Flammen Der Nacht -4-
seine Finanzen steht. So eng sind wir auch wieder nicht befreundet.«
Gloria klappte erkennbar enttäuscht die Kinnlade herunter. Die Türglocke bimmelte, und sie ging hastig zu dem Tisch, an den sich vier neue Gäste gesetzt hatten.
Zwei weitere Typen, nach der Kleidung zu urteilen Bauarbeiter, hockten an der Bar.
Eine Weile später kam Gloria wieder an Firebirds Tisch und goss ihr Kaffee nach. Sie blickte auf den halb verputzten Teller. »Schon satt?«
»Ich kann echt nicht mehr«, stöhnte Firebird. »Jedenfalls gibt es hier die weltallerbesten Eclaires«, schob sie lächelnd nach.
»Ich bin der lebende Beweis.» Gloria strich über ihre mollige Taille. »Hören Sie, ich glaub nicht, dass er zu Hause ist.«
»Douglas?«
»Heute Morgen – es war noch irrsinnig früh – sah ich, wie er zu einem Einsatz bretterte. Vermutlich irgendeine bescheuerte Verkehrskontrolle oder so. Hat mich auch schon mal verwarnt. Hielt mir einen Vortrag, wie wichtig ich für die Gemeinschaft sei und dass Geschwindigkeitsüberschreitungen zu tödlichen Unfällen führen könnten und, und, und. Dabei fixierte er mich mit seinen dunklen Augen, als könnte er mir die Zukunft prophezeien.« Gloria schauderte unwillkürlich. »Ich bekam eine Mordsangst, das kann ich Ihnen flüstern.«
»Seitdem halten Sie sich an die vorgeschriebene Geschwindigkeit? «
»Nee, das nicht unbedingt, aber ich guck öfter mal in den Rückspiegel.« Gloria schob ihr die Rechnung hin.
Firebird lachte und kramte nach ihrer Brieftasche. Gloria erhaschte zwar einen Blick auf den Führerschein, der Name war jedoch nicht lesbar. Es hätte der
jungen Frau gerade noch gefehlt, dass die Kellnerin, die offenbar über alles in der Gegend informiert war, damit hausieren ging, dass eine Frau mit dem sonderbaren Namen Firebird den diensthabenden Cop suchte. Firebird hatte zwar nicht vor, Douglas auszuspionieren; trotzdem musste nicht gleich jeder wissen, was sie vorhatte.
»Brauchen Sie eine Wegbeschreibung zu dem alten Quackenbush-Haus?«
»Nicht nötig, ich hab ein Navi.« Firebird packte Gloria am Handgelenk. »Es soll eine Überraschung werden. «
Gloria blickte von Firebirds Hand in deren Gesicht. »Sie sehen nicht aus wie eine Exehefrau, die einen Hass auf ihn hat, oder wie eine weltweit gesuchte Terroristin. Machen Sie mal. Ich halt meine Klappe, bis Sie ihn gefunden haben, okay?«
»Danke.« Firebird schob ihr ein großzügig bemessenes Trinkgeld hin. Dann steckte sie sich einen Streifen Kaugummi in den Mund und ging durch das Lokal zu ihrem Wagen.
Die zwei Typen an der Bar zogen sie buchstäblich mit Blicken aus.
Widerliche Ekelpakete.
Okay, sie sah gut aus. Sie hatte sich tagelang Gedanken gemacht, wie sie sich für diese Begegnung kleiden sollte. Sie wollte locker-lässig rüberkommen, businesslike und verlässlich und natürlich reifer. Schließlich hatte sie sich für was Bequemes und Warmes entschieden: dunkle Jeans, einen grünen Kaschmirpulli mit V-Ausschnitt und dazu schwarze, flache Stiefeletten. Darüber
trug sie einen kniekurzen, regenabweisenden Steppmantel mit Kapuze, denn am Pazifik war es um diese Jahreszeit – und eigentlich immer – kühl.
Sie warf sich an der Tür den Mantel über.
Die Typen am Tresen pfiffen anerkennend.
Douglas sollte den beiden gelegentlich mal ein, zwei Takte in puncto gutes Benehmen gegenüber einer attraktiven Frau geigen, fuhr es ihr durch den Kopf. Bei Doug hatte sie das nie gestört. Er hatte dieses gewisse Etwas, dass sie die rigiden Moralvorstellungen, die ihre Eltern ihr eingeimpft hatten, komplett ausblendete und ohne groß nachzudenken mit ihm ins Bett gestiegen war.
Sie lief nach draußen.
Auf der Fahrt zu dem fraglichen Haus erkannte sie, wo ihr großes Problem lag. Er hatte sich nicht großartig anstrengen müssen, sie zu verführen. Er hatte sich sündhaft gern von ihr verführen lassen. Und nachdem sie ihn verlassen hatte, konnte sie noch so sauer auf ihn sein, sie begehrte ihn immer noch. Sie war in ihn verliebt.
Vielleicht … vielleicht hatte sie sich umsonst gequält.
Inzwischen war ihr Problem ein ganz anderes.
Sie bog von der Main Street auf den Sutterman Drive, der sich in engen Kurven durch das felsige Gelände schlängelte. Kurz vor dem Gipfel entdeckte sie ihr Ziel: Sie bog nach rechts auf die Seaview Road, mit einem himmlischen Blick auf den Pazifischen Ozean, und nach einer weiteren halben Minute Fahrt erreichte sie das einsame Haus am Ende der Straße, erhöht auf einem Felsen.
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