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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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ein bisschen zu weit von Deutschland und England entfernt liegt, war er mit meiner Wahl einverstanden. Edward versprach ihm bei der Unterzeichnung des Ehevertrages, mindesten alle zwei Jahre mit mir für mehrere Monate nach England zu reisen, um ihn zu besuchen. Mein Vater und auch ich dachten wohl, dass ich einen perfekten Gentleman gefunden hätte.»
    Jess lächelte schwach.
    «Also glatt das Gegenteil von mir, hab ich recht?»
    «Nach allem, was ich inzwischen erfahren habe, würde ich einen Kerl wie dich Edward jederzeit vorziehen», erklärte sie kühn und spürte, wie sie errötete. «Mein Vater wird sicher verstehen, dass ich unmöglich bei Edward bleiben kann. Er wird die Zustände auf der Insel ebenso wenig gutheißen wie ich, da bin ich mir sicher.»
    Lena schüttelte nachdenklich den Kopf.
    «Vater ist ein guter Mensch, er würde niemals Sklaven halten, und schon gar nicht würde er sie so scheußlich behandeln. Er hat mich oft zu Wohltätigkeitsveranstaltungen mitgenommen. Er gibt eine Menge Geld an Armenhäuser, Anstalten für Waisenkinder und an Hospitäler zur Bekämpfung der Cholera. Er meinte, ich solle nie vergessen, dass wir im Vergleich zu solch armen Menschen in einem Paradies leben. Ihm war es schon immer wichtig, dass wir anderen Menschen von unserem Wohlstand etwas abgeben.»
    «Und du denkst, er hat keine Ahnung, dass der Wohlstand der meisten vermögenden Weißen erst durch die Ausbeutung der Armen und Sklaven ermöglicht wird?»
    Obwohl nicht ein Funken der Anklage in seiner Frage lag, wich Lena irritiert seinem durchdringenden Blick aus. Sie zuckte mit den Schultern, und auf einmal war ihr, als ob sie sich für ihre Herkunft entschuldigen müsste. «Vater sagt immer, dass alleine Gott der Herr entscheidet, welcher Platz uns auf dieser Welt beschieden wird.»
    «Und du glaubst, Gott straft Menschen wie mich mit einem Sklavendasein?»
    Jess hob eine Braue und schaute sie zweifelnd an.
    «Nein», erwiderte sie zögernd. «Ich glaube eher, die Sklaverei ist eine Erfindung des Teufels. Nicht, dass ich es nicht geahnt hätte, aber erst durch dich habe ich erfahren, was wirklich auf den Plantagen geschieht. Dafür muss ich dir dankbar sein.»
    «Hast du nur noch deinen Vater?», fragte er unvermittelt.
    «Nein», sagte sie leise. «Ich habe nur meinen Vater und Maggie, Gott möge sie behüten. Ich frage mich andauernd, wo sie ist und wie es ihr ergangen ist, nachdem sie die Flucht ergriffen hat.»
    «Sie wird schon irgendwo Zuflucht gefunden haben», versuchte Jess sie zu beruhigen. «Es tut mir leid, dass ich dir all das zumuten muss», murmelte er beiläufig.
    «Auch wenn ich zu Beginn ziemlich wütend auf dich und deine Mutter war, hat sich meine Einstellung geändert. Das alles ist nichts im Vergleich zu dem, was du und deine Leute durchleben müssen», erwiderte sie leise.
    Lena nahm noch einen Schluck von dem Wein. Während des Gesprächs hatte sie unbemerkt die halbe Flasche ausgetrunken und fühlte sich nun trotz aller Beschwernisse merkwürdig leicht. Es war verrückt. Sie genoss die Nähe zu Jess, obwohl er allein die Schuld an ihrem Unglück trug und sie eigentlich Angst vor ihm hätte haben sollen. Stattdessen hätte sie sich am liebsten an ihn geschmiegt und alles vergessen, was bisher geschehen war.

    Jess saß mit ausgestreckten Beinen am Boden, den Rücken an den Felsen gelehnt. Obwohl er nichts dagegen hatte, dass seine niedliche Geisel unaufhörlich näher rückte, wusste er nicht was er von ihrer unvermittelten Anhänglichkeit halten sollte. Erst recht, weil sie ihn mit einem merkwürdigen Glanz in ihren wunderschönen Augen von unten herauf anschaute.
    «Cheers», sagte sie und nahm noch einen Schluck von dem Wein, den sie beinahe ganz alleine getrunken hatte.
    Danach setzte sie ein seliges Grinsen auf und schmiegte ihren Kopf an seine nackte Brust. Er ließ sie gewähren und legte den Arm um ihre Schulter, damit sie es bequemer hatte.
    «Du bist ein Schatz», lallte sie und kuschelte sich an ihn.
    Sie war betrunken, gar keine Frage, und er hatte alle Mühe, ihrem Bedürfnis nach Nähe zu widerstehen. Ihre süßen Lippen und das leicht entrückte Lachen reizten ihn, sie vollends in seine Arme zu ziehen und mit Haut und Haaren zu verschlingen. Doch nichts schien ihm ferner, als eine betrunkene Frau zu verführen, noch dazu, wenn sie von ihm abhängig war. Als sie spürte, dass er auf Abstand ging, kroch sie ihm entgegen und klammerte sich mit beiden Armen an seinen

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