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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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War es also nicht nur eine Wahlverwandtschaft, sondern auch eine äußere Ähnlichkeit, die das junge Mädchen und die Gräfin einander so nahe brachte? Ja, sie liebte ihren Potsdamer Schützling aufrichtig und hatte ein feines Gespür für den emotionalen Aufruhr und die Turbulenzen, die sich seit Monaten in Eleonoras Innerem abspielten.
    »Ich habe Signorina Nora nach den heutigen Proben empfohlen, noch eine weitere Woche Unterrichtspause einzulegen«, meldete sich der Maestro wieder zu Wort.
    »Gingen denn auch zwei Wochen?«, fragte die Gräfin. »Denn dann hätte Eleonora noch gut eine Woche Zeit, sich in Berlin zu akklimatisieren.«
    »Soll das heißen, dass wir uns endlich in unser Winterdomizil begeben?«, wollte Gräfin Elisabeth wissen.
    »Ist das Stadtpalais endlich fertig geworden, oder ziehen wir ins Gartenhaus?«, fiel ihr Charlotte ins Wort.
    »Oder gehen wir ins Hotel St. Petersburg? Da ist es immer so lustig, man trifft so viele andere interessante Leute dort«, sagte ihre Schwester aufgeregt.
    Da das Stadtpalais der Prewitzens in den vergangenen beiden Wintern nicht bewohnbar gewesen war, hatte die Familie eine Suite in dem Hotel mieten müssen. Dergleichen war durchaus üblich. Nur die reichsten Familien des preußischen Adels konnten sich neben einer Residenz in Potsdam auch noch den Unterhalt eines Stadtpalais in der Nähe vom Berliner Stadtschloss überhaupt leisten. In der Regel bezog man, wenn man von einem seiner ostelblischen, brandenburgischen oder gar schwäbischen und fränkischen Sommersitze zurückkehrte, eine Suite in einem der großen Hotels Unter den Linden. Sophie und Charlotte hatten die beiden vergangenen Winter mitten im Zentrum Berlins durchaus genossen. Die Möglichkeit, regelmäßig über die breite Allee zu flanieren, wann immer es sie gelüstete, in eine der kleinen Konditoreien oder Kaffeestuben einzukehren, um eine heiße Schokolade oder einen kleinen Mokka zu genießen, hatte sie über die Tatsache, immer noch nicht bei Hofe eingeführt worden zu sein, hinweggetröstet. Dass sie mit Eleonora zu dritt ein Zimmer hatten teilen müssen, fanden sie sogar ausgesprochen nett.
    Maestro Farini residierte nicht im Hotel. Ihm hatte ein befreundeter Dirigent, der sich gerade auf eine längere Italienreise begeben hatte, sein Gartenhaus zur Verfügung gestellt.
    Die gewohnten Musikstunden fanden also zwei Winter lang am Flügel dieses Gartenhauses statt. Hell und licht war der Unterrichtsraum gewesen, aber nur mit Schaudern erinnerte sich Eleonora an dessen unbarmherzige Kälte, gegen die auch ein in der Mitte stehendes bollerndes Kanonenöfchen nicht ankam.
    »Bei meinem letzten Kontrollbesuch am Palais konnte der Baumeister mir noch nicht sagen, ob die Arbeiten pünktlich bis zum Beginn der Wintersaison beendet sein würden«, ließ sich nun Graf Wilhelm vernehmen. Er begann seine Pfeife zu stopfen. Als er den mahnenden Blick seiner Mutter bemerkte, ließ er sie sofort sinken.
    »Gehen wir in den Salon«, sagte Gräfin Dorothea und hob damit die Tafel auf.

6
    D urch die zugezogenen Vorhänge der hohen Fenster war aus der Ferne das Rollen von Kutschenrädern und Klappern von Pferdehufen zu vernehmen. Ein ungewöhnliches Geräusch auf Sophienhof um diese Jahreszeit und vor allen Dingen um diese Uhrzeit.
    »Ich glaube, nun werden wir gleich erfahren, ob wir diesen Winter nochmals in das Hotel St. Petersburg oder in unser renoviertes Palais ziehen«, sagte Gräfin Dorothea und lauschte mit geneigtem Kopf hinunter in den Hof.
    Rauhe Stimmen, die nach den Pferdeburschen riefen, waren zu hören, das aufgeregte Wiehern der Pferde und schließlich das zufriedene Schnauben, nachdem man ihnen den Hafersack umgehängt hatte. Jean verzog sich mit einer Verbeugung, auf dem Fuße gefolgt vom jungen Anton.
    »Wer mag denn noch um diese ungewöhnliche Zeit den Weg zu uns heraus gefunden haben?«, wunderte sich Gräfin Elisabeth. Sie nahm den Arm ihres Mannes, den er ihr galant reichte, und ließ sich von ihm in den Salon geleiten.
    »Na, wer wohl?«, fragte ihr Gatte zurück. »Da kann es eigentlich nur einen geben.«
    »Grand-père, grand-père«, riefen die beiden jungen Komtessen und stürzten schon hinaus in die Eingangshalle.
    Kopfschüttelnd schaute ihnen Gräfin Dorothea hinterher. »Ehe die beiden bei Hofe eingeführt werden, müssen sie noch eine Menge lernen«, sagte sie.
    Gräfin Elisabeth seufzte resigniert, ihr Gatte grinste verlegen und amüsiert zugleich.
    Gräfin Dorothea streckte

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