Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
Vom Netzwerk:
ihrem zerknüllten Taschentuch die Tränen vom Gesicht und schneuzte sich kräftig. »Hast du mir etwas von dem Herrn Grafen auszurichten?«
    »Ja, das habe ich«, bestätigte Oskar. Er trat von einem Bein auf das andere und drehte seine Kutschermütze in den Händen. Seine Lage war ihm sichtlich unangenehm.
    »Und was?« Gespannt sah Eleonora zu ihm hoch.
    »Ich bin gekommen, um Ihr Gepäck zu holen«, sagte Oskar.
    »Welches Gepäck?«, fragte sie erstaunt.
    »Der Graf hat gebeten, Ihnen auszurichten, Sie mögen die Wohnung so schnell wie möglich räumen. Ich habe die Order, dafür zu sorgen, dass Sie das Palais bis heute Abend verlassen haben.« Es war ihm anzusehen, wie er sich jedes Wort abringen musste. »Ich habe weiterhin den Auftrag, Sie mit der Kutsche an einen Ort Ihrer Wahl zu bringen und Sie dort abzusetzen.«
    »Wie bitte?« Sie starrte ihn an. »Und wo soll ich mich von dir hinbringen lassen?«
    Oskar zog hilflos die Schultern hoch und schwieg.
    »Warum hat er es nur so eilig, mich loszuwerden?«, flüsterte Eleonora.
    »Wegen der neuen Gnädigsten«, entfuhr es Oskar.
    »Welche neue Gnädigste?«, fragte Eleonora.
    »Ach, Demoiselle, dass ausgerechnet ich der Überbringer dieser Botschaft sein muss«, jammerte Oskar und fuhr sich hilflos über seinen grauen Schädel.
    »Nun sag schon, rede, sag mir alles!«, befahl ihm Eleonora. »Ich habe das Gefühl, mir ist in den letzten Wochen einiges entgangen oder bewusst vorenthalten worden. Weißt du am Ende, warum der Graf sich so lange nicht mehr in Berlin hat blicken lassen.«
    Oskar biss sich auf die Lippe und schwieg.
    »War er verreist?«
    Oskar nickte.
    »Wohin war er verreist?«
    »Nach Wien.«
    »Nach Wien? Was hat er denn in Wien gemacht?«, wunderte sich Eleonora.
    »Geheiratet«, flüsterte Oskar. Er schien am liebsten im Boden versinken zu wollen.
    »Geheiratet?«, schrie Eleonora. »Wen hat er geheiratet?«
    Oskar räusperte sich.
    »Wen hat er geheiratet?«, wiederholte sie schneidend. »Sag es mir, wen hat der junge Graf geheiratet?«
    »Karoline von der Marwitz«, antwortete Oskar mit rauher Stimme.
    »Karoline von der Marwitz? Aber die ist doch verheiratet, mit einem sizilianischen Conte.«
    »Der Conte ist vor einem halben Jahr gestorben, ganz plötzlich an einem Hirnschlag«, erzählte Oskar.
    »Seit wann hat der junge Graf davon gewusst, wann hat er davon erfahren?«, schrie Eleonora ihn an.
    »Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht, Demoiselle Prohaska. Sie wissen, was die Dienstboten gerne klatschen und tratschen, aber in diesem Fall wussten wir von nichts. Erst mit der heutigen Depesche haben wir erfahren, dass er vor zwei Monaten in Wien geheiratet hat und sich nun mit seiner neuen Frau auf dem Rückweg nach Deutschland befindet.«
    »Warum hat er mir nichts davon geschrieben?« Eleonora sprach mehr zu sich selbst als zu Oskar, der sie nur kummervoll anstarrte und schwieg. »Und nun sollst du dafür sorgen, dass ich weder ihm noch seiner Frau unter die Augen trete.« Sie spürte, wie ihre Enttäuschung und Verzweiflung einem anderen Gefühl zu weichen begannen. Wut stieg in ihr auf. Wut und Zorn, heiliger Zorn, der ihr plötzlich eine ungeahnte Kraft verlieh. Sie stand auf.
    »Was wollen Sie denn jetzt machen, Demoiselle Prohaska?«, fragte Oskar beklommen.
    »So schnell wie möglich dieses Haus und auch Berlin verlassen«, entgegnete Eleonora würdevoll und zornig zugleich. »Bitte fahr in drei Stunden mit der Kutsche vor, bis dahin werde ich so weit sein.«
    »Geht in Ordnung, Demoiselle«, erwiderte Oskar und verneigte sich. Er schien erleichtert, dass Eleonora ihm keine große Szene machte. »Wenn ich mir eine Bemerkung gestatten darf, es tut mir unglaublich leid, aber ich muss mich den Anordnungen des Grafen fügen.« Sein mitfühlender Blick war kaum zu ertragen.
    »Ist schon gut, Oskar, ist schon gut, du kannst am wenigsten dafür«, beschwichtigte Eleonora ihn. Dankbar zog er sich zurück. Kaum hatte er die Tür hinter sich zugezogen, brach die Verzweiflung erneut über Eleonora ein. Am liebsten hätte sie sich auf das Bett geworfen und hemmungslos geweint. Aber nein! Die Zeit lief. Drei Stunden blieben ihr bis zum Aufbruch.

30
    A uch diesmal verließ Eleonora nur mit wenig Gepäck das Prewitzsche Haus. Sie hatte dabei seltsamerweise nicht das Gefühl, ihre eigene Wohnung zu verlassen. So viel Liebe und Zeit, wie sie für die Einrichtung dieser Räumlichkeiten aufgewandt hatte, wie viel Glück, Leidenschaft, auch

Weitere Kostenlose Bücher