Flammen der Rache
fasst es als Kompliment auf.«
»Ein seltsames Kompliment, wenn du mich fragst, aber wenigstens wirst du langsam wieder greifbar für mich. Danke, Gott, für diese kleine Gnade. Ich werde mich sogar bei Bruno bedanken.«
Falls ich je die Chance bekomme
. Der Gedanke hing unausgesprochen zwischen ihnen in der Luft.
Kev sammelte die Disketten ein und verstaute sie wieder in der Schmuckschatulle. Anschließend stellten sie den Laptop aufs Armaturenbrett und warteten.
33
Die Kamera folgte ihr auf dem Heimweg von der Schule und beobachtete aus gespenstischer Nähe, wie Lily ihren Ranzen auf die Eingangsterrasse und ins Haus schleppte. Ihrer Frisur und dem Babyspeck nach zu urteilen musste sie ungefähr sechzehn sein. Dann schwenkte die Kamera in eine seltsame, von Blättern umrahmte Perspektive. Sie erkannte, dass sie sich direkt vor ihrem Schlafzimmerfenster befinden musste, in genau dem richtigen Winkel, um durch eine Lücke in den Jalousien zu spähen.
Sie zog sich aus und ging nackt ins Badezimmer.
Das Video wechselte abrupt zu einer Innenaufnahme. Die Kamera stieß vorsichtig die Tür auf und richtete sich auf Lilys unscharfe Gestalt hinter dem Plastikvorhang. Sie summte leise, während sie sich duschte.
Schnitt auf ihr Zimmer. Die Linse nahm ihre Kleidungsstücke ins Visier, die auf dem Boden verstreut lagen. Sie fokussierte sich auf ihren zusammengeknüllten Slip. Eine Hand in einem Latexhandschuh nahm ihn auf. Die Person schien ihn lange zu inspizieren. Ein Schnüffeln war zu hören.
Schnitt auf einen anderen Ort, an dem es nicht viel Licht gab. Vielleicht der Fond eines Wagens. Die Latexfinger öffneten die Hose eines Mannes, und die Kamera richtete sich auf den geröteten, erigierten Penis, der aus ihr herausragte. Die Hand wickelte Lilys pinkfarbenen Schlüpfer um das Glied und fing an zu reiben.
Lily wandte den Blick ab. Es brachte nichts, sich diesen Dreck anzusehen. Die ersten beiden Male waren genug gewesen. Aber sie konnte nicht aufhören, an Howard zu denken. Wie er sich angesichts dieser hasserfüllten, grausamen Bilder gefühlt haben musste. Was es bei einem Menschen, einem Elternteil anrichten musste, Jahr für Jahr von Entsetzen und Schuldbewusstsein zugrunde gerichtet zu werden.
Sie war so zornig auf ihn gewesen. Howard hatte zusätzlich zu allem anderen auch noch die Bürde der Wut und Enttäuschung seiner Tochter zu tragen gehabt. Er hatte nie die Chance bekommen, sich zu erklären oder zu entschuldigen. Kein Wunder, dass er daran zerbrochen war. Sie stand selbst kurz davor.
Lily schaute genau im falschen Moment auf den Monitor und musste mitansehen, wie der Mann ejakulierte und das Auge der Kamera genüsslich lange auf dem nassen Fleck auf ihrem zerknüllten Höschen verharrte. Es war absolut ekelhaft. Sie hielt sich den Magen und musste sich stark konzentrieren, damit ihr das armselige Mittagessen nicht hochkam, das sie ihr gegeben hatten. Sie würde jede einzelne Kalorie brauchen. Nicht, weil sie auf die Freiheit hoffte – das wäre zu hoch gegriffen und zu viel erwartet –, aber sie wollte sich die Chance bewahren, die Karten auf dem Tisch zu tauschen. Vielleicht könnte sie den Würgegriff des Verhängnisses doch für ein oder zwei Sekunden abschütteln. Selbst das wäre schon ein Sieg.
Lily war froh, dass sie etwas gefunden hatte, womit sie ihre Hände beschäftigen konnte, während sie die Videomontage zu ignorieren versuchte. Sie hatte das Herstelleretikett auf dem Gestell der Pritsche entdeckt, es abgezogen und sich damit in eine Ecke verkrochen, wobei sie sorgsam darauf achtete, besiegt, verängstigt und jämmerlich zu wirken. In dieser Position hatte sie die mit Klebstoff beschichtete Rückseite des Etiketts in winzige graue klebrige Kügelchen gerollt und sie an der Innenseite ihrer Fingergelenke befestigt. Insgesamt waren es sechzehn kleine, selbsthaftende Kugeln.
Sobald das vollbracht war, beugte sie sich vornüber und ließ die Haare vor ihr Gesicht fallen, um wie die klassische Verrückte in ihrer Zelle zu wirken. Sie nahm sich die Karte mit den roten Punkten vor, wobei sie extrem vorsichtig war. Die Drogen würden sie töten, falls Zoe die Wahrheit gesagt hatte. Lily hatte keinen Grund, an ihr zu zweifeln – zumindest nicht, was diese Sache betraf.
Es war schwierig. Ihre Hände waren steif vor Kälte, und es war nicht leicht, die Punkte abzulösen, ohne die mit der Droge präparierte Klebeseite zu berühren. Sie befestigte sie mit der schützenden Papierseite
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