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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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Kinn. »Vor allen Dingen, weil man unter so einer mouche hervorragend einen störenden Pickel kaschieren könnte.«
    »Grand-mère, ist es eigentlich wahr, dass es so etwas wie eine Sprache der mouches gab?«, wollte die stets neugierige Sophie nun wissen.
    »Mais oui, mais oui, Mademoiselle la Comtesse, naturellement gab es diese Sprache, es war eine sehr dezente Sprache«, versicherte Monsieur Louis eilfertig. »Wenn isch misch so erinnere, mon Dieu, in dieser Sprache wurde alles gesagt und doch nichts verraten.« Er seufzte.
    »Erzählen Sie mehr, Monsieur Louis«, rief Sophie.
    »Dazu wird jetzt keine Zeit sein«, unterbrach die Gräfin sie. »Christian und Anton sind bereits mit der Kutsche vorgefahren. Ich habe gehört, wie eure Eltern schon die Treppe hinuntergekommen sind. Wahrscheinlich sitzen sie draußen in der Kälte und warten auf uns. Alors depechez vous, mes filles!«
    Wie herbeigezaubert standen auch schon Paula und Emma hinter den drei Damen von Prewitz zu Kirchhagen und hielten ihnen ihre Pelze entgegen.
    Eleonora warf noch einen letzten Blick auf die wunderschönen Ballroben. Charlotte in ihrem geliebten Violettblau, das ihre blonden Haare fast golden erscheinen ließ. Ihre Schwester in einem sanften Rosé, durchzogen von kaum wahrnehmbaren schmalen anthrazitfarbenen Biesen, die ihre Figur jedoch erstaunlich streckten. Die kleine pummelige Komtesse wirkte richtig schlank an diesem Abend. Ihre dunklen Haare trug sie aufgesteckt zu einem weich geschlungenen Nackenknoten. Ausnahmsweise hatte Monsieur Louis den widerspenstigen Locken erlaubt, sich vorwitzig herauszuringeln, was der gesamten Erscheinung der jungen Komtesse etwas liebenswert Verspieltes verlieh, was ja auch ihrem eigentlichen Charakter entsprach. Genauso wie die Robe der Gräfin, deren dunkles, fast schwarzes Moosgrün den edlen Silberton ihrer Haare besonders gut zur Geltung brachte.
    »Alle drei wunderwunderschön!«, wiederholte Eleonora und warf einen letzten, fast wehmütigen Blick auf die eleganten Roben, ehe sie unter den dicken Pelzmänteln verschwanden.
    »Mademoiselle, Sie sind wirklich eine Künstlerin«, wandte sie sich an die Schneiderin. »Ich muss es Ihnen einfach noch einmal sagen, auch wenn ich mich damit wiederhole«, fügte sie hinzu.
    Mademoiselle Durand lächelte stolz. »Ach, Mademoiselle Eleonora, wie gerne würde ich auch einmal wieder etwas für Sie schneidern«, entfuhr es ihr. »Erinnern Sie sich an Ihr Kleid vom vergangenen Sommer? Sie ’aben so eine wunderschöne figure. Ich glaube, Ihnen könnte ich ohne Schnitt wieder etwas auf den Leib schneidern, mais …« Erschrocken hielt sie inne und blickte beschämt zur Gräfin, die sich gerade anschickte, das Atelier zu verlassen. Auf der Schwelle drehte sie sich noch einmal nach den Zurückbleibenden um.
    »Noch ist nicht aller Tage Abend, ma chère!«, verkündete sie, lächelte geheimnisvoll und entschwebte.
    »Was will sie damit sagen?«, wunderte sich Mademoiselle Durand und schickte sich an, ihre Utensilien zusammenzusuchen. Eine ganze Weile war sie schweigend damit beschäftigt. Plötzlich stieß sie einen spitzen Schrei aus. Erschrocken zuckte Eleonora zusammen.
    »Mademoiselle Durand, was ist denn?«
    Monsieur Louis begann nervös mit den Augen zu plinkern. Die beiden Lehrmädchen starrten ihre Chefin mit aufgesperrten Mündern an, während Gehilfin Angélique in Tränen ausbrach.
    »Mais qu’est-ce qu’il ya?«, rief Eleonora im strengsten Ton von Madame Hortense.
    »Le réticule, le réticule«, jammerte Mademoiselle Durand und schwenkte anklagend ein rundes Stoffbeutelchen hin und her. Es war aus dem gleichen Stoff wie die Robe von Gräfin Dorothea angefertigt. »Madame la Duchesse ’at ihren réticule vergessen.« Nun begann sie zu schluchzen.
    »Oh, oh«, machte Eleonora und krauste die Stirn.
    »Das wird sie mir niemals verzeihen«, schluchzte Mademoiselle Durand. »Jamais, jamais, jamais.« Sie wurde fast hysterisch.
    »Calmez vous, calmez vous«, flehten Friseur und Assistentin unisono, während die beiden Lehrmädchen ihre Mundwinkel schon verdächtig nach unten zogen.
    »Ja, bitte, Mademoiselle Durand, beruhigen Sie sich, das ist doch kein Weltuntergang«, mischte sich auch Eleonora ein.
    »Geben Sie mir bitte den réticule, ich werde ihn der Gräfin bringen«, verkündete sie.
    Der Entsetzensschrei, der nun aus fünf Mündern ertönte, müsste eigentlich bis zum Berliner Stadtschloss zu hören gewesen sein. Er rief natürlich prompt die

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