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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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herzustellen, die sich nicht sonderlich lange hielt, weil sie rasch austrocknete, benötigten sie die Weisheit und das Können der alten Obeah-Zauberin. Für Soldaten mischte sie in der Regel eine tödliche Dosis, was in der Vergangenheit zu verstärkter Legendenbildung geführt hatte und dafür sorgte, dass Einheiten des Militärs sich erst gar nicht in diese abgelegene Region der Blue Mountains verirrten. Dass Brown und seine Männer es trotzdem getan hatten, dazu noch als gewöhnliche Landarbeiter verkleidet, war ein untrüglicher Hinweis darauf, dass sie offenbar den Auftrag verfolgten, nach Lena zu suchen.
    «Und was hattest du so weit draußen mit unserer Geisel zu suchen?», fragte ihn Cato mit missbilligendem Blick.
    Jess kniff die Lippen zusammen und schluckte.
    «Ich wollte ihr ein wenig Bewegung verschaffen. Sie drohte der Schwermut zu verfallen.»
    «Der Schwermut verfallen?» Cato grinste schwach. «Du bist hoffentlich nicht so dumm, dass du am Ende ihrem süßen Arsch verfällst und dich von ihr um den Finger wickeln lässt?», versicherte sich Cato gereizt. «Dann müsste ich nämlich euch beide töten, und das wäre jammerschade. Nicht wegen ihr, sondern weil ich ungern einen guten Kämpfer verliere.»
    Mit einigem Widerwillen schüttelte Jess seinen Kopf.
    «Mach dir keine unnötigen Sorgen um mich. Die Kleine hat keinen Mucks von sich gegeben, als die Soldaten in der Nähe waren. Wenn sie es getan hätte, wäre sie jetzt tot. Ich sollte gehen, um unsere Männer zu unterstützen», schob er pflichtschuldigst hinterher. «Dort draußen können sie gerade jeden gebrauchen.»
    Natürlich konnten dreißig gut ausgebildete Rebellen mit sieben britischen Soldaten fertigwerden, es war jedoch wichtig, dass kein einziger von Browns Männern entkam.
    Cato winkte lässig ab.
    «Verschwinde», sagte er nur. «Sollen sie nur alle kommen, um das weiße Täubchen aus seinem geheimen Käfig zu befreien, am Ende werden sie ihren Leichtsinn mit dem Leben bezahlen!»
    Jess atmete einmal tief durch, als er nach draußen trat, und schaute über die baufälligen Hütten hinweg zu den Höhlen. Alte, Kranke, Frauen und Kinder liefen wie aufgescheuchte Ameisen umher, doch niemand sagte ein Wort. Mütter hielten ihren schreienden oder weinenden Kindern den Mund zu, aber nur wenige mussten so weit gehen, denn sogar die Kleinsten unter ihnen wussten schon, dass jeder Laut eine Gefahr für sie alle barg.
    Alle Lagerbewohner wurden in die Hütten und Höhlen verbannt, mit der Auflage, vorher sämtliche Wäsche einzusammeln und alle Feuer zu löschen.
    Auf halbem Weg zu dem Ort, an dem die vergifteten Pfeilspitzen ausgegeben wurden, stellte sich Selina ihm plötzlich in den Weg. Sie war vollkommen aufgelöst.
    «Ich kann eins meiner Mädchen nicht finden. Cilia war unten am Teich und hat für mich die Wäsche gewaschen. Ich hab dort unten nach ihr gesucht, damit sie schleunigst nach Hause kommt, aber sie war nicht mehr dort. Ich hab nur den braunen Flechtkorb gefunden. Was ist, wenn die Weißen sie geschnappt haben?»
    Tränen quollen aus ihren großen, braunen Augen. Jess legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter.
    «Reg dich nicht auf», erklärte er sanft. «Ich werde sie finden.»
    Ohne lange zu überlegen, lief er an den geschickt mit Ästen und Blättern getarnten Hütten und Höhleneingängen vorbei und versorgte sich bei Desdemona mit den nötigen Waffen. Die uralte Obeah-Frau saß mitten im Lager und verteilte an einem aufgestellten Tischchen Blasrohre aus Schilf und winzige Pfeile aus scharf gefeilten Tierknochen, die sie in das flüssige Manaka-Aconitum-Gemisch getunkt hatte.
    «Geh vorsichtig damit um», mahnte sie Jess. «Du darfst dich keinesfalls selbst damit verletzen, sonst verlierst du die Orientierung, und im schlimmsten Fall kann das Herz aussetzen.»
    «Keine Sorge», versicherte er ihr. «Ist ja nicht das erste Mal, dass ich damit auf die Jagd gehe.»
    Am Gürtel trug er zusätzlich seine Pistole und eine Machete. Beides würde er ohne Zögern einsetzen, falls die Pfeile ihre Wirkung verfehlten. Jess hatte kein Problem damit, seine Widersacher zu töten, erst recht nicht, wenn diese ihre Freiheit bedrohten. Im Schutz des Waldes rannte er hinunter zum Waschteich, während die übrigen Krieger sich lautlos in der Umgebung des Lagers verteilten.
    Cilia war Selinas zweitjüngste Tochter. Ein anmutiges Mädchen mit bronzefarbener Haut und hellbraunen Haaren, die sie wahrscheinlich von ihrem weißen Vater

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