Flammen Der Nacht -4-
Firebirds Reaktion. War sie schockiert und bestürzt darüber, dass seine Eltern ihn ausgesetzt hatten? Oder ärgerte sie sich heimlich, dass der Vater ihres Kindes aus denkbar ungeordneten Verhältnissen stammte? Doug war auf alles gefasst. »Der Rancher rief im Kinderheim an. Sie holten mich bei ihm ab und schalteten eine Suchanzeige in der Zeitung.«
»War es eine große Story?«
»Nein. Ein paar Zeilen im Lokalblättchen, mehr nicht. Wieso?«
»Weil die Nachrichtenagenturen normalerweise auf solch herzzerreißende Storys abfahren, meine ich.«
»Das mag sein – wenn meine Eltern sich hätten blicken lassen. Taten sie aber nicht, und ich war mehr tot als lebendig, Sonnenbrand zweiten Grades, unterernährt, und ich hatte psychisch einen Knacks weg. Ich muss in meinem ersten Lebensjahr ständig geheult haben.«
»Kein Wunschkind für eine Adoption.«
»Ganz bestimmt nicht. Mein Grundschullehrer meinte, aus mir würde nie etwas werden.« Komisch, dass ihm das jetzt wieder einfiel.
Firebird presste die Lippen zu einer schmalen Linie aufeinander und schüttelte verständnislos den Kopf.
»Ich entsinne mich, dass ich mich dauernd geprügelt
hab, einmal mit einem Mädchen, aber keine Sorge, sie hat den Kürzeren gezogen.»
»Du hast dich mit einem Mädchen geprügelt?« Firebird musste ungewollt grinsen.
»Ich war vier. Sie war sechzehn, eine von den Tussis, die auf Mitgefühl mit den Waisenkindern machen, um bei ihrer Gemeinde zu punkten. Sie wollte sich um die Babys kümmern und nicht um vierjährige Rotznasen, folglich stürzte sie sich auf dieses kleine stotternde Mädchen mit der dicken Brille.«
Firebirds Grinsen verlor sich.
Er sah im Geiste wieder das selbstgefällig grinsende Gesicht der Sechzehnjährigen vor sich und hörte ihre Schreie, als er seinen Kopf in ihren weichen, schwammigen Bauch gerammt hatte. »Gott, wie ich diese Bevormundung und Schikane gehasst hab.«
»Bist du deshalb Cop geworden?«
»Nein, aber als Cop kann ich meiner Familie nachspüren, ohne als Stalker verdächtigt zu werden.«
»Und weil du dich ungern bevormunden lässt«, schloss sie lächelnd.
Er überlegte. »Mag sein. Jedenfalls wurde ich nicht adoptiert und lebte in Waisenhäusern und Kinderheimen, bis ich … abhaute.«
»War es so schlimm?«
»Teilweise schon.«
»Trotzdem ist aus dir ein guter Mensch geworden. «
Träum weiter, Schätzchen.
Das war Firebirds Problem. Sie sah stets das Gute in den Menschen. Sie war zwar vorsichtig und distanziert
bei Fremden und wusste sich zu schützen. Trotzdem sah sie erst einmal das Positive, und als sie Doug auf dem Campus kennen lernte, setzte sie ihn spontan auf die Liste der good guys.
Wenn er mit ihr zusammen war, versuchte er ihrem Bild von ihm gerecht zu werden. Verdammt, was er sich dabei gedacht hatte, wusste er selbst nicht … Oder doch, eigentlich schon. Er hatte alles tun wollen, um sie rumzukriegen.
So einfach war das.
Das Problem war, dass er noch immer so dachte.
»Der Salat ist köstlich!«, schwärmte sie. »Ich hatte einen Mordshunger.«
»Du hast immer Hunger.« Trotzdem war sie schlank wie ein Model.
»Ja«, räumte sie strahlend ein. »Ich freu mich schon auf die Pizza.«
Heute Nachmittag waren sie sich verdammt nahe gekommen, es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre leidenschaftlich über Firebird hergefallen. Die Washington State Police hatte mal wieder im unpassendsten Moment angerufen und ihn zum Einsatz beordert. Er hätte die Fahrerin, die sich in der Kurve an der King Junction überschlagen hatte, im Nachhinein einen Kopf kürzer machen mögen. Stattdessen hatte er den Sanitätern geholfen, die Unfallstelle untersucht und war dann wie ein Hündchen nach Hause gedackelt – als hielte Firebird ihn an der Leine.
Dabei hatte er geglaubt, dass sie längst wieder weg war.
Er schaufelte seine Salatportion in sich hinein – ein
Cop aß meistens zu schnell, weil er selten Zeit zum Essen hatte – und schob seinen Teller weg. »Als ich acht war, hatte ich Ärger in Carson City. Irgendwas mit einem organisierten Hehlerring.«
Firebird erstarrte, ihre Gabel auf halbem Wege zum Mund.
»Die staatliche Fürsorge beschloss, mich nach Las Vegas abzuschieben.«
»Las Vegas? Na super«, muffelte sie und legte die Gabel auf den Tellerrand.
»Um den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben …«
Sie stöhnte leise auf.
»Die Idee war brillant. Dort wohnte diese Lady, Mrs. Fuller. Sie übernahm schwere Fälle wie mich und brachte uns auf den Pfad
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