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Flammen der Rache

Flammen der Rache

Titel: Flammen der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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DeepWeave-Programmierung gekommen, um ihr Potenzial freizusetzen. Sie waren nicht von einem überragenden Genie aufgezogen worden. Das Einzige, was sie besaßen, war das Unkraut, das in den verwilderten Gärten ihrer verkümmerten Gehirne wucherte. Das mentale Äquivalent zu Löwenzahn, Disteln und Besenkraut.
    Töte sie alle
, flüsterte die innere Stimme leise.
Töte alle Zeugen
.
Töte sie, töte sie, töte sie, einen nach dem anderen
. Es wäre das Einzige, was ihm Erleichterung verschaffen könnte. Reggie würde der kreischenden Alten einen echten Grund zum Kreischen geben, bis es in süße, gesegnete Stille überginge.
    Aber es war zu hell. Zu spät. Es waren zu viele Leute anwesend, und die Sirenen wurden immer lauter.
Hau ab
.
    Er konnte es noch immer nicht. Da war irgendeine Störung im Zusammenspiel von DeepWeave und seinen Emotionen. Selbstverständlich lag der Fehler nicht an Kings Programmierung. Das könnte niemals sein. Die den Menschen innewohnende Unvollkommenheit war das Problem. Das war der Grund, warum so wenige von ihnen das Ausleseverfahren überlebten. Und selbst die Handvoll, die es schaffte, war nie perfekt – sehr zu Kings großem Bedauern.
    Die Scham riss ihn aus seiner Trance, und es gelang ihm, die Hand zu bewegen. Verkrampft und zitternd schob er sie in seine Tasche und holte ein Päckchen mit transdermalen Notfallpflastern heraus. Calitran-R35. Es war speziell auf seinen Körper abgestimmt, um jegliche Schwierigkeiten bei der Verarbeitung überschüssiger Emotionen auszugleichen. Er zog ein Pflaster ab und klebte es an die Innenseite seines Handgelenks, wo die Haut am dünnsten war.
    Die Erleichterung setzte augenblicklich ein. Binnen Sekunden ließ die Starre nach. Mit jedem Schritt an Sicherheit gewinnend entfernte Reggie sich rückwärts vom Tatort, dann drehte er sich um und lief zu dem Wagen, den er einen Block weiter geparkt hatte.
    Reggie startete den Motor und fuhr zu dem nur zehn Minuten entfernten Haus, das zu benutzen man ihn instruiert hatte. Er stellte das Auto in einer Seitenstraße ab, ohne sich die Mühe zu machen, es zu verriegeln. Er ließ sogar den Schlüssel im Zündschloss stecken. Er würde den Wagen nicht mehr benutzen, und es würde ihn auch niemand abholen. Er war nicht zurückzuverfolgen, genauso wenig wie das Fahrzeug, das das Team vor dem Diner benutzt hatte. Ihm kam der diffuse Gedanke, Nadia anzurufen.
    Aber wozu? Es war vorbei. Es war zu spät, um die Kontrolle zurückzugewinnen. Er war über die Klippe gestürzt und fiel in den Abgrund.
    Als er in der Facettenverglasung der Tür einen Blick auf sein Spiegelbild erhaschte, stellte er überrascht fest, dass er fast genauso aussah wie immer. Gebräunt und attraktiv. Dunkle Locken, feine Gesichtszüge, braune Augen und Grübchen, selbst wenn er nicht lachte.
    Er war sich nicht sicher, was er zu sehen erwartet hatte. Einen kahlen Totenschädel? Einen verwesenden Leichnam? Überhaupt nichts? Ja, das traf es auf den Punkt. Es gab ihn nicht. Alle seine Identitäten waren erfunden, alle seine Ausweise gefälscht. Er existierte nur für King, definierte sich ausschließlich über den Namen, den King ihm gegeben hatte. Und nun war er niemand mehr – absolut niemand.
    Trauer erfasste ihn. Die Krämpfe setzten ein. Er holte ein weiteres Calitran-Pflaster heraus und klebte es neben das erste. Beide zusammen ergaben eine gefährlich hohe Dosis, aber das war nun kaum mehr relevant.
    Reggie ging hinauf ins Schlafzimmer und zog sich langsam und methodisch aus. Er entledigte sich seiner Kleidung und legte sie mit akribischer Sorgfalt zusammen, bis er vollkommen nackt war.
    Er schlug die Bettdecke zurück und setzte sich auf das glatte weiße Laken, dann legte er sein Smartphone auf die eine Seite neben sich und die SIG 229 auf die andere. Ein kleiner, tief verborgener Teil seines Bewusstseins suchte mit der Hysterie einer Ratte in einem Labyrinth nach einem Ausweg, schmiedete und verwarf an den Haaren herbeigezogene Pläne. Er könnte fliehen, sich eine neue Identität besorgen. Er sprach fünfzehn Sprachen fließend. Er könnte überall hingehen und seine Fähigkeiten in den Dienst des Höchstbietenden stellen. So frei leben wie ein Vogel, so reich wie ein König …
    Ein König.
King
. Alles führte zurück zu King. Sein Idol. Sein Gott.
    Sein Bauch zuckte vor Krämpfen. Tränen strömten über sein Gesicht. Ohne Kings Zustimmung könnte er nicht leben. Der Teil von ihm, der nach Freiheit hungerte, war nicht stark

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