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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Tages zu seiner Ehefrau erheben würde, obwohl ein solcher Gedanke natürlich grenzenlos naiv gewesen war.
    «Er ist ein englischer Lord, und du bist nur ein Negerbastard», hatten ihre Schwestern auf den Feldern ihr zugeflüstert.
    Aber Baba hatte den Neid aus ihren Stimmen herausgehört und war mit hocherhobenem Kopf in ihr Verderben gelaufen. Natürlich hätte Lord William sie nie geheiratet, selbst wenn seine Frau gestorben wäre, hätte er sich wieder eine weiße Lady ins Haus geholt. Zu spät hatte sie erkannt, welchem Teufel sie sich hingegeben hatte.
    Das einzig Gute, das er ihr hinterlassen hatte, war Jess. Ihr Blick fiel wieder auf Selina, von der sie sich nichts mehr wünschte, als dass sie Jess’ Frau würde. Sie wollte endlich eine große Familie haben, mit vielen Enkeln. Aber seit Jess diese weiße Schlange über den Weg gekrochen war, begannen sich all ihre Hoffnungen in Luft aufzulösen.
    Daran hatte sich auch nichts geändert, nachdem er sie zu ihrem vermaledeiten Ehemann zurückgebracht hatte. Man sah ihm an, wie sehr er darunter litt, dass sie in ihre Welt zurückgekehrt war und nichts mehr von ihm wissen wollte. Und obwohl ihm Baba immer wieder versicherte, dass sie eine falsche Giftnatter war, von der er nichts zu erwarten hatte, gab er sich seinem Kummer hin und behandelte Selina seither, als sei sie gar nicht anwesend. Aber vielleicht würde ja nach dem Aufstand alles anders werden? Wenn die Sklaverei erst mal abgeschafft und die Weißen aus dem Land vertrieben worden waren, würde auch Jess einsehen, dass es an der Zeit war, sich eine gleichartige Frau zu suchen, um für den Fortbestand seiner afrikanischen Wurzeln zu sorgen.
    Während Baba noch ihren Gedanken nachhing, kam plötzlich aus dem Dunkeln eine große Hand und packte sie fest bei der Schulter.
    «Oh!» Selina stieß einen erstickten Schrei aus.
    Baba wollte herumfahren, um zu sehen, wer ihnen einen solchen Schrecken einjagte. Doch das war nicht möglich. Die Hand umfasste schmerzhaft ihren Oberarm und riss sie trotz ihres Alters brutal empor auf die Füße.
    «Jess?» Ihre Stimme gipfelte in Ungläubigkeit. «Ich dachte …»
    In seinem schwarzen Priestergewand sah ihr Sohn aus wie ein düsterer Racheengel. Was tat er hier? Die langersehnte Revolution stand nun kurz bevor. Er hätte doch mit den anderen Kriegern in den westlichen Landesteilen sein sollen, um Waffen an die rebellisch gesinnten Sklaven zu verteilen.
    «Wir beide haben ein Hühnchen miteinander zu rupfen!», spie er ihr entgegen. «Trägt Desdemona Schuld daran, dass Lena sich seit ihrer Rückkehr zu Edward Blake nicht mehr bewegen kann? Oder ist es gar deine Schuld, dass Desdemona einen solchen Zauber ausgeführt hat?»
    «Ich weiß gar nicht, was du willst!», stammelte sie. «Sei doch froh, dass sie uns auf diese Weise nicht verraten konnte!»
    «Du weißt also Bescheid», knurrte er düster.
    Bevor Baba antworten oder auch nur eine Frage stellen konnte, packte er sie erneut schmerzhaft am Arm und riss sie regelrecht mit sich fort. Aus dem Augenwinkel sah Baba, wie Selina und ihre Töchter ihnen eingeschüchtert hinterherschauten. Auf dem Weg zu Desdemonas Hütte nahm Baba ihren ganzen Mut zusammen.
    «Warum gehst du bloß so grob mit deiner armen, alten Mutter um? Hast du zu viel getrunken, oder was ist mit dir geschehen?»
    Jess benahm sich wie ein wütender Stier. Hätte er Hörner gehabt, läge sie längst aufgespießt am Boden, dachte sie ängstlich.
    Erst als in der tief stehenden Abendsonne die Umrisse von Desdemonas Hütte in Sicht kamen, atmete er tief durch. Zwischen den Ritzen der geflochtenen Bambustür sah Baba, dass Desdemona im Innern ein kleines Lagerfeuer entzündet hatte und offenbar nicht überrascht war, sie beide zu sehen. Jess stieß die Tür auf. Wie eine Gefangene führte er seine Mutter in die Hütte.
    «Er weiß Bescheid», warnte Baba die Zauberin. «Aber ich schwöre, ich habe ihm nichts verraten!»
    Desdemona fixierte ihn beinahe amüsiert mit ihren blinden Augen.
    «Ich kann verstehen, Jess, wenn du auf Baba und mich wütend bist, aber dass du deine arme Mutter vorführst wie eine Galeerensklavin, ist nicht unbedingt notwendig. Erstens hat sie es nur gut gemeint, und zweitens hätte ich dir auch so Rede und Antwort gestanden.»
    Bevor Baba eingreifen konnte, hatte Jess schon das Wort ergriffen. «Ich will auf der Stelle wissen, was ihr Lena angetan habt!»
    «Ich habe die Geister befragt», erwiderte Desdemona ruhig. «Wenn ich es

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