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Flammen der Rache

Flammen der Rache

Titel: Flammen der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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schwarzen, rußigen Schicht behaftet, die sofort in Flocken abfiel, als er sie berührte. Dazwischen befand sich etwas Schmales, Hartes, Unregelmäßiges. Er schabte mit der Klinge, bis die Form erkennbar wurde. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er nahm den kleinen Gegenstand auf, rieb ihn zwischen den Fingern und kratzte mit den Nägeln, bis die schwarze Schicht sich löste. Es war ein winziger Schlüssel aus purem Gold.
    Er kannte diesen Schlüssel. Ihm rutschte das Herz in die Hose.
    »Was ist das?«, fragte Kev.
    Bruno tippte auf das flaumige Zeug. »Meine Babylocken«, sagte er. »Und das hier war früher mal ein Kinderfoto von mir. Und das …« Er hielt den Schlüssel hoch. »Das ist der Schlüssel zu einem Geheimfach in der Schmuckschatulle meiner Mutter. Ein weiteres Brautgeschenk von meinem
bisnonno
an meine
bisnonna
. Genau wie das Medaillon. Es gibt darin ein Paneel, das man zur Seite schieben kann. Dahinter befindet sich das Schloss zu einem doppelten Boden.«
    »Und hast du diese Schmuckschatulle in deinem Besitz?«, fragte Sean hoffnungsvoll. »Es ist ein Familienerbstück, nicht wahr? Oder hat Rosa sie?«
    Bruno ließ die Schultern hängen. »Nein, ich habe sie nicht. Und meine Tante auch nicht.«
    Kev seufzte tief. Sean stand auf und bewegte seine eingeschlafenen Beine. »Komm schon, Bruno. Du hast keine Idee, wo sie sein könnte? Überhaupt keine?«
    »Ich weiß, wo sie am 28. März 1993 um zehn Uhr abends war, als wir die Wohnung verließen und zum Busbahnhof fuhren«, antwortete er. »Sie stand auf dem Nachttisch in meinem Zimmer. Meine Mutter hatte sie dort deponiert, um zu verhindert, dass Rudy ihren Schmuck verpfändete. Dann sind wir gegangen, und ich habe sie nie wiedergesehen. Oder meine Mutter.« Bruno schüttelte den Kopf. »Sie könnte praktisch überall sein. Es ist achtzehn Jahren her.«
    Wie um ihr Elend noch zu vergrößern, hatte der Regen wieder eingesetzt.
    Kev legte ihm die Hand auf die Schulter. »Nein, nicht überall«, widersprach er. »Sie befindet sich im Besitz desjenigen, der das Recht oder ein Interesse daran hatte, Magdas persönliche Dinge nach ihrem Tod aus ihrer Wohnung zu holen. Da kommen nur wenige infrage. Es ist eine kurze Liste, angeführt von deiner Großmutter Pina.«
    »Das sind ja wunderbare Aussichten«, grummelte Bruno. »Falls sie mir nicht den Hals umdreht, sobald sie mich sieht. Die Schatulle könnte auch von einem unserer Nachbarn gestohlen und gegen Crack eingetauscht worden sein. Oder der Hausmeister hat sie in einen Abfallbeutel gestopft, und sie ist auf einer Mülldeponie gelandet.«
    »Und wenn schon. Irgendwo musst du anfangen. Das ist mehr, als du vorher hattest.«
    Das stimmte. Zumindest hatte er jetzt das Medaillon. Ein kleines Stück von seiner Mutter, das nach all den langen Jahren in der Erde immer noch funkelte. Ein Glücksbringer. Trotzdem wünschte Bruno, er hätte mehr vorzuweisen, nachdem die vier Männer sich ihm zuliebe den ganzen Tag halb totgeschuftet hatten.
    Gleich danach brach hektische Betriebsamkeit aus. Der Fund des Medaillons hatte neue Energiereserven freigesetzt. Sie informierten Davy und Connor über die jüngste Entwicklung, woraufhin die beiden beschlossen, ihren Wachdienst an den Nagel zu hängen und bei den Aufräumarbeiten zu helfen, damit sie so schnell wie möglich von dort verschwinden konnten. Es ging schneller, wenn alle fünf zusammenarbeiteten, aber trotzdem nicht schnell genug, denn die Nacht brach herein.
    Als Erstes mussten die Knochen wieder in der Erde verschwinden. Sie wickelten sie in die Plane, verfrachteten sie zurück in das Loch und schaufelten so viel von der zuvor ausgehobenen Erde darauf, wie sie konnten. Es war ein schwieriges Unterfangen, weil sie mittlerweile überall verteilt war und der Regen weitere Teile davon in Morast verwandelt hatte. Am Ende war die Grube noch immer eine traurige, eingesunkene Schlammsuhle.
    Darum sammelten sie Felsbrocken und häuften sie darauf, als wollten sie ruhelose Geister ein für allemal begraben. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits stockdunkel, und sie trugen alle Infrarotbrillen. Als der Geröllhaufen kniehoch war, hörten sie auf.
    »Zufrieden?«, fragte Sean.
    »Fast.« Bruno schaute Kev an. »Du hast etwas vergessen.«
    Kev lachte lauthals. »Ja, natürlich.«
    Bruno und Kev öffneten ihre Hosenställe, und die anderen folgten ihrem Beispiel. Feierlich pinkelten sie alle auf die aufgestapelten Steine. Die Infrarotbrillen sorgten für einen seltsamen Effekt.

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