Flamme der Freiheit
Schokolade und zerlassener Butter darüber«, sprach sie vor sich hin, während sie eine Flasche Rotspon entkorkte. »Ich bringe dir vor dem Schlafengehen noch einen Teller aufs Zimmer.«
»Babette, ich bin wirklich noch satt vom Abendessen, das ist wirklich nicht nötig«, widersprach Eleonora.
Babette hatte die Weinflasche inzwischen entkorkt und goss den Inhalt in einen brodelnden Kupfertopf. Voller Behagen sog Eleonora den aufsteigenden Duft nach Zimt, Zitrone, Pomeranzen und Kardamom auf.
»Es riecht mal wieder köstlich, Babette, ich werde auch ein Glas probieren.«
»Das tu man, Kindchen, umso besser wirst du heute Nacht schlafen und deinen Kummer vergessen. Und nun bring schon den Eiergrog für den Grafen weg, ehe er kalt wird«, befahl sie ihr.
»Sehr wohl, Madame, zu Ihren Diensten!« Eleonora machte einen Knicks, nahm das Tablett hoch und ging vorsichtig aus der warmen Küche, deren Tür ihr Babette zuvorkommend aufhielt.
»Pass auf, dass de nicht über die holprigen Fliesen stolperst. Ich warte, bis de im Hochparterre bist«, rief ihr Babette besorgt hinterher.
»Ich kenne hier jede Delle und Scharte bis hoch unters Dach«, behauptete Eleonora und machte sich auf den Weg nach oben.
Der Auftrieb im Vestibül des Schlosses hatte sich immer noch nicht aufgelöst. Die Komtessen waren schon wieder verschwunden. Aber es dauerte eben seine Zeit, ehe sich Graf Ludovic seiner winterlichen Garderobe entledigt hatte. Besondere Schwierigkeiten musste er heute Abend mit dem Ausziehen seiner Reitstiefel haben. Er saß in dem großen Sessel der Empfangshalle. Neben ihm stand Jean, der bereits einen bequemen Hausmantel für ihn bereithielt.
»Am liebsten ließe ich sie ja an«, dröhnte Graf Ludovic und zerrte an dem engen Schaft.
»Da wird Erlaucht aber ihre Einwände haben«, gab Jean zu bedenken.
»Da magst du wohl recht haben, mein Lieber«, sagte der Graf lachend. »Mit diesen verkoteten Dingern käme ich niemals über die Schwelle ihres Salons. Dabei habe ich so einen Hunger.« Jetzt erst bemerkte er Eleonora, die gerade aus dem Souterrain emporstieg. »Und Durst auch. Du kommst wie gerufen, mein Kind. Was haben wir denn da Schönes?«
»Babette hat Ihnen einen Eiergrog zubereitet«, erwiderte Eleonora. »Sie meinte, Sie könnten erst einmal etwas Heißes zum Aufwärmen gebrauchen.«
»Wie recht sie hat, wie recht sie doch wieder hat«, freute sich Graf Ludovic. »Komm her, mein Kind, gewähre mir den kräftigen Trunk, ehe er kalt wird.«
Eleonora warf Jean einen fragenden Blick zu. Der nickte unmerklich. Sie trat an den hohen Sessel, in dem sich der Graf mit ausgestreckten Beinen nicht gerade comme il faut herumfläzte, und hielt ihm vorsichtig das Tablett mit dem hohen Glas entgegen. Er nahm es mit beiden Händen, wärmte sich sekundenlang die Finger und setzte es an. Mit einem tiefen, kräftigen Schluck hatte er es in einem Zug entleert.
»Aaaaaah, das tut gut, gibt mir Wärme und Kraft zurück«, sagte er.
Er stellte das Glas auf das Tablett und lehnte sich aufatmend zurück. In diesem Moment klappte im ersten Stock die Flügeltür des Salons zu. Anton kam behende die hohe Treppe hinuntergelaufen. Vor dem Grafen blieb er stehen und verneigte sich ehrerbietig.
»Ihr Abendessen ist im Salon vor dem Kamin angerichtet«, sagte er. »Die Gräfin erwartet Sie bereits.«
»Eine große Huld, dass meine Gattin mir das erlaubt«, meinte der Graf. »Normalerweise hätte sie mich ja zu einem einsamen Mahl im Speisesaal verbannt. Umso wichtiger ist es, mich meiner Reitstiefel zu entledigen.« Erneut begann er am Schaft herumzuzerren, aber die Stiefel bewegten sich nicht einen Zentimeter. »Dabei habe ich sie beim teuersten Schuster Londons maßschneidern lassen. Am Ende bin ich nun in einem Alter, dass mir tatsächlich die Beine anschwellen«, schimpfte er ungehalten.
»Gestatten, Erlaucht«, sagte Anton. Mit einer raschen Bewegung war er über die ausgestreckten Beine des Grafen gesprungen, wandte diesem den Rücken zu und ergriff das rechte Bein. Er beugte sich nieder und nahm dessen Fuß zwischen beide Knie und Hände. »Und nun kräftig in meinen Podex treten«, forderte er den Grafen auf. Ob dieser ungeschliffenen Ausdrucksweise zuckte Jean schmerzlich zusammen, aber der Graf lachte.
»Ich mache das wirklich«, warnte er.
»Nur zu, nur zu, anders kriegen Sie die Dinger nicht von den Beinen«, ermunterte ihn Anton. Graf Ludovic zog das linke Bein an und holte aus. Er versetzte Anton einen heftigen
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