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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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für Ordnung zu sorgen. Alle jungen Weißen über zwanzig sind aufgefordert, sich zum Polizeidienst zu melden. Sie sind wehrpflichtig, zumindest so lange, bis alles wieder beim Alten ist. Ich habe eine Depesche aus Spanish Town mitgebracht, die dich zum verantwortlichen Befehlshaber für die Polizeiregimenter von St. Mary, St. Ann und St. Thomas-in-the-Vale befördert. Du sollst dich dafür morgen in Falmouth melden, um bis auf weiteres diesen durchaus hohen Offiziersposten in der Miliz zu bekleiden. Trevor soll dich als dein Adjutant begleiten.»
    «Und was wird dann aus meiner Frau und der Plantage? Wer soll all die Leute beaufsichtigen und für Sicherheit sorgen?»
    Edward schaute seinen Vater verständnislos an.
    «Na, wer schon?», fragte Lord William provokativ. «Ich habe das die letzten vierzig Jahre geschafft, warum sollte ich es nicht weiterhin tun? Wenn wir niemanden haben, der unser Land gegen die Aufständischen verteidigt, wird es bald ohnehin nichts mehr zu beaufsichtigen geben.»
    «Nun gut», gab Edward nach. «Ich geh jetzt nach oben. Ich will Lena noch ein paar Fragen stellen und sehen, wie sie sich fühlt. Ich muss herausfinden, ob sie ihren Entführer gekannt hat. Vielleicht war er schon an ihrer ersten Entführung beteiligt. Bolton wollte sie verhören, aber das erschien mir in ihrem Zustand nicht passend.»
    «Geh behutsam mit ihr um», mahnte sein Vater. «Denk an das Kind. Du solltest sie nicht unnötig aufregen.»
    «Keine Sorge, Vater, ich werde vorsichtig sein.»
    «Weißt du was, ich komme mit, wenn du erlaubst.»
    Edward überlegte, ob es von Nachteil sein konnte, wenn er seinen Vater an dem Gespräch teilhaben ließ. Schließlich wusste er nicht, wie Lena auf ihn reagieren würde. Was wäre, wenn sie plötzlich wieder bei klarem Verstand war und ihn vor seinem Vater beschuldigte, sie vergewaltigt zu haben, oder zugab, dass sie vor ihm davongelaufen war? Er grübelte. Im Grunde genommen war dies alles gar kein Problem. Nach allem, was bisher vorgefallen war, unterstrich es den gestiegenen Grad ihres Irrsinns.
    «Gerne», sagte er zu seinem Vater. «Ich möchte nur ungern auf deine Meinung verzichten, was ihren geistigen Zustand angeht.»

    Lena hatte damit gerechnet, dass Edward auftauchen würde, um sie in die Zange zu nehmen. Estrelle hatte ihr für diese Begegnung ein hochgeschlossenes Nachthemd übergezogen. Anschließend hatte sie ihren Schützling in eine dicke Daunendecke gehüllt und den Rücken, wie bei Kranken üblich, mit mehreren Kissen gestützt.
    Sie würde Edward also wie eine Prinzessin empfangen, die ihm vom Bett aus eine Audienz gewährte. Eine schweigende Audienz wohlgemerkt, so hatte sie es mit Estrelle vereinbart. Alles würde so sein wie in den letzten drei Monaten, in denen sie kein Wort über die Lippen gebracht hatte. Lena hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass Edward seinen Vater mit in ihr Schlafgemach bringen würde.
    «Raus!», befahl er Estrelle. «Und mach die Tür hinter dir zu!»
    Nervös verfolgte Lena den resignierten Abgang ihrer einzigen Vertrauten, als ihr Schwiegervater mit der gewohnt strengen Miene in ihr Zimmer trat. Er trug einen grauen Anzug passend zu seinem silbergrauen, gepflegten Haar und seinen grauen Augen, die Lena an die eines lauernden Wolfes erinnerten. Hatte sie ihm zu Beginn ihrer familiären Verbindung noch Respekt gezollt, so verachtete sie ihn nun abgrundtief dafür, was er Mama Baba und ihrem Sohn angetan hatte. Schlimmer noch, er hatte diese Tat offenbar nie bereut.
    «Guten Abend, Lena», begann er mit einer schmeichelnden Höflichkeit, die ihr nicht ganz geheuer war.
    In den letzten drei Monaten hatte er so gut wie gar nicht zu ihr gesprochen, und auch diesmal erwartete er offenbar keine Antwort. Edward trat unterdessen nervös von einem Fuß auf den anderen. Lena sah ihm an, dass er ihr gegenüber lieber eine forschere Gangart eingelegt hätte.
    «Ich habe gehört, dass schon wieder ein Fremder versucht hat, deiner habhaft zu werden, und das sogar in deinem eigenen Schlafzimmer. Es tut mir leid, dass du erneut so etwas Schreckliches durchmachen musstest. Edward hat die Wachen verschärft, damit so etwas nicht wieder vorkommt. Aber du könntest uns helfen, den Verdächtigen festzunageln. Weißt du vielleicht, ob dieser Mann ein Rebell ist? Und hatte er etwas mit deiner Entführung vor zwei Monaten zu tun?»
    Keine Reaktion.
    «Kanntest du den Mann? Kam er dir irgendwie vertraut vor?»
    Lena stellte sich stur und sagte

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