Flamme der Freiheit
auch erkennbar. Ein verheißungsvoller Duft stieg daraus empor. Oh, Mamsell Babette hatte Pichelsteiner Eintopf gemacht.
»Ach, Lorchen, schön, dass de kommst, kannste gleich den Punsch und den Grog für den Grafen mit nach oben nehmen«, nahm Babette das junge Mädchen in Empfang. Sie klopfte Anton auf die Schulter. »Nun mach schon, Junge, der alte Graf hat Hunger.«
»Wo soll ich denn servieren, Erlaucht hat die Tafel schon aufgehoben?«, erkundigte sich Anton grinsend.
»Ach, im Salon ist doch ein Kartentisch. Ausnahmsweise wird Erlaucht wohl erlauben, dass ihr Mann daran sein Essen zu sich nimmt«, erwiderte Babette und gab Anton noch einen sanften Schubs. Immer noch grinsend, setzte er sich in Bewegung. Als er an Eleonora vorbeikam, zwinkerte er ihr verschmitzt zu. Sie erwiderte sein Lächeln.
Wahrscheinlich hätte Gräfin Elisabeth auch dieses Lächeln wieder viel zu vertraulich gefunden. »Keine Vertraulichkeiten mit den Domestiken«, predigte sie ihren beiden Töchtern immer wieder. Ihr war es zur Gewohnheit geworden, Eleonora mit in ihre Vorhaltungen einzubeziehen. Ein Zeichen dafür, dass sie den Schützling ihrer Schwiegermutter nicht zu den Domestiken zählte, was aber noch lange nicht hieß, diese als gleichrangig zu betrachten.
»Nun komm schon rein, Kindchen, ehe die ganze Wärme in den kalten Kellergang zieht«, riss sie Babette aus ihren Gedanken und zog sie resolut in die Küche. Mit dem Fuß stieß sie die Tür zu und wandte sich dem riesigen Küchentisch zu. Er war gedeckt, tiefe Suppenteller und Brettchen standen darauf. Das sah nach einer zünftigen Vesper aus.
Jean und Anton hatten noch keine Gelegenheit gehabt, ihr verdientes Abendessen zu sich zu nehmen. Sie mussten inzwischen einen Bärenhunger haben. Na ja, Babette würde sie nicht darben lassen, dessen war sich Eleonora gewiss.
Babette begann mit einer Gabel in einem hohen Gefäß zu schlagen.
»Zum Aufwärmen mache ich für den Grafen erst mal einen kräftigen Eiergrog«, erzählte sie eifrig unter emsigem Aufschlagen einer schaumigen Eiermasse. »Die Essenz für den Punsch habe ich bereits vor Stunden angesetzt. Ich gieße ihn jetzt nur noch mit dem Rotspon auf und werde ihn nochmals vorsichtig aufwärmen.« Unter fortwährendem Reden hatte sie bereits den Eierschaum in ein hohes Glas umgefüllt und stellte es auf ein bereitstehendes Tablett. »Magst du den Eiergrog für den Grafen schon mal nach oben bringen? Ich komme mit dem Punsch für die Übrigen gleich nach.«
Mamsell Babette dachte gar nicht daran, sich gegenüber Eleonora einer förmlichen Anrede zu befleißigen. Das tat sie noch nicht einmal bei den Komtessen. Die waren und blieben für sie seit Jahr und Tag Charlottchen und Sophiechen, hatte sie ihnen doch im Kleinkindalter oft genug die mit Brei verschmierten Mäulchen gesäubert oder sie im Falle eines Sturzes oder sonstiger Blessuren mit einem Stück Kuchen, einer kleinen Schüssel Pudding oder einer anderen Leckerei getröstet. Auch Eleonora war in der Vergangenheit häufig in den Genuss von Babettes Fürsorglichkeit gekommen. Wie oft hatte sie ihr nach den anstrengenden Gesangstunden eine heiße Milch mit Honig oder Tee mit frisch gepflückter Kamille aus dem Küchengarten auf das Zimmer gebracht.
»Det is doch nicht zum Anhören, wie der olle Kerl deine Gurgel quält. Trink, Kindchen, trink, damit sie sich erholen kann«, pflegte sie zu sagen, wenn sie Eleonora die großen Trinkbecher brachte.
Mamsell Babette war nicht nur eine begnadete Köchin, sondern wusste auch gegen jedes Wehwehchen ein passendes Mittel.
Sie verfügte über eine hervorragende Menschenkenntnis und hatte einen scharfen Blick. In dieser Hinsicht konnte sie sich fast mit Gräfin Dorothea messen. Während sie nochmals die Essenz aus Zitronensaft, Pomeranzenlikör und anderweitigen Zutaten, die ihr Geheimnis blieben, aufkochte, unterzog sie nun Eleonora einer genauen Betrachtung.
»Langsam wirste mir zu dürre«, stellte sie sachlich fest. »Muss mir wirklich was einfallen lassen, um dich wieder ein bisschen aufzupäppeln. Ich könnte diesem Alexander die Hammelbeine langziehen.«
»Babette, wie kommst du denn jetzt darauf?«, rief Eleonora entsetzt. Niemals zuvor hatte die Köchin ihr gegenüber so eine Bemerkung gemacht.
»Meenste, ick hab keene Oogen im Koppe«, erwiderte Babette in ihrem breitesten Dialekt, als wollte sie so ihren Worten ihre Schärfe nehmen. »Grießbrei, als Kind mochtest du immer Grießbrei mit geraspelter
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