Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
Vom Netzwerk:
Geldknappheit, die hier offenbar herrschte. Sklaven besaßen in den seltensten Fällen eine eigene Kuh, sondern höchstens ein paar Ziegen. Diese hielt man sich, wenn überhaupt, um Lämmer zu züchten, damit einmal im Jahr vernünftiges Fleisch in den Topf kam.
    Aber auf dem Tisch lag noch etwas anderes, das die Aufmerksamkeit von Jess weitaus mehr fesselte.
Kingston Gazette
stand in großen Lettern auf dem zerknitterten Papier, das sicher schon durch Dutzende Hände gegangen war. Er nahm auf einem der beiden Stühle Platz und widmete sich der ersten von mehreren Seiten.
    «
Brutaler Sklavenaufrührer hat die Tötung einer deutschen Hausbediensteten gestanden und sich – wahrscheinlich aus Reue – selbst in der Zelle erhängt
», las er murmelnd.
    Im weiteren Verlauf des Artikels war zu erfahren, dass einer der Haussklaven von Rosenhall offenbar in Verbindung zu einer ominösen Rebellenorganisation stand, die für den Tod der Gesellschafterin von Lady Helena Blake verantwortlich war. Dem Bericht nach hatte die missglückte Verschleppung der Lady zum gewaltsamen Tod ihrer Angestellten geführt, die sich angeblich in heldenhafter Weise für deren Unversehrtheit eingesetzt habe. In der weiteren Berichterstattung hieß es, Lady Blake habe in letzter Minute aus den Händen der Unholde befreit werden können, die man erfolgreich in die Flucht geschlagen habe. Kein Wort von einem Austausch. Kein Wort über die freigelassenen Gefangenen.
    «Was ist das bloß für ein Schwachsinn?», knurrte Jess und blätterte weiter, um mehr zu erfahren.
    Doch auf den folgenden Seiten wurde lediglich vor allgemeinen Übergriffen von Rebellen gewarnt, deren Anhänger in den letzten Wochen für zahlreiche Brände auf Feldern und in Lagerschuppen verantwortlich waren. Der Gouverneur persönlich kündigte in einem Kommentar vollmundig an, dass man für die Aufstellung neuer Polizei-Milizen sorgen wolle, die gemeinsam mit der Armee den Aufständen ein abruptes Ende bereiten würden. Dafür wurden freiwillige, junge Männer gesucht – ausschließlich weißer Herkunft, natürlich.
    «Hast du das gelesen?», fragte Isaak, der aus dem Stall zurückgekehrt war und ihn nun neugierig anschaute. «Offenbar haben sie den Mann geschnappt, der die Schuld an der versuchten Entführung von Lady Blake trägt. Wenigstens wird er für den Mord an ihrer Gesellschafterin in der Hölle schmoren.»
    Isaak schüttelte bedauernd den Kopf und nahm beiläufig zwei Steingutkrüge vom Regal, stellte sie geräuschvoll auf den Tisch und schenkte die Buttermilch ein. Jess erwiderte nichts. In Gedanken ging er noch mal das Gelesene durch. Der Kerl, der angeblich die Tat gestanden hatte, war ihm vollkommen unbekannt. Hinzu kam, dass die Gesellschafterin, von der die Rede war, noch gelebt hatte, als sie zusammen mit Lena den Weg von Kojo und den Flüchtlingen kreuzte. Ergo musste sie nach ihrer Flucht gestorben sein.
    Neben diesen Unstimmigkeiten unterschlug der Zeitungsbericht das tatsächliche Ausmaß von Lenas Entführung. Auch das musste einen Grund haben. Vielleicht hatte Lena sich einfach an die Abmachung gehalten, ihn und seine Leute nicht zu verraten und das, obwohl sie sich offenbar von ihm abgewandt hatte. Aber warum sollte sie jemanden beschuldigen, der gar nichts mit der Sache zu tun hatte? Jess hoffte, dass nicht er der Grund dafür war. Der Gedanke, dass der andere Mann womöglich sterben musste, weil sie von ihm ablenken wollte, erschütterte ihn. Dass der Kerl sich garantiert nicht freiwillig erhängt hatte, darauf hätte Jess wetten mögen. Aber dass Lena dessen Tod billigend in Kauf genommen hatte, um sein Leben zu schützen, konnte er ebenso wenig glauben.
    Oder sollte er sich wirklich so in ihr getäuscht haben? Sie war durchaus eine Frau, die ihren Kopf durchsetzen wollte, und dies im Notfall auch mit ungewöhnlichen Mitteln. Nachdem sie ihm an Edwards Seite so spöttisch ins Gesicht gelächelt hatte, wunderte ihn beinahe gar nichts mehr. Gut vorstellbar, dass der Tod ihrer Angestellten sie so sehr schockiert hatte, dass sie ihr Vertrauen in ihn vollkommen verloren hatte. Jess musste sich eingestehen, dass er sie nicht gut genug kannte, um zu wissen, was wahrhaftig in ihrem hübschen Dickkopf vorging. Er hätte es zu gerne gewusst, doch diese Chance war fürs Erste vertan.
    Isaak, der seine Nachdenklichkeit nicht zu bemerken schien, prostete ihm zu.
    «Der Herr sei mit uns.»
    «Zu allen Zeiten», erwiderte Jess die allseits bekannte Losung und

Weitere Kostenlose Bücher