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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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wehrte er ab.
    Automatisch schob Eleonora das Tuch in die Tasche ihres Mantels. Es knisterte leise nach Papier. Das Notenblatt von Balduin Schillings Requiem. Sie spürte, wie es schon wieder heiß in ihr aufstieg.
    »Wer bist du?«, fragte der Schäfer und beäugte sie unter dem Rand seiner Hutkrempe. »Wie heißt du?«
    »Christine«, antwortete Eleonora. Sie wusste nicht, was sie so spontan bewogen hatte, ihren zweiten Vornamen zu nennen.
    »Christine«, wiederholte der Schäfer gedehnt. »Und wo kommst du her? Scheinst ja ein feines Mamsellchen zu sein, wenn ich mir so dein Schuhwerk und den feinen Pelz betrachte.«
    Eleonora schwieg, konnte aber das Klappern ihrer Zähne nicht unterdrücken.
    »Scheinst ja einige Geheimnisse zu haben«, stellte er fest. »Hast du etwas ausgefressen?«
    Eleonora schüttelte den Kopf und biss die Zähne fest aufeinander. Wenn doch deren Geklappere endlich aufhören würde.
    »Na, wie eine Schwerverbrecherin siehst du mir nicht aus, aber danach, dass du jetzt erst einmal etwas zu essen und zu trinken brauchst. Komm mit!« Er drehte sich einfach um und marschierte los. Ein Freund großer Worte schien er nicht zu sein.
    Seinen Hund dirigierte er per Pfiff und dieser seine Schafe wiederum mit Bellen und sanften Knuffen. Auf ihrem Marsch kamen sie an einem Pferch vorbei, in das der Hund die Herde getrieben hatte. Der Schäfer schloss nur noch das Gatter und pfiff. Mit einem hohen Satz flog der Hund über den hölzernen Zaun und blieb schwanzwedelnd vor seinem Herrn stehen. Einmal kurz gekrault, und weiter ging es.
    »Wo sind wir eigentlich?«, erkundigte Eleonora sich vorsichtig.
    »In den Wilmersdorfer Auen kurz vor Schmargendorf«, entgegnete der Schäfer und setzte unverdrossen seinen Weg fort. »Kommst also nicht von einem der neuen Landsitze? Na ja, die Herrschaften sind für den Winter mittlerweile alle schon wieder zurück nach Berlin gezogen.«
    Er mochte alt sein, legte aber eine flotte Gangart an den Tag. Eleonora, ermattet, wie sie war, konnte ihm kaum folgen. Nach etwa einer halben Stunde erreichten sie den Dorfrand. Der Schäfer blieb stehen.
    »Wo willst du eigentlich hin? Soll ich dich besser zum Pfarrhaus bringen?«, schlug er vor.
    »Nein, bitte nicht!«
    »Na, dann komm erst einmal mit zu uns«, lenkte er friedfertig ein. »Da wird dir meine Grete ein kräftiges Frühstück machen. Aber erst einmal wird sie die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.«
    Er hatte nicht zu viel versprochen.
    »Jesus, Maria und Josef, wen hast du mir denn da mitgebracht?«, rief die alte Frau, nachdem der Schäfer die entkräftete Eleonora über die Schwelle der kleinen Hütte am Dorfrand fast hatte schieben müssen. Drinnen war es warm, sauber und heimelig. Ein bunter Herbststrauß mit Blätterzweigen von Ahorn und Kastanien stand in einer alten Emaillekanne auf einem blankgescheuerten Tisch, an dem zwei Stühle standen.
    »Das ist die Christine, der Harras hat sie draußen gefunden und gleich in die Herde eingetrieben«, erzählte der Schäfer. Sein Hund, der selbstverständlich mit ins Haus gefolgt war, spitzte die Ohren und baute sich schwanzwedelnd vor ihm auf.
    »Ach, Simon, nun sag schon, wie es wirklich war«, meinte seine Frau lachend und stellte dem Hund einen Napf mit Futter neben den Herd, auf dem ein riesiger Topf stand.
    »Dann gib doch unserem Findelkind erst mal einen großen Teller Suppe, Grete, und was Heißes zu trinken.«
    »Und etwas Trockenes zum Anziehen«, erwiderte Grete. Sie zog Eleonora mit sich in den Nebenraum. Es war eine einfache Schlafkammer, in der nur ein Ehebett und ein schlichter Bauernschrank standen, den Grete nun öffnete. »Zieh dich aus und trockne dich erst einmal richtig ab«, befahl sie der schlotternden Eleonora. »Hier sind ein paar Sachen von mir. Sie werden dir zwar nicht passen, aber es muss gehen. Ich werde deine Kleider über dem Ofen trocknen.«
    Eleonora streifte Gräfin Dorotheas Zobel ab und legte ihn vorsichtig auf das Ehebett. Grete ließ ihren Blick über sie wandern.
    »Eine feine Demoiselle bist du, eine hübsche noch dazu. Wo kommst du her? Was hat dich bei Nacht und Nebel hierher zu uns aufs Land verschlagen?«, wollte nun auch sie wissen.
    Und wieder schwieg Eleonora beharrlich. Sie schwieg auch die nächsten Tage, ließ sich keine Silbe über ihre Herkunft entlocken. Aber Grete und Simon akzeptierten ihr Schweigen.
    »Sie wird eben ihre Gründe haben, und wie eine Verbrecherin sieht sie nicht aus«, stellte Grete lapidar

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