Flamme von Jamaika
stellvertretend die Jungfernschaft nimmt?»
Edward grinste abfällig.
«Dieser Bastard wird wissen, dass ich ihm höchstpersönlich den Schwanz mit einem Hühnerbeil abhacke, wenn er meine Frau auch nur anschaut.»
Edward wandte sich wieder seiner Zeitung zu und vertiefte sich in die Handelsnachrichten.
«Trotzdem halte ich es nicht für gut, wenn deine Frau so kurz nach eurer Vermählung das Haus verlässt. Das ist doch nicht normal! Oder stimmt was nicht zwischen euch?»
«Keine Sorge, ich hab sie im Griff», beeilte sich Edward zu sagen. «Nach den verwirrenden Geschehnissen am Tag unserer Hochzeit wollte ich ihr etwas mehr Zeit geben, um sich an mich zu gewöhnen. Schließlich soll sie mich mit offenen Armen empfangen, damit sie gleich beim ersten Mal schwanger wird.»
«Das will ich hoffen», bemerkte Lord William mit hochgezogener Braue. «Andernfalls wäre es nun an der Zeit, ihr zu zeigen, wer hier der Herr im Hause ist …»
Edward nahm einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht, weil das Getränk offensichtlich schon sehr abgekühlt war.
«Jeremia!», krakeelte er quer durch den Raum. «Was ist denn das für eine abscheuliche Brühe! Du weißt, wie sehr ich kalten Kaffee hasse. Wenn du nicht auf der Stelle für eine frische Tasse sorgst, werde ich dich auspeitschen lassen.»
Edward hatte die Drohung halb im Scherz ausgesprochen, und doch beeilte sich Jeremia, seinen Herrn so rasch wie möglich zufriedenzustellen, während er fortwährend Entschuldigungen murmelte.
«Wenn du auf meine Zeugungsfähigkeit ansprichst», fuhr Edward mit süffisanter Selbstgefälligkeit fort, «so kann ich dich beruhigen. Unten im Dorf laufen etliche meiner Repliken umher, die ihr edles Blut demnächst für die Arbeit auf unserer Plantage einsetzen werden.»
«Mach nur nicht den gleichen Fehler wie ich», knurrte Lord William, «sonst kommst du in Teufels Küche.»
«Im Gegensatz zu dir behandle ich meine Huren wie Menschen und käme niemals auf die Idee, ihre Bälger zu verkaufen.»
«Und was machst du, wenn sie damit drohen, deine Frau darüber in Kenntnis zu setzen, dass sie dir beinah täglich den Schwanz lutschen?»
«Ich würde sie zum Abschuss freigeben», erklärte Edward kalt. «Und das wissen sie.»
Lord William wich dem Blick seines Sohnes geflissentlich aus.
Er wusste wohl, dass Edward um einiges entschlossener sein konnte als er selbst. Er räusperte sich, offenbar um das Thema zu wechseln.
«Lieutenant-General Sir Hudson Lowe macht sich demnächst mit sechs Kompanien des 56 th Foot Regiment auf den Weg von England hierher. Ende November, wenn die Stürme vorbei sind, will er einlaufen und sich mit verstärkten Patrouillen um die Aufständischen kümmern.»
«Sir Hudson Lowe?» Edward blickte überrascht auf. «Hat er nicht Napoleon auf Elba festgesetzt?»
«Genau der. Er gilt als ziemlich harter Knochen, der weder Tod noch Teufel fürchtet.»
«Seit wann weißt du, dass er das Kommando über die Truppen in Jamaika übernehmen wird?»
«Eine Horde von Parlamentsdienern hat gestern Nachmittag allen Abgeordneten der Insel die frohe Botschaft überbracht. Die Depesche über Lowes bevorstehende Ankunft kam vorgestern mit einer Fregatte aus Haiti beim Gouverneur an. Etwas Besseres hätte uns gar nicht passieren können. Offenbar hat die Krone nun doch ein Einsehen für unsere Nöte und will verstärkt für Sicherheit sorgen. Wenn sie Lowe schicken, ist es uns allem Anschein nach bei unserem letzten Besuch in London gelungen, auf unsere kritische Situation in ausreichendem Maße aufmerksam zu machen. Angeblich hat der Lieutenant-General versprochen, seine Männer verstärkt in die unbewohnten Gebiete der Blue Mountains zu schicken, um nach entflohenen Sklaven und deren Sympathisanten zu suchen. Also genau dorthin, wo sich im Augenblick kein weißer Soldat hinwagt, weil die Gerüchte um Rebellen nicht verstummen wollen, die dort Unterschlupf gesucht haben und tödliche Giftpfeile gegen jeden einsetzen, der ihr Gebiet betritt.»
Es klopfte an der Tür, und als Jeremia weisungsgemäß öffnete, stand plötzlich Trevor mitten im Raum.
«Sir», sagte er etwas atemlos und nickte, den breitkrempigen Hut in der Hand, Lord William zu.
«Trevor, du weißt, dass ich beim Frühstück nicht gestört werden will.»
Lord William war die Verärgerung anzusehen. Er mochte es nicht, wenn jemand seine morgendlichen Gewohnheiten unterbrach. Erst recht nicht, wenn es sich um einen der Arbeiter handelte. Und da machte
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