Flamme von Jamaika
es auch keinen Unterschied, dass Trevor als Oberaufseher gewisse Privilegien genoss. Zumal Lord William ihm immer noch übel nahm, dass er sich bei Edwards Hochzeit mit Larcy amüsiert hatte, anstatt das Haus und die Umgebung im Auge zu behalten.
«Was ist denn, Trevor?», fragte Edward ungeduldig, dem der Unmut seines Vaters nicht entgangen war. «Ich bin noch nicht fertig. Ich hab doch gesagt, ich komme direkt nach dem Frühstück in die Stallungen.»
«Es geht nicht um unseren Ausritt, Sir», beeilte sich Trevor zu sagen. «Ich möchte Sie bitten, so rasch wie möglich nach unten zu kommen. Es gibt da ein paar Schwierigkeiten, bei denen wir dringend Ihre Hilfe benötigen.»
Sein Blick war ungewohnt panisch, und dass er dieses ‹Problem›, wie er es bezeichnete, nicht vor dem Lord offenlegte, musste einen Grund haben.
«Ich komme sofort», sagte Edward und wischte sich den Mund ab.
Dann sprang er auf, um Trevor zu folgen.
«Kann mir mal jemand sagen, was hier los ist?», polterte Lord William mit unwirscher Stimme.
«Keine Ahnung, Vater», entgegnete Edward bereits im Hinausgehen. «Ich werde dich unverzüglich benachrichtigen, wenn es etwas von Wichtigkeit sein sollte. Vielleicht gibt es ein Problem in der Destillerie. Letzte Woche war plötzlich einer der Kessel undicht, und einer der Sklaven hat sich den Fuß verbrüht.»
Während Edward seinem Oberaufseher hinunter in die Eingangshalle folgte, beschlich ihn ein ungutes Gefühl. Edward traf Trevor vor der Tür. Ihm war anzusehen, dass er sich im Herrenhaus der Blakes nicht wohlfühlte.
«Besser, wir gehen auf den Hof», sagte er nur und eilte davon.
«Es hat etwas mit Ihrer Frau zu tun», brachte Trevor schließlich hervor, als sie das Hauptportal hinter sich gelassen hatten.
Nun wurde Edward erst recht unruhig.
«Meine Frau? Sie ist bei Lady Elisabeth zu Besuch.»
Als sie gemeinsam die Stallungen erreichten, sah er Tom, den er Lena zum Schutz und zur Überwachung mitgegeben hatte. Der Junge zitterte am ganzen Leib und hatte merklich an Farbe verloren.
«Jedenfalls dachte ich das», fügte Edward reichlich irritiert hinzu. Ohne Trevor um eine weitere Erklärung zu bitten, packte er Tom am Arm und schüttelte ihn kräftig.
«Was tust du hier, und wo ist deine Herrin?»
«Sie … sie …», er stotterte, und bevor er weitersprach, fiel er vor Edward auf die Knie. «Sie können mich auspeitschen, so lange Sie wollen, Master. Aber ich schwöre, ich kann nichts dafür. Ich habe den ganzen Abend das Haus im Blick gehabt. Wer rechnet denn damit, dass die Frauen nicht schlafen?»
«Du elender Hund!» Jetzt wurde Edward doch wütend. «Was redest du da für einen zusammenhanglosen Unsinn?» Er packte ihn erneut und riss ihn auf die Füße. «So, und nun mal der Reihe nach! Wo kommst du her, was ist passiert, und wo sind meine Frau und ihre Gesellschafterin?»
«Verschwunden!», stieß Tom mit einem Laut der Verzweiflung hervor.
«Ein Stalljunge hat erzählt, dass sie sich mitten in der Nacht die Pferde haben satteln lassen. Seitdem wurden sie nicht mehr gesehen!»
«Und wo warst du, als es passiert ist?»
Edward verstand überhaupt nichts mehr, nur dass Tom offenbar einen groben Fehler gemacht hatte. Als dieser nicht sofort antwortete, schlug er ihm mit Wucht ins Gesicht.
«Rede, du Nichtsnutz!»
Toms Lippe war aufgeplatzt, und seine rosige Zunge leckte hektisch über das frische Blut. Gleichzeitig begann er noch stärker zu zittern. «Ich hab nur ganz kurz geschlafen», jammerte er aufs Neue. «Lady Elisabeth hat mich nicht ins Haus gelassen, und Candy Jones hat mir eine Strohmatte in den Arbeiterunterkünften zugewiesen. Ich konnte also gar nicht aus nächster Nähe auf die beiden Frauen aufpassen, wie Sie es mir befohlen hatten, Master Edward.»
Sein Blick wurde noch verzweifelter.
«Gibt es eine erste Spur?», wollte Edward wissen.
In seinem Kopf ging es zu wie in einer Zuckermühle. Was um Himmels willen war hier geschehen? Konnte es sein, dass Lena ihm davongelaufen war? Ausgeschlossen! Wo sollte sie denn hin? Im Moment legten so gut wie keine Schiffe ab, und außer Tante Elisabeth kannte sie auf Jamaika niemanden, der sie hätte aufnehmen können.
«Vielleicht wollten sie vorzeitig nach Hause reiten», sagte er mehr zu sich selbst, dabei warf er Trevor einen fragenden Blick zu.
Doch der hob nur ratlos die Schultern. Nein, das klang alles völlig absurd, entschied Edward erneut. Schließlich waren sie ja erst am Abend auf Einladung
Weitere Kostenlose Bücher