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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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als ihr Gästezimmer auf Redfield Hall ausmachte. Sie selbst lag in einem Himmelbett aus dunklem Mahagoniholz. Umgeben von einem Wust blütenweißer Seidenlaken und weicher Kaschmirwolldecken, hatte man sie rücklings auf hohen, spitzenbesetzten Daunenkissen aufgebahrt, die Hände gefaltet wie bei einem Leichnam.
    Einen Moment lang befürchtete sie, gestorben zu sein, doch dann bemerkte sie, dass alles um sie herum nach Rosenblüten und Jasmin duftete. Irgendjemand hatte sie gebadet und in ein frisches Seidennachthemd gesteckt. Selbst ihr Haar war frisch gewaschen und wurde von einer gestärkten Betthaube gebändigt.
    Ein wenig später hörte sie trappelnde Geräusche, und Estrelle erschien im Türrahmen. Ihr schwarzes Gesicht setzte sich unnatürlich dunkel von der weißen Haarschleife ab, die sie als Haussklavin wie üblich in ihrer krausen Frisur trug. Neben Estrelle tauchte ein dürres Männchen im vornehmen Anzug auf, mit einer Nickelbrille auf der Nase und langen Koteletten vor den abstehenden Ohren, und stürmte in das Zimmer. Dr. Lafayette!
    «Mylady, dem Herrn sei’s gedankt, Sie kommen zu sich!», rief er euphorisch und wedelte mit dem Riechfläschchen vor ihrer Nase herum.
    Der unangenehme Geruch nach Ammoniak übertünchte augenblicklich den Blütenduft. Angewidert wollte Lena sich wegdrehen, musste jedoch feststellen, dass ihr Kopf nicht gehorchte. Panik kam in ihr auf. War sie gelähmt? Hastig wollte sie sich aufrichten, doch auch ihre Arme versagten ihr kläglich den Dienst. Dann versuchte sie es mit den Beinen, aber auch hier tat sich nichts. Ihre Glieder gehorchten einfach nicht ihren Befehlen. Dr. Lafayette schien die Fassungslosigkeit in ihren Augen bemerkt zu haben und drückte sie sanft in die Kissen.
    «Immer schön ruhig bleiben, Mylady», versuchte er sie zu besänftigen. «Alles wird gut. Ich habe bereits nach Ihrem Mann rufen lassen. Er wird jeden Augenblick hier sein.»
    In Anbetracht der Lage, dass Edward gleich an ihr Bett treten würde, war überhaupt nichts gut. Schon gar nicht in ihrem Zustand.
    «Sie sind ohnmächtig geworden», plapperte Lafayette unaufhörlich weiter, «was ja kein Wunder ist, nach allem, was Sie durchmachen mussten. Aber seien Sie gewiss, wir werden diejenigen, die Ihnen das angetan haben, aufspüren, und dann werden sie alle einzeln am Galgen baumeln, wie reife Äpfel kurz vor dem Pflücken. Sie werden leiden, so wie Sie leiden mussten, meine Teuerste.»
    Ohne ihre Erwiderung abzuwarten, zückte er einen Löffel und ein braunes Glasfläschchen und verabreichte ihr eine bitter schmeckende Medizin, die Lena nur mit Mühe hinunterwürgen konnte, weil auch ihr Schluckreflex nur zögerlich reagierte. Sie wollte etwas sagen, doch ihre Stimme gehorchte nicht. Sosehr sie sich auch bemühte, kein einziges Wort wollte über ihre Lippen kommen.
    «Ganz ruhig, ganz ruhig», beschwichtigte Dr. Lafayette ihre Aufregung und strich ihr mit einem freundlichen Lächeln über die Stirn.
    Diese Geste der Vertrautheit unterbrach er jedoch sofort, als eine bekannte Stimme aus dem Hintergrund regelrecht über sie hereinbrach.
    «Lena, meine Teuerste!», rief Edward in übertriebenem Enthusiasmus.
    Am liebsten wäre sie sogleich aus dem Bett gesprungen und hätte vor ihm das Weite gesucht. Doch sie schaffte es noch nicht einmal, ihre Hand zur Abwehr zu erheben. Inbrünstig hoffte sie, dass nicht der Sturz vom Pferd Schuld an der Lähmung trug.
    «Wie geht es dir, mein Engel?», fragte Edward mit gespielter Besorgnis und beugte sich so besitzergreifend über sie, dass Dr. Lafayette nichts anderes übrig blieb, als das Feld zu räumen.
    Ohne zu antworten, starrte sie ihren Ehemann lediglich an. Am liebsten hätte sie sofort nach Maggie gefragt, doch nicht einmal das war ihr möglich. Sie war sprachlos – im wahrsten Sinne des Wortes. Edward schien sich nicht daran zu stören, sondern bedeckte ihr taubes Gesicht mit Küssen, von denen der letzte fordernd auf ihrem Mund landete. Irritiert blickte er auf, als sie nicht reagierte, und wandte sich entrüstet zu Dr. Lafayette um.
    «Warum sagt sie denn gar nichts?», beschwerte er sich beim Doktor, als ob dieser die Schuld daran trüge. «Freut sie sich denn gar nicht, mich zu sehen?»
    Er machte große Augen, wie ein enttäuschtes Kind, dem man das Lieblingsspielzeug genommen hatte.
    «Sie steht gewiss noch unter Schock», entschuldigte Lafayette ihr Verhalten. «Wir wissen nicht, was ihr in der Hand der Rebellen widerfahren ist. Obwohl

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