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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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zu tun gehabt hätte! Schließlich hatte sie ihm beiläufig erzählt, dass sie vor ihrer Flucht auf Rosenhall übernachtet hatten.
    Natürlich hatte er sie nicht in alle organisatorischen Details der
Flamme von Jamaika
eingeweiht. Warum auch? Wenn sie es recht bedachte, war ihm sogar nichts anderes übrig geblieben, als ihr hauptsächlich die Heldentaten seiner Organisation vor Augen zu führen, um sie mit Haut und Haaren für sich zu gewinnen. Ansonsten hätte sie keine Bereitschaft gezeigt, zu Edward zurückzukehren, und dann wären die drei jungen Sklaven verloren gewesen. Und so gut kannte sie Jess inzwischen, dass er deren Hinrichtung nicht zugelassen hätte.
    Plötzlich lief es ihr heiß und kalt über den Rücken. Was wäre, wenn er sie absichtlich verführt und mit ihr geschlafen hatte, nur um ihr den Kopf zu verdrehen und sie für seine Zwecke einzuspannen?
    Aber nein, protestierte ihre innere Stimme. Schließlich war sie diejenige gewesen, die sich ihm vollkommen freiwillig hingegeben hatte.
    Und selbst wenn er sie für seine Ziele missbrauchen wollte, so änderte es doch nichts an der Tatsache, dass er vollkommen im Recht gewesen war. Wie sonst hätte sie je begreifen können, welch schändliches Spiel Edward und die übrigen weißen Pflanzer mit den Sklaven auf dieser Insel spielten? Bei genauerer Betrachtung konnte sie sich sogar gut vorstellen, dass Jess für das Recht und die Freiheit dieser Menschen über Leichen ging. Aber würde er so weit gehen, Maggie zu töten?
    Der Zweck heiligt die Mittel, hatte ihr Vater einmal gesagt.
    O Herr im Himmel, was bin ich nur für eine Närrin gewesen!
    Lena spürte, wie ihr erneut die Tränen kamen. Er hatte all das nicht für sich getan und schon gar nicht für sie. Sich einzubilden, dass ihr Zusammensein irgendetwas mit Liebe zu tun hatte, war vollkommen abwegig. Gut möglich, dass ihre Entführung kein Zufall gewesen war, wie Jess ihr hatte glauben machen wollen. Vielleicht steckte tatsächlich ein Plan dahinter, und Jess und seine Rebellen hatten sie von Anfang an entführen wollen, um sie gegen die drei Todeskandidaten austauschen zu können. Was, wenn Candy Jones ihr geheimer Mittelsmann gewesen war, der ihre nächtliche Flucht an die bereits lauernden Rebellen verraten hatte, um ihnen die Sache einfacher zu machen? Vielleicht steckten Cato und seine Männer tatsächlich hinter Maggies Ermordung, weil sie ihnen als Zeugin lästig geworden war und man für sie kein Lösegeld bekommen würde? Sie bemerkte, wie ihr die Knie nachgaben und sie mit dem Hintern zuerst auf den weichen Teppich plumpste.
    «Mylady!», rief Estrelle erschrocken und fing sie geistesgegenwärtig auf, bevor ihr Kopf auf den Boden schlug.
    Lena blieb einfach liegen, aus Angst, sich übergeben zu müssen. Für einen Moment drehte sich die holzvertäfelte Zimmerdecke über ihr wie ein Karussell, dann wurde ihr schwarz vor Augen.

    Jess versuchte krampfhaft zu ignorieren, was ihm am vergangenen Sonntag auf Redfield Hall widerfahren war. Lena hatte sich also unübersehbar dazu entschlossen, zu Edward zurückzukehren und bei ihm zu bleiben.
Warum, warum, warum?
Immer wieder malträtierte er sein Hirn auf der Suche nach dem Grund dafür, dass sie am Arm dieses eingebildeten Stinktiers lächelnd und mit hocherhobenem Haupt zur Kirche gestakst war. Wahrscheinlich hatte er sie mit schmeichelnden Worten und Gesten und nicht zuletzt mit seinem Schwanz überzeugt, dass er sein bisheriges Verhalten bereute. Möglicherweise hatte er sie auf Knien angefleht, bei ihm zu bleiben.
    Lenas Entscheidung, sich von ihm einlullen zu lassen, bedeutete letztendlich, dass sie genau die oberflächliche Person war, für die er sie am Beginn ihrer Begegnung gehalten hatte. Ihre Anteilnahme am Schicksal seiner schwarzen Brüder und Schwestern war nur ein trügerisches Schauspiel gewesen, um ihn milde zu stimmen und zu ihrem Verbündeten zu machen. Übrig geblieben war eine üble Variante von Mitleid, auf die er gerne verzichten konnte.
    Dennoch tat die Einsicht höllisch weh, dass sie nicht in ihn verliebt war, wie sie bei ihrem letzten Zusammensein noch beteuert hatte. Andererseits war es mit Sicherheit besser so. Für Lena und auch für ihn. Ihre Liebe hatte keine Zukunft gehabt. Er war ihr Feind, und in seiner Welt hätte sie niemals Fuß fassen können, ebenso wenig wie er in ihrer. Auf diese Weise konnte er seine Mission ohne schlechtes Gewissen zu Ende bringen. Ein wenig beunruhigte ihn, was mit ihr geschehen

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