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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Beischlaf mit Edward betraf. Andererseits war die Geburt eines Kindes gelinde gesagt eine Katastrophe. Lena hatte schon länger bemerkt, dass mit ihr etwas nicht in Ordnung war, doch erst die lästige Übelkeit, die sie seit Wochen befiel, hatte ihr und Estrelle letzte Gewissheit gegeben.
    Schwanger! Irgendwann musste es ja geschehen sein, so oft wie Edward sie in den letzten Wochen zum ehelichen Beischlaf gezwungen hatte. Doch ihre Blutungen waren schon während der Gefangenschaft ausgeblieben. Der Gedanke, dass dieses Kind genauso gut von Jess sein konnte, hätte sie gefreut, wenn die Umstände anders gewesen wären. Aber nun ängstigte sie sich noch mehr. Erstens würde sie dem Kind in ihrem Zustand keine Mutter sein können, und zweitens würde Edward außer sich sein, wenn das Kind eine andere Hautfarbe als die eines reinrassigen Weißen besaß. Sie traute ihm zu, dass er es direkt nach der Geburt weggeben, ja sogar töten würde, falls es nicht seinen Vorstellungen entsprach.
    Und an Flucht war nicht zu denken. Obwohl inzwischen fast drei Monate vergangen waren, fiel ihr das Sprechen nach wie vor unsäglich schwer. An guten Tagen waren es ein paar verständliche Worte, die das Nötigste beschrieben. An schlechten waren es nur tierische Laute, die ihr die seltsamen Blicke der Angestellten bescherten. Trotzdem lud Edward weiterhin in ihrem Namen zu amüsanten Nachmittagskränzchen in den Salon von Redfield Hall, wo sie gekämmt, gepudert und in feinstem Batist schweigend zwischen all den Tee trinkenden Ladys saß und gute Miene zum bösen Spiel machen sollte.
    Er vergab die Einladungen angeblich, um sie aufzumuntern. In Wahrheit tat er es, um sich und ihr den Anschein von Normalität zu geben. Niemand sollte auch nur ahnen, welchen Schatten ihr Zustand über ihre Ehe geworfen hatte. Solange sie ein öffentlicher Teil der feinen Gesellschaft waren, würde niemand an ihrem harmonischen Miteinander zweifeln. Im Gegenteil. Überall erzählte man sich, welch treu sorgender Ehemann Edward Blake doch war. Wie rührend er sich um seine offenbar schwerkranke, junge Frau kümmerte, die unter den vorangegangenen Vorfällen unsäglich gelitten haben musste.
    Ein paar Tage später hatte Edward anlässlich des bevorstehenden Weihnachtsfestes vier Plantagenverwalter aus der Umgebung samt ihren Gattinnen eingeladen, um auf ihr gemeinsames Glück anzustoßen. Vollmundig verkündete er Lenas Schwangerschaft, die von den Damen mit freudigen Gratulationen begrüßt und von den Herren mit ein paar leisen, zotigen Bemerkungen kommentiert wurde, die Edward in verhaltenem Ton lobten.
    Edward nahm den Zuspruch mit jovialer Miene entgegen. Kein Wort davon, dass er sich schon wenige Stunden später wieder mit einer seiner Sklavinnen amüsieren würde, wie er es in diesen Tagen so häufig tat. Mitten in der Nacht verschwand er und kehrte erst am Morgen zurück, mit dem Geruch einer fremden Frau an seinem verschwitzten Körper. Wahrscheinlich zeugte er Nacht für Nacht Dutzende von Bastarden, die dazu bestimmt waren, ein trauriges Leben als seine Sklaven zu fristen.
    Während die Frauen beim Nachmittagstee im Esszimmer sitzen blieben, verabschiedeten sich die Männer in den Salon, um eine kubanische Zigarre zu rauchen und einen Brandy zu trinken.
    «Ach, meine liebe Helena», unterbrach Lady Albright die peinliche Stille und fasste Lena mitfühlend am Arm. «Ich freue mich so für Sie und Ihren Gatten. Diese Schwangerschaft ist doch eine wunderbare Nachricht nach allem, was Sie durchmachen mussten!»
    Estrelle schenkte derweil den vier verbliebenen Damen indischen Tee in feinste Tässchen aus Meißner Porzellan mit Rosendekor ein. Danach verteilte sie Erdbeertörtchen und Roastbeef-Sandwiches auf die dazu passenden Teller.
    «Wenn es stimmt, was allenthalben erzählt wird», fuhr Lady Albright fort und nippte vornehm an ihrem Tee, «war es äußerst mutig von Ihnen, sich diesen Wilden zu widersetzen. Und nun schenkt Ihnen Gott der Herr zum Dank für Ihre Tapferkeit ein neues Leben, das Sie all diese Schrecknisse vergessen lassen wird. Ist das nicht großartig? Lasst uns auf den zukünftigen Erben von Redfield Hall anstoßen, meine lieben Freundinnen.»
    Sie hob ihren Kristallkelch, in dem zur Feier des Tages prickelnder Champagner perlte. Gemeinsam prostete die Runde erstklassig gekleideter Damen Lena zu, die wie immer nur ein gequältes Lächeln zustande bringen konnte. Während die Damen sich anschließend an Kuchen und Sandwiches gütlich

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