei freundlich, dann bist du wahrhaft anders als die anderen. Etwas Besonderes. Einzigartig und glücklich.«
    »Das ist alles? Sei freundlich. All die Gefahren, die dort draußen im Nebel lauern, und das Einzige, was du mir mit auf den Weg gibst, ist: Sei freundlich?«
    »Ich finde, das ist ein guter Rat«, sagte Cam zufrieden und schlürfte ihre Schokomilch aus. »Es ist besser, freundlich zu sein, als Recht zu haben.«
    »Na schön«, sagte Perry, »ich werd’s versuchen.«
    »Gut.«
    Cam sah auf, als die Katalogmodells fröhlich und pünktlich auf die Minute aus allen Himmelsrichtungen auf sie zukamen. Sunny und Autumn hielten knallrosa Micky-Maus-Luftballons in den Händen, die mit ihnen von Osten herbeihüpften. Grey und Royal in ihren gestreiften Popperhemden und Segelschuhen, Lederbänder um den Hals, schlenderten von Westen heran.
    »Buh!« Asher erschreckte sie von hinten.
    Cam zuckte zusammen. »Ich hasse es, wenn du das tust«, log sie.
    »Wieso? Das ist doch das Spukhaus.«
    Cam führte sie zur Rückseite des pseudogotischen Baus, wo sie nacheinander an den scharfkantigen, schwarzen Metallranken vor der Fassade emporkletterten. Sie fanden eine ebene Stelle hinter dem größten der Dachtürmchen und versteckten sich unter den Zweigen einer gespenstischen Trauerweide. Grey fing mit dem Spiel »Würdest du lieber« an, während sie auf den Beginn des Feuerwerks warteten.
    »Aber schön jugendfrei bleiben, Mister«, bat Cam und zeigte nicht allzu diskret hinter deren Rücken auf Perry. »Die Disney-Version, bitte.«
    »Okay«, sagte Grey. »Würdest du lieber mit Prinzessin Jasmin oder mit Cinderella rummachen?«
    Cam warf ihm einen strengen Blick zu.
    »Was denn, ich habe extra ›rummachen‹ gesagt«, tat er unschuldig, aber Cam schüttelte den Kopf. »Na schön. Würdest du lieber mit Prinzessin Jasmin oder mit Cinderella Händchen halten?« Er setzte »Händchen halten« mit den Fingern in Anführungszeichen.
    »Ganz klar Jasmin«, antwortete Autumn kichernd und beugte den Kopf, um ihr Gesicht hinter dem Vorhang ihrer rotbraunen Mähne zu verbergen.
    »Yep«, stimmte Royal zu. »Mit der Frau würde ich echt gern Händchen halten.«
    »Hey!« Sunny schlug ihn schlapp auf den Oberschenkel.
    Die Augustluft drückte auf sie nieder wie ein Urmeer, das sich noch im Verdunstungsprozess befand. Sie war heiß und feucht und stickig, sodass sie kaum genug Energie hatten, die Mücken wegzuschlagen, die in der Abenddämmerung um sie herumschwirrten.
    »Kleine Erfrischung gefällig«, sagte Sunny und bespritzte Cam mit ihrem Micky-Maus-Taschenventilator, der eine eingebaute Sprühflasche hatte. Dann legte sie einen Arm um sie und lehnte den Kopf an ihre Schulter. Ihre Haare dufteten nach Vanille. »Danke, dass du uns hierhergebracht hast«, sagte sie.
    »Gern geschehen«, antwortete Cam.
    »Ich weiß was.« Autumn fuhr Greys Handlinien nach und tat, als würde sie ihm die Zukunft lesen. »Würdest du lieber … dein Schicksal im Voraus kennen oder es erst im Laufe deines Lebens herausfinden?«
    »Das ist leicht«, sagte Royal. »Mir ist so was von langweilig, weil ich es schon kenne. Als hätte ich mein Leben schon hinter mir. Als gäbe es keine Überraschungen mehr für mich.« Royal hatte sich für Medizin an der University of Massachusetts in Boston eingeschrieben und seiner Mutter versprochen, Arzt zu werden.
    »Dafür bin ich voller Überraschungen«, rief Sunny und hob den Kopf von Cams Schulter.
    »Das stimmt«, räumte Royal ein. Er umarmte sie und sagte: »Mit dir ist das Leben nie langweilig.«
    »Ich weiß nicht«, meinte Autumn. »Ich würde einfach gern

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