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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Mädchen», entgegnete Baba und schüttelte verständnislos den Kopf. «Den Zauber braucht es doch nur so lange, bis er dir ein Kind gezeugt hat. Wenn er erst euren gemeinsamen Sohn in Händen hält, wird ihn nichts mehr davon abhalten, dir seine Liebe freiwillig zu schenken.»
    «Nein», wiederholte Selina schwach. «Wenn er zu mir kommt, soll er es klaren Gemütes tun. Meine Töchter wurden von ihren Vätern ausnahmslos in betrunkenem Zustand gezeugt. Dass sie trotzdem gut geraten sind, habe ich der Gnade der Ahnen zu verdanken. Aber ich habe mir geschworen, wenn ich noch mal ein Kind empfange, so soll es allein aus Liebe geschehen.»
    «Na, dann streng dich an», empfahl ihr Baba in herablassendem Ton und ließ sie in der Hütte zurück.
    Wütend ging sie zu Desdemona. Die alte Obeah-Frau saß Pfeife rauchend vor ihrer Hütte und schien sie bereits erwartet zu haben. «Komm rein», sagte sie, ohne Baba zu begrüßen.
    «Ich hoffe, dein Zauber hat gewirkt», erklärte Baba und musterte aufmerksam das faltige Gesicht der alten Zauberin.
    «Was denkst du denn?», gab Desdemona mit einem zahnlosen Grinsen zurück. «Ich habe die Geister angerufen, sobald ich wusste, dass die beiden das Lager verlassen haben. Die volle Wirkung des Zaubers hat sich also erst nach ihrer Rückkehr in die Welt der Weißen entfaltet. Ansonsten wäre zu befürchten gewesen, dass dein Sohn etwas bemerkt. Solange ihr niemand ein Gegenmittel verabreicht, wird die Weiße im Zustand gnädiger Willenlosigkeit verbleiben und kaum in der Lage sein, sich irgendwem mitzuteilen. Fortan ist sie nichts weiter als eine sprachlose Marionette, die dem Willen ihres jeweiligen Puppenspielers untersteht.»

Kapitel 27
    Ende Dezember 1831 // Jamaika // Guter Hoffnung

    I hre Frau ist guter Hoffnung», verkündete Dr. Lafayette voller Freude, nachdem er Lena auf ihrem Bett liegend unter einem Tuch sorgsam abgetastet hatte. Schließlich setzte er noch ein gewaltiges Hörrohr an ihren Bauch, um letzte Gewissheit zu erlangen. «Ich meine bereits einen winzigen Herzschlag zu hören.»
    «Wie weit ist sie denn?», wollte Edward wissen, der hinter ihm ausharrte und wie gebannt auf Lenas weiße Schenkel starrte, die unter dem Tuch hervorlugten.
    «Es ist noch zu früh, um Genaueres zu sagen», erklärte Lafayette und schaute in Edwards angespannte Gesichtszüge. «Ich würde wetten, Sie waren bereits in der Hochzeitsnacht erfolgreich», scherzte er anzüglich.
    Edward verdrängte den Gedanken, dass die Hochzeitsnacht gar nicht stattgefunden hatte und er stattdessen befürchten musste, dass das Kind vielleicht von einem anderen stammte. Wenn es schwarz war, würde er den Säugling auf welche Weise auch immer beseitigen und von neuem beginnen müssen. Aber dieses Risiko musste er wohl oder übel eingehen.
    «Und was ist mit ihrem Gemütszustand?», wollte Edward nun wissen. «Seit ihrer Entführung sind drei Monate vergangen, und es hat sich kaum etwas an ihrem Benehmen verändert. Sie spricht immer noch nicht und handelt nur auf Anweisung, so als ob sie gar keinen eigenen Willen hätte.»
    «Sie ist eben immer noch schwermütig», konstatierte der Doktor mit einem Seufzer. «Das Wichtigste ist, dass sie weiterhin bereit ist, Nahrung zu sich zu nehmen. Die meisten Schwermütigen müssen elendig verhungern, weil sie sich weigern zu essen.»
    «Wird ihr merkwürdiges Verhalten irgendwelche Auswirkungen auf das Kind haben?»
    «Nein», sagte der Doktor und schüttelte bedächtig den Kopf, während er sich die Hände in einer von Estrelle dargebotenen Schüssel wusch.
    «Sie kann gehen, sie kann essen. Mehr braucht es nicht, um ein Kind auszutragen. Reden gehört auf jeden Fall nicht dazu.»
    «Das heißt, ich muss nichts weiter berücksichtigen?» Edward schaute ihn erwartungsvoll an.
    «Doch», erwiderte Lafayette, während er sich die Hände an einem weichen Leinentuch abtrocknete. «Sie sollten Ihre Frau von nun an konsequent von ehelichem Beischlaf verschonen, damit wir sie keinerlei Gefahr aussetzen, das Kind zu verlieren. Suchen Sie sich im Ernstfall lieber woanders Erleichterung, wenn Sie verstehen, was ich meine.»
    Der Doktor lächelte schwach, während Edward abwesend nickte.
    «Das dürfte das geringste Problem sein», erklärte er beiläufig.
    Verdammter Hund!, dachte Lena, nachdem Edward und der Arzt das Zimmer verlassen hatten und Estrelle ihr in ein frisches Nachthemd half. Die Nachricht von der Schwangerschaft hatte ihr Gutes, was den ausbleibenden

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