Flamme der Freiheit
mit sich in den Salon. »Komm, mein Lieber, du musst dich am Kamin aufwärmen, das wird deinen alten Knochen guttun.« Sie bemerkte das schmerzliche Zucken in Ludovics Gesicht. »Und noch mehr der Pichelsteiner Eintopf, der davor auf dich wartet.«
Graf Ludovic strahlte entzückt auf. »Eleonora, sag doch der Mamsell, dass ich dazu gerne unseren Rotspon trinken möchte«, rief er nach unten. »Sie möge mir eine Flasche dekantieren und nach oben bringen.«
»Schon passiert, schon passiert, Erlaucht«, meldete sich Mamsell Babette prompt zu Wort. Sie kam gerade aus dem Souterrain emporgestiegen. Neben der großen Schüssel Punsch entdeckte Eleonora eine Karaffe mit dunkelrotem Wein. Hundertprozentig war er genau richtig temperiert. Babette kannte ihren Pappenheimer, den Grafen, und musste die Rotweinflasche bereits vor Stunden geöffnet und dekantiert haben. »Wie sieht es hier denn aus?«, schimpfte sie, als sie das Vestibül passierte.
»Beruhig dich, Babette, wir räumen schon auf«, beschwichtigte sie Jean. Er schüttelte die schwere Pelzjacke des Grafen aus, ehe er sie auf einen Bügel in der Garderobe hängte. Anton war schon dabei, die Stiefel zu spannen und zum Trocknen in den Windfang zu stellen. Mit hechelnder Zunge beobachtete Jagdhund Beowulf das gesamte Geschehen, nachdem er jaulend den Abzug von Herrchen erduldet hatte. Große Hunde hatten in Gräfin Dorotheas Gemächern absolutes Zutrittsverbot. Aber nicht in der Küche.
»Wenn ihr fertig seid, könnt ihr hinunter in die Küche gehen. Der Tisch ist gedeckt, ich habe euch im Rohr etwas Leckeres warm gestellt«, sagte Babette. Die Gesichter von Jean und Anton leuchteten auf. »Habt euch euer Essen redlich verdient, alle drei«, setzte sie hinzu und kicherte.
Anton grinste, nahm Beowulf am Halsband und zerrte ihn Richtung Treppe. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg in das Souterrain, gefolgt von dem mittlerweile schon etwas steifbeinigen Jean.
Kritisch beobachtete Babette diesen Abzug. »Der wird auch nicht jünger«, stellte sie lakonisch fest. Mit einem Seufzer wandte sie sich Eleonora zu. »Was stehst du hier eigentlich so unnütz herum, du musst doch schon völlig durchgefroren sein. Das ist gar nicht gut für deine Stimme. Komm mit ins Warme und schenke mit mir den Punsch aus. Und dann trinkst du selbst einen.«
Mit lauten »Aaaah« und »Oooooh« wurden Eleonora und Babette bei ihrem Eintritt begrüßt.
Babette setzte das Tablett auf dem Kaminsims ab, rührte noch einmal vorsichtig mit einer gläsernen Kelle die Flüssigkeit um und griff nach einem der Bowlengläser, die schon in Reih und Glied auf dem Sims bereitstanden. Sie schenkte ein Glas ein, stellte es auf einen silbernen Untersetzer und nickte Eleonora zu.
»Charlotte, Sophie, bitte seid Eleonora behilflich und verteilt die Gläser mit«, forderte Gräfin Dorothea ihre Enkelinnen auf.
Graf Ludovic hatte sich an dem kleinen Kartentisch mittlerweile an dem Pichelsteiner Eintopf gütlich getan.
»Hervorragend, hervorragend wie immer, Babette«, lobte er die Köchin und lehnte sich in dem kleinen Sessel zurück. Dessen Holz begann bedenklich zu knarzen. »Kein Wunder, dass man immer wieder versucht hat dich unserem Haus abzuwerben. Der olle Hardenberg war ja richtig pikiert, als wir sein Angebot rigoros ablehnten. Weeßte noch, Babette? Dabei würden wir unser Goldstück niemals hergeben, nicht wahr, meine verehrte Dorothea?«
Seine Gattin nickte gemessen, Babette kicherte geschmeichelt, und Gräfin Elisabeth litt noch ein bisschen mehr ob der Vertraulichkeit ihres Schwiegervaters mit einer Domestikin.
Eleonora trat auf ihn zu, um ihm ein Glas Punsch zu kredenzen. Er griff danach, rührte mit dem silbernen Löffel in der heißen Flüssigkeit und schnupperte.
»Na, mit dem Rum scheinst du ja gespart zu haben im Gegensatz zu vorhin«, stellte er fest.
»In einen Punsch gehört nun einmal kein Rum, sondern nur feine Liköre und leichte Weine. Rum würde das ganze Pomeranzenaroma zerstören«, erklärte Babette gemessen.
»Dann halte ich mich an den Rotspon«, verkündete Graf Ludovic. »Wilhelm, magst du mir ein Glas bringen?«, wandte er sich an seinen Sohn, dem er bislang nur wenig Beachtung geschenkt hatte. »Schenk dir selbst doch auch einen Schluck ein.«
Nichts tat der Angesprochene lieber als das. Vergessen war seine Absicht, sich in die Stallungen zu begeben, um dort mit dem Kutscher eine Kruke Schwarzbier und einen Korn zu teilen. Nein, weniger vergessen als
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