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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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beiden jungen Zofen auf den Plan. Und hinter ihnen tauchte der alte Jean auf.
    »Was ist denn hier los?«, wollte er wissen und baute sich im Türrahmen des Ateliers auf. Er wurde von dem Katastrophenfall in Kenntnis gesetzt und runzelte prompt die Stirn. »Gräfin Dorothea den ganzen Abend ohne ihren réticule, das geht gar nicht«, sagte er bedächtig. Er kannte seine Dienstherrin am längsten und wusste wohl auch am ehesten, was der moosgrüne Beutel für die Gräfin anlässlich des Debüts ihrer Enkelinnen für unentbehrliche Utensilien enthielt. Vielleicht sogar noch ein altmodisches Riechfläschchen?
    Natürlich nicht für die alte Gräfin bestimmt, beileibe nicht, sondern für deren Schwiegertochter. Gräfin Elisabeth pflegte sich des Öfteren, wenn ihr etwas unangenehm oder zu viel wurde, in eine erlösende Ohnmacht zu flüchten. Unverzichtbares Utensil, sie daraus zu wecken, stellte nun einmal das Riechfläschchen dar.
    »Du wirst den Retikül zum Stadtschloss bringen«, befahl Jean und drehte sich zu Emma um.
    »Aber ich fürchte mich draußen in der Dunkelheit!«, wand diese ein.
    »Dann wird dich Paula begleiten«, erwiderte Jean unbeirrt.
    »Aber wir beide kennen den Weg doch gar nicht«, jammerte Paula prompt.
    »Dann werde ich euch begleiten«, sagte Eleonora entschieden. So entschieden, dass niemand der Anwesenden eine Widerrede wagte.
    Doch! Jean murmelte nämlich noch etwas vor sich hin. »Sie hat schon ganz schön viel von Gräfin Dorothea übernommen«, stellte er bei sich fest.
    »Was haben Sie gesagt, Jean?«, erkundigte sich Eleonora.
    »Gar nichts, gar nichts, ich habe mich nur ein bisschen geräuspert«, behauptete er und verbeugte sich beflissen vor der energischen jungen Dame. Und nur Eleonora bemerkte das belustigte Zwinkern seiner Augen und zwinkerte diskret zurück.
    »Oh, Mademoiselle Nora, Sie würden mir damit einen unglaublichen Gefallen erweisen«, sagte Mademoiselle Durand dankbar. Sie schlug den Retikül in ein Stück Seidenpapier ein und umwickelte ihn noch mit Leinenstoff. Dann drückte sie das kleine Bündel Eleonora in die Hand.
    »Kommt ihr?«, sagte diese und nickte den beiden Zofen zu. Die banden hastig ihre gestreiften Schürzen ab und verließen gleichfalls das Atelier. In der Eingangshalle stand bereits Jean und hielt Eleonoras Pelz bereit. Aus den Tiefen des Hauses tauchte zeternd Babette auf.
    »Bei der Dunkelheit und der Kälte noch hinaus auf die Straße, warum kann das nicht Anton erledigen?«, schimpfte sie.
    »Weil der mit Christian zum Schloss gefahren ist und mit der Kutsche auf die Herrschaften warten wird«, erklärte Jean und half Eleonora in ihren Mantel. Babette warf den beiden Zofen ihre dicken Umschlagtücher zu, in die sie sich hastig einhüllten.
    »Weißt du den Weg wirklich?«, vergewisserte sich Babette nochmals.
    Eleonora nickte schweigend. Jean drückte der etwas mutigeren Emma eine Laterne in die Hand.
    »Du wirst euch den Weg leuchten«, befahl er.
    Hintereinander stiegen die drei Mädchen die Stufen des Eingangsportals hinab und begaben sich hinaus in Kälte und Dunkelheit.
    Wann hatte denn der Schneefall eingesetzt? Dichte schwere Flocken, die tanzend zur Erde sanken, erschwerten die Sicht. Aber Eleonora kannte den Weg zum Stadtschloss auswendig. Normalerweise war die Strecke in einer Viertelstunde zu Fuß zu bewältigen. Aber heute Abend?
    »Wir müssen nach rechts, bitte halte die Laterne etwas höher, damit ich besser sehen kann«, rief Eleonora der vor ihr stolpernden Emma zu.
    Nach einer halben Stunde öffnete sich die enge Straße zu einem weiträumigen Platz, an dessen Stirnseite die riesige Fassade des Stadtschlosses leuchtete.
    In einer langen Schlange, die sich in Zweierreihen um das Gebäude zog, reihten sich die Kutschen der bereits anwesenden Gäste hintereinander. Das Schnauben und Wiehern der Pferde, das beruhigende Schnalzen und die Rufe der Kutscher bildeten eine eigenartige Geräuschkulisse. Bis weit nach Mitternacht hatten sie heute Abend hier auszuharren, um ihren Herrschaften auf Zuruf sofort zur Abfahrt zur Verfügung zu stehen.
    »Vielleicht können wir ja irgendwo Christian und Anton entdecken?«, sagte Paula. Sie reckte sich auf die Zehenspitzen und spähte in das Getümmel von Pferden, Kutschen und dick eingepackten Männern.
    »Das wird wohl unmöglich sein«, entgegnete Eleonora. Unschlüssig blieb sie vor dem Portal stehen. Der flackernde Schein von Hunderten von Fackeln, die den Eingangsbereich beleuchteten,

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