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Flammen der Rache

Flammen der Rache

Titel: Flammen der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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übersäter Kerker wäre weniger Furcht einflößend gewesen.
    Ein kleines Bad grenzte an die Zelle. Lily trat ein und entdeckte eine weitere Kamera. Also wollten sie ihr auch beim Pinkeln zusehen.
    Sie erledigte ihr Geschäft und zog sich an. Ihr Arm war bandagiert, tat aber trotzdem weh. Die Schnittwunde fühlte sich heiß an. Es prangten ein paar alte Bluttropfen auf dem Verband, außerdem schimmerte ein gelblicher Fleck durch. Sie spähte unter den Mull. War das zu fassen? Jemand hatte die Wunde genäht.
    Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder hatten sie beschlossen, sie am Leben zu lassen, nur um sie mit Angst und Ungewissheit zu foltern, oder sie war gestorben und in der Hölle gelandet, als Strafe für ihre negative Einstellung und ihr vorlautes Mundwerk.
    Aber letztendlich bestand kein großer Unterschied zwischen den beiden Alternativen. Lily starrte auf das Essenstablett. Sie konnte schwer sagen, ob ihr Magen sich danach sehnte oder davon abgestoßen war. Auch das machte kaum einen Unterschied. Kalorien könnten ihr helfen. Und ob nun Folter oder Fegefeuer auf sie warteten, es war eher unwahrscheinlich, dass diese Verbrecher sich all die Mühe machten, nur um sie zu vergiften.
    Sie hockte sich im Schneidersitz auf die Pritsche und verschlang alles, was auf dem Tablett lag, inklusive einer Excedrin. Anschließend stellte sie es zusammen mit den leeren Verpackungen zurück ins Regal und setzte sich wieder hin.
    Sie versuchte, eine Leere in ihrem Kopf zu bewahren. Es gab nichts Konstruktives, über das sie hätte nachdenken können. Und an Bruno zu denken schmerzte zu sehr. Er lebte in dieser Parallelwelt, diesem Fantasieuniversum, das vielleicht hätte real werden können, wenn Lily die richtige Zahl gewürfelt hätte. Doch das hatte sie nicht.
    Schöne Scheiße. Hier war sie nun, und hier würde sie bleiben. Sie starrte mit weit offenen Augen, ohne zu blinzeln, auf die Wand und ließ das grelle Licht in ihren Kopf, als könnte sie ihr Hirn wie einen Film überbelichten, um alles daraus zu löschen. Jeden Gedanken, jedes Gefühl.
    Die Zeit verstrich. Das Hämmern in ihrem Kopf ließ nach. Ihr entzündeter Arm fühlte sich immer noch heiß an. Ihr Magen verlangte knurrend nach mehr Nahrung. Sie konnte nicht aufhören, mit den Zähnen zu klappern.
    Würde. Ruhe. Gleichmut. Das war vermutlich die Lösung. Lily würde sich bemühen, nicht zu jammern oder zu weinen. Sie hatte ihnen lange ein Schnippchen geschlagen und hätte Geld darauf gewettet, dass sie ihnen mehr Ärger gemacht hatte als erwartet. Und darüber empfand sie mehr Stolz als auf alles andere in ihrem Leben.
    Sie dachte an die Zeichnung von ihrer Mutter, dann an den hoffnungsvollen Ausblick auf eine rosige Zukunft mit Bruno, und das Herz wollte ihr in der Brust zerspringen.
    Nicht gut. Sie musste kühl und distanziert sein. Ein leerer Kopf war besser.
    Sehr lange musste sie nicht warten. Nach etwa einer halben Stunde klickte die Tür und ging auf.
    Es war die falsche Krankenschwester. Sie trug nun Jeans und ein Sweatshirt der Columbia Universität und hatte ihre Haare zu einem hohen, wippenden Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie sah jugendlich frisch und gesund aus, wie ein Mädchen aus der Schulvolleyballmannschaft. Lily konnte sich niemanden vorstellen, der weniger wie eine durchtriebene Entführerin und Mörderin aussah.
    Sie zwang die verbrauchte Luft aus ihren Lungen. Ihre Gehirnzellen brauchten Sauerstoff. Wortlos wiederholte sie ihr Mantra.
Würde. Ruhe. Gleichmut
.
    Während sie darauf wartete, dass die Frau als Erste das Wort ergriff, kämpfte sie gegen den Impuls an, zu flehen und zu betteln.
    Diese miese Schlange wirkte überaus selbstzufrieden. Ihre dunklen Augen funkelten. Sie hielt einen dampfenden Pappbecher hoch.
    »Wir dachten, du möchtest bestimmt einen Kaffee«, sagte sie. »Er ist genau so wie du ihn magst. Eine dunkle Röstung, ohne Zucker, dafür mit echter Sahne.«
    Wasser schoss aus ihren Speicheldrüsen. »Woher wisst ihr, wie ich meinen Kaffee trinke?«, krächzte sie.
    »Wir wissen alles. Hier, bitte. Danach fühlst du dich bestimmt besser.«
    Lily beobachtete den aufsteigenden Dampf und versuchte zu kalkulieren, wie viel Würde, Ruhe und Gleichmut sie wohl aufgeben würde, indem sie ihn annahm. Sie kam zu dem Schluss, dass jeder verlorene Punkt von dem Vorteil, den das Koffein mit sich brachte, aufgewogen würde. Sie musste sich beherrschen, dieser hinterlistigen Hexe nicht auch noch zu danken, nur weil sie ihr einen

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