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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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Charlotte entdeckt und gesehen, wie es hinter deren gerunzelter Stirn arbeitete. Sie bemerkte die Blicke der umstehenden Menschen, die sie heimlich streiften. Eleonora senkte den Kopf. Sie hatte heute keine Möglichkeit, sich unter einer gefältelten Dienstmädchenhaube zu verstecken. Das wäre auch ihrer Königin nicht würdig gewesen. Stattdessen trug sie ein schlichtes Kostüm, das sie sich für Reisen und Vorstellungsgespräche zugelegt hatte. Mit einem schwarzen Spitzenschleier hatte sie den dazugehörigen Hut dem traurigen Anlass entsprechend dekoriert. Hastig zog sie sich das zarte Gewebe schützend vor das Gesicht. Aber Eleonora wusste selbst, dass sie heute nicht wie ein Stubenmädchen oder eine Kochmamsell aussah.
    »Sie sind mittlerweile mehr als nur meine Vorleserin, Sie sind meine Privatsekretärin, meine unentbehrliche rechte Hand«, hatte Hedebrink erst vor ein paar Tagen zu ihr gesagt. »Ich hoffe, dass Sie mir noch möglichst lange erhalten bleiben«, fügte er in einer Art düsterer Vorahnung hinzu. Eleonora wurde es etwas mulmig bei diesen Worten, und deshalb hatte sie ihr Unbehagen einfach weggelacht.
    Der Trauergottesdienst war beendet. Die Gemeinde wartete respektvoll, bis sich die königliche Familie zurückgezogen hatte. Ihr folgten die Angehörigen des hohen Adels. Eleonora entdeckte so manches Gesicht, das ihr auch nach Jahren noch bekannt vorkam. Die alte Gräfin von Voss musste gestützt werden, da sie unter der Last ihrer Trauer zusammenzubrechen drohte. Die Herzogin von Kurland wirkte kühl und unnahbar wie eh und je. Alle von Lehndorffs, von Dönhoffs, von Marwitzens, von Zitzewitz’ und Zedwitz’ und von Finckensteins waren erschienen, die Männer in Uniform, die Damen in schlichten dunklen Kostümen, auch sie beim Verlassen des Doms hastig ihre Gesichter hinter Tüll und Spitzenschleier verbergend.
    In gemessenem Abstand folgten ihnen ihre Untertanen. Eleonora ließ sich von der Menge treiben. Sie hatte kein Ziel. Sie wusste nicht, wie sie den Rest des Tages verbringen sollte. Es stand für sie lediglich fest, dass sie am Abend eine der letzten Kutschen nach Hohenschönhausen nehmen würde. Das Dröhnen der gewaltigen Glocken des Berliner Doms war verhallt. Die Menschen verteilten sich in der Stadt, die Ansammlungen lösten sich allmählich auf. Die meisten kehrten in ihre Paläste, ihre Häuser und bescheidenen Hütten zurück. Einige begannen über die Boulevards zu flanieren. Sie unterhielten sich im gedämpften Ton, machten an einem der zahlreichen Verkaufsstände halt, um eine Erfrischung zu sich zu nehmen, oder besuchten eines der an den Boulevards oder in den Seitenstraßen gelegenen Lokale. Das war Eleonora verwehrt. Niemals hätte sie es heute gewagt, alleine in ein Restaurant zu gehen. Das war nun einmal nicht comme il faut. Auch wenn Charlotte und Sophie vor etlichen Jahren bei einem der Konditoren der Berliner Innenstadt ihre geliebte heiße Schokolade genossen hatten, war immer eine Anstandsdame dabei gewesen. Wie oft hatten sie sich über die Leichenbittermiene von Madame Hortense mokiert, die verbissen in ihrem schwarzen Kaffee herumrührte, während die Mädchen die Köstlichkeit der süßen Schokolade genossen.
    Charlotte, Sophie! Wie lange hatte Eleonora nicht mehr an die Freundinnen ihrer Jugend gedacht. In strenger Selbstzucht hatte sie es sich in den vergangenen Jahren geradezu antrainiert, nicht mehr an ihre verlorene Vergangenheit zu denken. Aber an diesem Tag erlaubte sie es sich. Ausnahmsweise! Traurig und versonnen zugleich ließ sie sich durch die Straßen treiben, lenkte unbewusst ihre Schritte Richtung Tiergarten. Wie war sie damals eigentlich genau gelaufen, welchen Weg hatte sie bei ihrer überstürzten Flucht aus dem Stadtpalais der Prewitzens genommen? Eleonora versuchte es noch einmal nachzuvollziehen. Wie war es ihr gelungen, im Dunkel der Nacht bis an das äußerste Ende des Parks an den Rand von Wilmersdorf zu gelangen? Um dort von dem Schäfer Simon als ein Häufchen Elend aufgesammelt zu werden. Simon und seine mürrische und dabei doch herzensgute Grete. Ob die beiden noch lebten?
    Eleonora bekam nicht mit, als man nach ihr rief.
    »Eleonora!«, rief es zum dritten Mal. War sie überhaupt gemeint? Wie lange hatte man sie nicht mehr mit ihrem wahren Namen angesprochen und gar laut nach ihr gerufen. Erstaunt drehte sie sich um. Beim Anblick der hohen schmalen Gestalt, die mit raschen Schritten auf sie zueilte, erschrak sie zutiefst.
    »Eleonora,

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