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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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hyperventilierte, verlor sie jeden Moment das Bewusstsein.
    »Ach, Eleonora, gut, dass du kommst. Kannst du mir vielleicht behilflich sein?«, rief ihr der Graf erleichtert entgegen.
    »Gerne, Herr Graf.« Eleonora trat näher und hielt Gräfin Elisabeth das Riechfläschchen unter die Nase. »Halten Sie beide Hände vor Mund und Nase, und atmen Sie Ihre eigene Atemluft ein!«, befahl ihr Eleonora. In so einem Ton hatte sie noch niemals gesprochen. Na und? Dr. Hufeland hatte Gräfin Dorothea einmal diesen Trick verraten, als diese sich über die häufigen Ohnmachten ihrer Schwiegertochter beklagte.
    Gräfin Elisabeth gehorchte automatisch. Ihre flachen Atemzüge wurden weniger, dabei tiefer und regelmäßiger.
    »Danke, Eleonora«, sagte sie schwach und lehnte sich aufatmend wieder zurück.
    »Ich will Ihren Dank nicht!«
    Erstaunt riss Gräfin Elisabeth die Augen auf. Graf Wilhelm schaute sie verdutzt an.
    »Aber, aber, Eleonora, was ist denn los mit dir?«, stammelte er.
    »Es ist nicht meine Art, fremde Gespräche zu belauschen, aber natürlich habe ich unwillkürlich zugehört, als mein Name fiel.«
    »Welches Gespräch?«, tat Gräfin Elisabeth ahnungslos. Graf Wilhelm schaute peinlich berührt.
    »Ich war gerade unten, im Souterrain. In der Küche standen die Klappen des Speiseaufzugs offen. So bin ich gegen meinen Willen Zeugin der Unterhaltung geworden, die Sie soeben geführt haben«, erklärte Eleonora.
    Gräfin Elisabeth hob trotzig das Kinn. Der Graf schaute ertappt.
    »Ich habe zwar schon immer gewusst, dass Sie etwas gegen meine Anwesenheit in der Familie Prewitz haben, aber ich wusste nicht, wie sehr Sie mich verachten«, wandte sie sich an Gräfin Elisabeth. »Wider Willen von Ihnen geduldet zu werden, war mir unter dem Schutz Ihrer Schwiegermutter jahrelang erträglich. Aber nun zu wissen, wie Sie wirklich über mich denken, schließt für mich in Zukunft ein weiteres Verbleiben in diesem Hause aus. Sie haben nicht nur meinen Musikstunden ein jähes Ende gesetzt, Sie haben mir noch nicht einmal mitgeteilt, dass Balduin Schilling bereit gewesen wäre, mich honorarfrei weiterhin zu unterrichten. Sie wollen mir mein Leben zerstören. Nein, Sie haben es mir bereits zerstört, denn unter diesen Bedingungen kann ich hier nicht länger bleiben.«
    Eleonora spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, und wandte sich zum Gehen.
    »Das ist eine Unverschämtheit!«, fuhr Gräfin Elisabeth hoch. »Bitte sag doch etwas. Kannst du dieser Canaille nicht den Mund stopfen?«
    Der Graf stammelte hilflos etwas Unverständliches.
    Eleonora drehte sich noch einmal um. »Ihre Worte entlarven Sie, Erlaucht. Für das, was Sie mir angetan haben, verachte sich Sie, Frau Gräfin«, sagte sie kalt.
    Gräfin Elisabeth kreischte auf.
    »Was berechtigt Sie, meine Karriere als Sängerin zu zerstören? Ihr hoher Stand? Ist Ihre adlige Herkunft Ihr persönlicher Verdienst? Ich habe mir mit meinem Gesang sogar Bewunderung und Anerkennung des preußischen Königs erobern können. Wer bewundert aber Sie? Solange ich lebe, werde ich Sie verachten, Erlaucht.«
    Hocherhobenen Hauptes verließ Eleonora den ehemaligen Salon ihrer Gönnerin. Hinter der geschlossenen Tür war das Gekreische von Gräfin Elisabeth immer noch deutlich vernehmbar.
    Eleonora musste fort, so schnell wie möglich, ehe sie selbst die Haltung verlor. Sie nahm sich noch nicht einmal die Zeit, ein bisschen Reisegepäck, einen winzigen Koffer oder eine Tasche mitzunehmen. Sie rannte hinunter zur Eingangshalle, riss, ohne genau hinzuschauen, ein Kleidungsstück von einem der Bügel des schweren Garderobenschranks im Windfang, zerrte mit aller Kraft die Eingangstür des Palais auf und stolperte die Treppe hinunter. Dann rannte sie einfach los.

    Eleonora kam erst wieder zu sich, als sie sich atemlos keuchend auf einer niedrigen Mauer sitzend vorfand. Unheimliche Schatten huschten an ihr vorbei. Wilde Tiere? Beklemmende Furcht stieg in ihr empor. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. Genauso wenig, wie sie wusste, wie lange sie gerannt war. Wie konnte sie sich hier zurechtfinden? Weit und breit kein Licht, das ihr bei der Orientierung hätte helfen können. Noch nicht einmal der Mond schien in dieser Nacht. Nur ab und zu gelang es einem Stern, sich durch die dichte Wolkendecke hindurchzukämpfen, sekundenlang aufzublinken, ehe sich diese wieder schloss. Es roch nach überreifem Obst und nassem Laub. Ein wenig erinnerte sie der Geruch sogar an ihre letzten

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