Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
Vom Netzwerk:
Zeit gibt und du noch hierbleiben darfst, bis ich zurückkehre. Wenn Jess zu sich kommt, gib ihm Wasser, Brandy und von dem Schmerzmittel, damit er nicht wieder in Ohnmacht fällt!»
    «Ich bin sicher, dass das Gericht ihn zum Tode verurteilen will», brachte Baba mit zitternder Stimme hervor.
    «Nicht, solange ich lebe», flüsterte Lena und beugte sich zu Jess hinab, um ihn zum Abschied behutsam auf die blutverkrusteten Lippen zu küssen. «Schon bald wirst du wieder frei sein», schwor sie leise, obwohl er schon wieder das Bewusstsein verloren hatte. «Verlass dich auf mich.»

    Als Lena wenig später zum King’s House einbog, der Residenz des General-Gouverneurs von Jamaika, rauschte ihr Lady Juliana entgegen. Sie war in ein luftiges Kleid aus cremefarbener Seide gehüllt und hatte das zarte Gesicht, samt dem dunklen, aufgesteckten Haar, unter einem monströsen Sonnenhut verborgen. In einem hellen Weidenkorb trug sie einen dicken Strauß rosafarbener Blüten, die ihr der Gärtner offenbar gerade in ihrem angrenzenden Garten geschnitten hatte.
    «Lady Helena, was für eine Überraschung», rief sie verwundert. «Sir Edward hat uns ausrichten lassen, es sei Ihnen unmöglich zu sprechen und Sie könnten sich nur eingeschränkt bewegen. Auch sagte man mir, Sie lägen immer noch krank danieder und dürften keinerlei Besuch empfangen. Und nun sind Sie hier?»
    «Ja, ich bin inzwischen genesen. Mir erscheint es selbst wie ein Wunder», sagte Lena und räusperte sich ungeduldig. «Ist der Gouverneur im Hause?»
    «Nein, tut mir leid», entgegnete Juliana mit einem Blick des Bedauerns. «Haben Sie denn nicht von den schrecklichen Sklavenaufständen gehört? Es hieß doch, auf Redfield Hall habe es auch gebrannt. Deshalb wundert mich, dass Sie offensichtlich alleine nach Spanish Town gekommen sind.»
    «Ich bin nicht alleine hier. Eine Sklavin hat mich begleitet. Die Brände sind gelöscht, und Edward wird als neuer Befehlshaber der Milizen alles tun, um uns zu beschützen. Wann wird der Gouverneur zurück erwartet?»
    «Das kann dauern. Somerset befindet sich wegen der Sklaven-Unruhen mit einem neu eingetroffenen schottischen Regiment in Trelawney. Vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen?»
    «Mal sehen», antwortete Lena und gab eine zensierte Kurzfassung ihrer Geschichte zum Besten.
    «Verstehe ich Sie richtig», erwiderte Lady Juliana mit undurchsichtigem Blick, «der Mann in der Zelle ist ein Baptistenpastor und sitzt unschuldig im Gefängnis?»
    «Ja, er ist ein wunderbarer Mensch. Ich habe nach meiner Rückkehr aus der Geiselhaft göttlichen Beistand benötigt, und er ist mir in meiner schweren Zeit zu Hilfe geeilt.» Lena bekreuzigte sich und sah Lady Juliana eindringlich an. «Sein einziges Verbrechen war, mich ohne Edwards Erlaubnis nach Port Maria zu begleiten, um mir zu beweisen, dass Gott der Herr ein Wunder bewirkt hat und ich wieder gesund bin. Vielleicht hätte ich Edward informieren sollen, aber er war gerade anderweitig beschäftigt, und ich war so froh, dass dieses schreckliche Leiden endlich von mir abgefallen ist. Aber all das ist kein Grund, einen Unschuldigen auf meine Kosten völlig umsonst leiden zu lassen. Der Mann hat mich mit Gottes Hilfe geheilt. Warum soll er jetzt dafür büßen?»
    «Sie haben vollkommen recht», bestätigte Lady Juliana und nickte verständnisvoll. «Es ist bestimmt angemessen, wenn ich Ihnen in dieser Angelegenheit beistehe.»
    «Als Allererstes benötigt der Gefangene einen Arzt», verlangte Lena ungeduldig. «Und danach sollte man ihn schnellstmöglich in die Freiheit entlassen. Hier handelt es sich um einen Irrtum der Justiz.»
    «Kommen Sie mit», beschloss die Lady und drückte den Korb mit den Blumen einer vorbeieilenden Sklavin in die Arme.
    Mit einem zuversichtlichen Lächeln nahm sie Lena an die Hand, als ob sie eine nahe Verwandte wäre, und führte sie ins benachbarte Parlamentsgebäude.
    «Wir werden den diensthabenden Advokaten aufsuchen, der die Sache zu Ihrer Zufriedenheit klären wird.»
    Am liebsten hätte Lena sich losgerissen und wäre gerannt, als Lady Juliana nicht den kürzesten, sondern den schattigsten Weg zum House of Assembly wählte. Atemlos vor Anspannung, ob Lady Julianas Macht weit genug reichte, um Jess das Leben retten zu können, folgte sie ihr über den weitläufigen Vorplatz, der bis zur breiten Aufgangstreppe mit weißem Kies ausgestreut war. Einige Kutschen warteten im Schatten der Palmen auf zahlungskräftige Kunden oder die Rückkehr

Weitere Kostenlose Bücher