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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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bewaffnet waren. Als sie ihre Angst überwand und sich langsam streckte, um sicher verborgen hinter fetten, dunkelgrünen Blättern mehr von den Eindringlingen zu erhaschen, stockte ihr Atem. Weiße! Es waren eindeutig Weiße. Sie trugen die breitkrempigen Hüte von Pflanzern und ihren Aufsehern. Einige führten Pferde mit sich, andere Mulis. Keine Hunde.
    «Jess!», schoss es ihr heiß durchs Geblüt, und eine kalte Angst saß ihr plötzlich im Nacken.
    Wenn sie ihn fanden, war er erledigt. Mutlos sank sie in die Knie und fing an zu beten, was sie recht selten tat, ihr aber diesmal dringend notwendig erschien.

    Auf seinem Weg durch den Dschungel hielt Jess nach Mangos und Brotfrüchten Ausschau, die in dieser Region wild wuchsen und ihnen ein schmackhaftes Frühstück garantierten. Die Brotfrüchte mit ihrem hellen, mürben Fruchtfleisch wollte er in Scheiben geschnitten über dem Feuer rösten. Dazu ein Stück frische Mango, und er war sicher, dass Lena mit ihrer Verpflegung zufrieden war.
    Wobei er sich von neuem die Frage stellte, ob es gut war, was er tat. Schon jetzt beging er eine absurde Gratwanderung in dem Bemühen, ihr nicht nur ein guter Gastgeber, sondern zu allem Überfluss auch ein guter Liebhaber zu sein. Letzteres musste unbedingt aufhören, beschloss er hart gegen sich selbst. Offenbar hatte er den Verstand verloren, als er ihren Reizen erlegen war. Wenn sie sich ernsthaft ineinander verliebten, wäre die Katastrophe perfekt.
    Davon ganz abgesehen, wenn er sie versehentlich schwängerte, würde das für Lena das Ende bedeuten. Sie waren eindeutig nicht füreinander geschaffen. Dabei war der Gedanke, sie womöglich nie wieder zu sehen, bereits jetzt so schmerzhaft, dass er ihn kaum ertragen konnte. Es grenzte an ein Wunder, wie ihre Körper sich im Gleichklang verständigten. Selten hatte er eine solche Befriedigung bei einer Frau erfahren, schon gar nicht bei einer, die so unerfahren gewesen war. Doch die Umstände ihres Aufeinandertreffens waren nicht ideal. Aber was wäre, wenn die Bedingungen sich änderten … was wäre, wenn Cato und seine Anhänger die Revolution für sich entscheiden könnten und das Blatt sich wenden würde? Warum sollte er sich dann keine weiße Frau nehmen dürfen? Vorausgesetzt, sie wollte ihn dann noch.
    Ach verdammt, sagte er sich und schlug sich den Weg durchs Gestrüpp mit seiner Machete frei. Wieso dachte er überhaupt an einen solchen Blödsinn? Komm zu dir, Junge, und werd wieder nüchtern, schalt er sich und hielt Ausschau nach essbaren Früchten. Plötzlich vernahm er ein Knacken und dann ein paar Stimmen, die ihn erstarren ließen.
    «Hey, Lester, hast du das auch gehört?», rief eine heisere Stimme auf Englisch.
    «Nein, was meinst du, Fitzpatrick?»
    «Ich dachte, ich hätte das Herabsausen einer Machete vernommen.»
    Eine plötzliche Stille trat ein, bei der noch nicht mal ein Vogelzwitschern zu hören war. Jess verharrte geduckt hinter einem Strauch und rührte sich nicht. Nur sein Herz pumpte so hart, dass er fürchtete, die Männer, die gut hundert Fuß von ihm entfernt palaverten, könnten es hören. Es gelang ihm, durch die Sträucher hindurch einen Blick auf die beiden zu werfen. Sie trugen Armeestiefel wie er, waren aber ansonsten zivil. Soldaten?
    Jess spürte, wie sein Atem davongaloppierte. Das Rebellen-Lager war kaum drei Meilen entfernt. Was wäre, wenn die Männer es entdeckten? Der Weg bis dorthin war verschlungen und anstrengend und für Pferde und Mulis nur schwer zu bezwingen, weil die Pfade mitunter so schmal waren, dass die Tiere kaum hindurchpassen würden. Aber trotzdem handelte sich hier um eine akute Bedrohung. Vorsichtig spähte Jess zwischen den Blättern hindurch. Die vermeintlichen Soldaten trugen keine Uniformen, sondern die Kleidung gewöhnlicher Pflanzer. Es waren sechs, nein – er zählte noch mal und kam auf sieben.
    «Was ist los?», fragte ein Kerl mit rotem Schnauzbart, offenbar ihr Anführer, wie Jess an dem herrischen Tonfall zu erkennen glaubte.
    «Colonel Brown, Sir!», meldete einer der Männer und salutierte. «Gilbert Fitzpatrick glaubte ein seltsames Geräusch gehört zu haben, wie von einer Machete.»
    Heilige Scheiße! Colonel Brown!, schoss es Jess in den Sinn. Der Schlächter von Trelawney.
    Der Mann war berüchtigt wegen seines Vorgehens bei der Verfolgung von flüchtigen Sklaven. Obwohl es bei Strafe verboten war, einen Sklaven ohne Gerichtsverhandlung zu töten, hatte es einige Schwarze gegeben, die eine

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