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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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verlieh der Fassade des imposanten Gebäudes in der Dunkelheit etwas besonders Dramatisches, ja, fast bedrohlich Einschüchterndes. Der Anblick der zahlreichen Lakaien, die in strammer Haltung auf der oberen Stufe standen und der immer noch eintreffenden Gäste harrten, schüchterte sie ein. Vor ihr würden sie sich bestimmt nicht so ehrerbietig verneigen wie vor den Ballgästen in ihren schweren bodenlangen Pelzen. »Lasst uns den Hintereingang suchen«, sagte sie hastig. Nein, ehe sie eine brüske Abweisung dieser hochmütigen Diener riskierte, wollte sie lieber einen anderen Zugang zum Schloss finden. Unverrichteter Dinge zurückkehren? Das kam für sie überhaupt nicht in Frage. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann setzte sie das auch um.
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und versuchte einen Weg Richtung Hinterfront des Stadtschlosses zu finden. Hinter dem Schloss war es erheblich dunkler als vorne.
    »Halt die Lampe höher!«, befahl sie.
    »Ich musste sie runterschrauben, sonst reicht sie für den Rückweg nicht mehr«, jammerte Emma, gehorchte aber dennoch.
    Die drei Mädchen mussten jetzt das Ende der Kutschenschlange erreicht haben. Aber wo war hier ein Hintereingang zu finden?
    In diesem Moment bog in erstaunlich rasantem Tempo eine elegante Kutsche um die Schlossecke. Anstatt sofort am Ende der Schlange haltzumachen, musste sie noch einen großen Bogen schlagen, ehe sie langsam ausrollte.
    »Das ist ja eine Kutsche von den Marwitzens«, rief Paula. Sie kannte sich inzwischen hervorragend mit den Wappen des preußischen Adels aus.
    Die Kutsche kam zum Halten, die Tür flog auf. Noch ehe die Treppe ausgezogen war, sprang ein hochgewachsener Mann heraus. Diese Silhouette kannte Eleonora doch. Ihr Herz begann zu schlagen, das Blut stieg ihr zu Kopfe, ihre Hände wurden feucht. Sie umklammerte den Retikül, den sie in die Tiefen ihres Pelzmuffs geschoben hatte.
    »Alexander«, flüsterte sie unhörbar. Hatte er sie gehört, denn er wandte den Kopf in ihre Richtung?
    »Hallo! Ist da jemand?«, rief er in das Schneegestöber der Nacht.
    Eleonora trat einen Schritt auf ihn zu. Sie hatte nicht die rutschige Glätte des Trottoirs bedacht und verlor den Halt. Sie wäre zu Boden gefallen, hätte nicht ein Paar starker Männerarme sie aufgefangen.
    »Eleonora!«, rief Alexander. »Was machst du denn hier? Das ist ja eine Überraschung, dich heute Abend hier anzutreffen!« Er schien wirklich überrascht, freudig überrascht. Er zog sie in Richtung der Laterne, die neben dem Kutscherbock baumelte. »Eleonora?«, wiederholte er. »Oder besser gesagt, meine Eurydike?« Mit spontaner Unbefangenheit hauchte er ihr einen Kuss auf die Wange, erst links und dann rechts. Es fühlte sich an wie die Berührung eines Schmetterlings an einem heißen Sommertag.
    Eleonora begann am ganzen Körper zu zittern.
    »Ist dir kalt?«, erkundigte sich Alexander besorgt.
    Sie nickte zähneklappernd.
    »Ach, wie gerne würde ich dich jetzt mit hinein in den Ballsaal nehmen und einen Walzer mit dir tanzen«, sagte er. »Da würde dir ganz schnell wieder warm werden.«
    »Das ginge doch gar nicht«, flüsterte Eleonora.
    »Nein, das geht nicht«, bestätigte Alexander. »Obwohl du dich an Schönheit mit allen anderen messen könntest«, fügte er hinzu.
    »Da haben Sie Ihre Schwestern aber noch nicht gesehen, sie sind wunderschön«, erwiderte Eleonora. Beim Gedanken an ihre beiden Freundinnen gewann sie etwas von ihrer Unbefangenheit zurück.
    »Ich bin doch eigens für das Debüt meiner Schwestern nach Berlin gekommen. Als großer Bruder muss ich doch dabei sein, wenn Charlotte und Sophie dem Königspaar vorgestellt werden. Aber was hat dich heute Abend hierher verschlagen?«, wollte er wissen.
    Eleonora zog den mit Papier und Stoff umwickelten Retikül aus ihrem Muff. »Das hier«, sagte sie und hielt Alexander das Bündel entgegen.
    Verständnislos starrte dieser darauf. »Und was ist das, bitte schön?«
    »Gräfin Dorothea hat bei ihrem Aufbruch im Stadtpalais ihr Retikül vergessen«, erklärte Eleonora.
    »Und da hast du dich bei Eis und Schnee auf den Weg gemacht, um meiner Großmutter ihr vergessenes Handtäschchen nachzubringen«, vergewisserte sich Alexander ungläubig.
    Eleonora nickte.
    »Alexander, wo bleibst du denn? Ich brauche deinen Arm, wenn ich hier aussteigen soll«, rief eine ungeduldige Stimme aus dem Innern der Kutsche. Der Angerufene wandte sich um. »Alexander, kommst du nun bitte?« Schon schlich

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