Flammen Der Nacht -4-
Feuer knisterte im Holzkohlenofen, und der Duft köstlicher Pizzen und Nudelgerichte erfüllte den Raum. Trotz fortgeschrittener Stunde und kaum Touristen im Ort, war das Restaurant gut besucht – Mario war der beste Italiener weit und breit.
Er führte sie zu einem Tisch. Unterwegs nickte Doug den Leuten zu, die er kannte. Ein kurzes, reserviertes Nicken, mehr nicht.
Er fand es praktischer, Distanz zu wahren, als Freundschaften zu schließen. Freunde erwarteten Gespräche, Geselligkeit, dass man sich ihre Namen merkte, die Namen ihrer Kinder, die Namen ihrer Haustiere. Sie wollten seine Meinung wissen, stellten Fragen, woher er kam und wer er war. Für einen Mann wie Douglas Black waren Freundschaften problematisch.
»Da. Die Ecktisch! Meine beste Tisch!« Mario schob Firebird einen Stuhl hin. »Die Carabinieri kann sitze mit Rücken zu Wand. Ich kenne Carabinieri, sitze am liebste mit Rücken zu Wand. Aber bella Signorina kann sitze am Fensta mit prima Aussischt. Grandios, si?«
»Ja, der Blick ist fantastisch.« Firebird drückte sanft Marios Hand. »Danke. Das ist wahnsinnig nett von Ihnen. «
Firebird blickte über den weiten Ozean und entspannte sich zusehends. Weit draußen schob sich die untergehende Sonne tastend durch die dunkle Wolkendecke, spiegelte sich in pastellzarten Lichtstreifen auf der wogenden Wasserfläche.
Doug lächelte. Ein kurzes, gezwungenes Lächeln.
»Die Signorina isse bellissima!« Mario gestikulierte temperamentvoll mit seinen Händen. »Heute Abend Sie bekomme meine beste Kellner, Quentin. Und eine suuuper Essen, mit diese Finger selbst gemacht!« Er wedelte mit seinen Fingern über den Tisch, dann tänzelte er in die Küche.
Firebird sah ihm hinterher, ein ungläubiges Lächeln umspielte ihre Lippen. »Was für ein netter Mann.«
»Sein Akzent klingt ziemlich aufgesetzt … wenn der Italiener ist, fress ich einen Besen.«
Sie zuckte wegwerfend mit den Schultern. »Keine Ahnung. Kann doch sein.« Spontan ging sie auf ihn los. »Das musst ausgerechnet du sagen.«
»Wie meinst du das?«
»Du erzählst nicht gerade viel über dich.«
Korrekt. Und er wollte es auch gern so belassen.
»Wir sind nicht hier, um über mich zu sprechen,
sondern über unseren Sohn. Hast du eine Vorstellung, wie wir das mit dem Kennenlernen arrangieren können? «
»Lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen. Er erwartet dich schon. Ich hab ihm erzählt, dass ich ihm seinen Daddy mitbringen will.«
Doug erstarrte. Er war zwar sauer gewesen, dass er Aleksandrs erste Lebensjahre verpasst hatte, aber an den Gedanken, abrupt ins kalte Wasser geworfen zu werden, musste er sich erst mal gewöhnen. Was erwartete Aleksandr von ihm? Würde er enttäuscht sein? Doug wusste aus Erfahrung, dass er gut mit Kindern umgehen konnte. Kinder liebten ihn.
Aber das … das hier war etwas anderes. Dieses Mal ging es um seinen Sohn.
»Was hat er gesagt?«
»Er will einen Daddy. Er hat immer einen Daddy gewollt. « Doug hatte Angst, stellte sie lächelnd fest. »Du bist seine liebste Fantasie.«
»Kann mir schwerlich vorstellen, dass mich jemand zu seiner liebsten Fantasie macht.«
»Das würde ich so nicht sagen«, wisperte sie.
Der Schwung ihrer pfirsichzarten Wangen, wenn sie so lächelte wie in diesem Moment, erinnerte ihn an den Beginn ihrer Romanze. Damals hatte sie ihn zärtlich angehimmelt, als wäre er ihr Ritter in schimmernder Rüstung.
Nach fast drei Jahren hatten sie sich heute wiedergesehen, verbittert und enttäuscht, und die Wunden würden so schnell nicht heilen. »Du bist einfach abgehauen. «
Firebirds Miene gefror bei der Erinnerung an das, was sie damals durchgemacht hatte. »Weißt du, manchmal ist Fantasie ein anderes Wort für Albtraum.«
»Kannst du mir bitte mal erklären, was das heißen soll? Wieso bin ich für dich ein Albtraum?«
»Du hast dich verändert.«
Er blies die Backen auf. Wie sollte er das jetzt wieder verstehen?
Sie senkte unsicher den Blick. Dann zog sie einen Umschlag aus ihrer Handtasche, nahm das oberste Foto heraus und legte es auf den Tisch. »Das ist Aleksandr. Er liest ein Buch.«
Aha, Themenwechsel. Trotzdem sollte er der Wahrheit auf den Grund gehen. Sie hatte gesagt, er habe sich verändert. Wie verändert? Zum ersten Mal blendete er seinen Ärger und seinen Groll aus und fragte sich, ob er womöglich selbst schuld war an ihrer Trennung?
Sein Blick fiel auf das Foto des Kleinen. Aleksandr saß in einem Hochstuhl und blätterte in einem Liebesroman.
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