Flammen der Rache
irritiert. »Warum sollte er sein verficktes Handy zurücklassen?«
»Weil sie es ihm befohlen haben! Verdammte Scheiße!
Verdammt!
«
»Oh, und wegen des Telefons!« Die alte Dame schloss atemlos und mit hervorquellenden Augen zu ihnen auf. »Er ist einfach mit meinem Festnetztelefon davonmarschiert! Das Ding hat mich vierunddreißig Dollar gekostet! Ich werde ihn anzeigen!«
»In welche Richtung ist er gegangen, Ma’am?«, fragte Sean.
Sie starrte ihn blinzelnd an. Sean lächelte freundlich. »Wenn Sie uns sagen, wo er hin ist, werden wir versuchen, Ihr Telefon zurückzuholen«, beschwatzte er sie.
Mit einem misstrauischen Schnauben reckte sie den Daumen nach rechts.
Sie hetzten zur Straße. Kein Bruno. Autos fuhren in beiden Richtungen an ihnen vorbei. Kev sah zu, wie Sean das Telefon vom Boden aufhob, es an sein Ohr hielt und den Kopf schüttelte. Kein Empfang. Er streckte es der schimpfenden alten Dame entgegen.
»Ihr Telefon, Ma’am«, sagte er höflich. »Heil und unversehrt.« Dann schaute er Kev mit furchtsamem Blick an. »Komm mal hier rüber, Bruder. Sieh dir das an.«
Kev machte sich auf das Schlimmste gefasst, bevor er die Nachricht auf dem Van las.
Lily ich musste verzeiht mir
»Oh Gott. Bruno.« Kev sackte kraftlos nach vorn, stützte sich ab und lehnte die Stirn an den schmutzigen Wagen. Dabei hatte er gedacht, sein Leben hätte eine Wendung zum Guten genommen, weil er nun Edie hatte und seine Familie. Er hatte geglaubt, dass nun endlich alles in Ordnung wäre und er sich ein wenig Glück und Frieden verdient hätte. Aber nein. Das Schicksal schaffte es noch immer, ihm einen neuen Schlag zu versetzen. Es war so einfach, alles zu zerstören. Oh Bruno.
Sean drückte seine Schulter. »Kev, es tut mir unendlich leid.«
Er konnte nicht antworten. Es kostete ihn alle Kraft, nicht zusammenzubrechen.
»Hör mal«, sagte sein Bruder. »Ich weiß, wie beschissen die Situation ist, aber wir müssen uns zusammenreißen und verschwinden, bevor die Alte wirklich noch die Polizei ruft.«
Kev richtete sich auf und rieb sich durchs Gesicht. »Du hast recht«, murmelte er.
»Lass uns deine verrückte Tante Rosa abholen«, schlug Sean vor. »Hoffen wir, dass sie eine brillante neue Idee für uns hat. Ich weiß nämlich nicht mehr weiter.«
Sie ernteten zeternden Protest, als sie ein weiteres Mal über Pina Ranieris Grundstück liefen, aber darauf kam es jetzt nicht an. Ihre schrillen Verwünschungen verklangen bereits, und es war der schnellste Weg zu ihrem Auto.
Allerdings hätten sie nicht sagen können, warum sie es überhaupt noch so eilig hatten.
29
Lily strauchelte, als Zoe sie den Korridor hinunterschleifte. »Ach, herrje«, sagte sie. »Du siehst echt beschissen aus. Was ist passiert? Hattest du die Grippe?«
»Halt die Fresse.« Zoe riss Lily von den Füßen. Sie knallte mit den Knien auf den kalten, harten Betonboden und stieß ein schmerzerfülltes Keuchen aus.
»Wir haben uns doch erst vor einer Woche gesehen«, quasselte Lily unbeirrt weiter.
Zoe sah aus wie ein Wrack. Stress würde sie zusätzlich schwächen, und wenn Lily in einem gut war, dann darin, Leuten auf die Nerven zu gehen.
»Oben bei der Hütte hast du toll ausgesehen«, fuhr sie fort. »Das ist mir aufgefallen, obwohl du versucht hast, mich abzuknallen. Ich fand dich auch an dem Tag, an dem du meinen Vater ermordet hast, sehr hübsch. Das Töten scheint dir gut zu bekommen. Aber jetzt siehst du echt scheiße aus. Du musst mindestens zwölf Kilo abgenommen haben. Dein Gesicht ist ganz runzlig. Wie kommt das?«
»Ich sagte:
Halt die Fresse!
« Zoes Stimme überschlug sich, als sie Lily so brutal auf die Füße zerrte, dass ein sengender Schmerz durch ihre verletzte Schulter fuhr.
»Du solltest diese Gelbsucht untersuchen lassen«, provozierte Lily sie weiter. »Eine Leberfunktionsstörung schmeichelt absolut nicht dem Teint.«
»Halt die …
Schnauze!
« Zoe versetzte Lily eine solch brutale Ohrfeige, dass sie gegen die Wand flog, von ihr abprallte und ein weiteres Mal auf dem Boden landete. Die Hand auf ihr brennendes Gesicht gepresst kauerte Lily sich zusammen.
Zoe beugte sich vornüber, stützte die Hände auf die Knie und starrte sie an. Sie keuchte mit offenem Mund. Ein Muskel zuckte gut sichtbar an ihrem knochigen Kiefer. Jedes Detail ihres Gesichts – Venen, Sehnen, Knochen – stach scharf hervor, wie bei einem mumifizierten Totenschädel, den man in gelbes Wachs getaucht hatte.
Zoe kniff so fest die Augen
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