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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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dem Strohlager ab, auf dem sie sich inzwischen wohl oder übel häuslich eingerichtet hatte. Am Morgen hatte er ihr überraschend eine saubere, dicht gewebte Baumwolldecke mitgebracht, die sie über der verschlissenen Strohmatte hatte ausbreiten können. Den anderen Teller in der Hand, hockte er sich mit einem Ächzen neben sie.
    «Was ist das?», fragte sie und verspürte beim Anblick der gut gefüllten Näpfe einen Anflug von nagendem Hunger.
    «Ein Eintopf mit Yams und Fleisch», sagte er nur und nickte ihr aufmunternd zu, bevor er selbst zu essen begann.
    «Keine Ratten?», fragte sie mit einem neckischen Augenaufschlag.
    «Schwarze Krabben.»
    «Das ist ja fast noch schlimmer», bekannte sie lächelnd und schnupperte an der Suppe.
    Der Eintopf roch leicht süßlich und wunderbar nach Kräutern. Aus dem hellen Brei schauten kleine, helle Fleischwürfel hervor, die sie jedoch eher an Fisch erinnerten.
    «Ich finde auch, dass diese Viecher weitaus hässlicher aussehen als Ratten», bekannte Jess. «Aber wenn du mich fragst, schmecken sie besser.»
    Es gab kein Besteck, denn die meisten Neger bevorzugten es, mit den Fingern zu essen. Lena schaute zu, wie Jess den zähflüssigen Eintopf direkt aus dem Napf schlürfte und den eingerollten Maisfladen wie einen Löffel benutzte. Sie tat es ihm nach und versuchte die Gedanken daran zu verdrängen, was sie aß.
    Die für Jamaika typischen schwarzen Riesenkrabben hatte sie erst einmal leibhaftig gesehen, als Estrelle sie in der Küche für Jeremia zubereitet hatte. Angeblich hatte es vor mehr als zehn Jahren auf der Insel eine unerklärliche Plage dieser grässlichen Kreaturen gegeben. Seither waren die Tiere, deren Anblick Lena an große schwarze Spinnen erinnerte, vor allem aus jamaikanischen Kochtöpfen nicht mehr wegzudenken.
    Trotzdem schmeckte der Eintopf überraschend gut. Das helle Krabbenfleisch war zart, und das sämige Gemüse, das einer Kartoffelsuppe ähnelte, war zusammen mit dem knusprigen Maisbrot äußerst sättigend. Schweigend saßen sie da und aßen. Angeregt durch die ungewohnten Gewürze, verspürte Lena plötzlich einen unbändigen Durst. Als ob Jess geahnt hätte, dass sie sich nach etwas anderem als bloßem Quellwasser sehnte, fasste er hinter sich in seinen Rucksack und brachte eine große, glasierte Tonflasche zum Vorschein, die mit einem Korken verschlossen war.
    «Selbst gegorener Wein aus roten Sorellfrüchten», erklärte er und reichte ihr das gut zwei Liter schwere Gefäß.
    «Der scheint es in sich zu haben», bemerkte sie halb im Scherz, nachdem sie an der Öffnung gerochen hatte und ihr ein untrüglicher Schwaden von Alkohol entgegenwaberte.
    Jess gab sich unbeeindruckt.
    «Ich habe den Wein schon mit Quellwasser verdünnt und noch etwas Zucker hineingegeben», beruhigte er sie. «Wenn er dir zu stark ist, hole ich mehr Wasser.»
    «Was für eine Alternative», bemerkte sie grinsend. «Ich war erst zweimal in meinem Leben betrunken», erinnerte sie sich mit zögerlichem Blick auf die Flasche. «An meinem 18 . Geburtstag, und an jenem verhängnisvollen Abend bei
Almack’s
, als ich Edward kennengelernt habe, hatte ich einen Champagnerrausch.»
    Sie schaute ihn an und lächelte säuerlich.
    Er half ihr, die Öffnung der Flasche an die Lippen zu setzen. Die Mischung war köstlich, obwohl sie sogleich bemerkte, wie ihr der Weingeist in Kopf und Knie schoss. Sie tranken abwechselnd, und schon wenig später empfand Lena eine heitere Gelöstheit, die eigentlich nicht zu ihrer misslichen Lage passte.
    Bei einem Seitenblick auf Jess, der die Arme hinter dem Kopf gekreuzt hatte und einen zufriedenen Seufzer von sich gab, bemerkte Lena unter seiner Achsel eine kleine Tätowierung. Ein Stern oder so etwas Ähnliches. Man musste schon genau hinsehen, um zwischen seinen krausen Achselhaaren zu erkennen, was es war. Neuerdings sah man solche Körperbemalungen häufiger bei Seeleuten. Ihre Neugierde war geweckt. Doch bevor sie ihn befragen konnte, kam er ihr zuvor.
    «Du wolltest mir etwas von dir erzählen», erinnerte er sie mit einem Lächeln. «Schon vergessen?»
    «Da gibt es nicht viel zu erzählen», begann sie gedehnt. «Ich wurde in Deutschland geboren und bin in der Schweiz und in England erzogen worden. Mein Vater ist ein recht vermögender Kaufmann. Er war der Meinung, es wäre an der Zeit, dass ich mich nach einer passenden Partie umschaue. Edward Blake schien genau der Richtige zu sein. Auch wenn Jamaika für den Geschmack meines Vaters

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