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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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flackerte, und ihr Gesicht war so bleich wie frisch gefallener Schnee.
    »Mutter, es gibt seltsame Neuigkeiten!«
    »Was ist los?«, fragte Inken Hinrichs stöhnend.
    »Ich … ich …« Frauke wusste nicht, wie sie beginnen sollte. Dann aber presste sie die Worte so schnell heraus, wie sie sprechen konnte. »Vorhin am Brunnen habe ich Helm getroffen. Er und Vater sind in der Stadt.«
    Sofort vergaß Inken Hinrichs ihre Schmerzen. »Was sagst du da? Oh gnädiger Heiland im Himmel! Du hast uns also nicht ganz verlassen. Damit können wir der Sklaverei Klüdemanns und seines Weibes entrinnen. Rasch, Kind, führe mich zu deinem Vater!«
    Frauke senkte betroffen den Kopf. »Es ist nicht so einfach, wie du denkst, Mutter. Vater glaubte uns tot und hat sich daher ein neues Weib genommen.«
    Zuerst glaubte Inken Hinrichs, sich verhört zu haben, machte dann aber eine wegwerfende Handbewegung. »Das kann er nicht! Er ist schließlich mit mir verheiratet.«
    »Ich sagte doch, er glaubte uns tot«, erklärte Frauke mit mehr Nachdruck.
    Ihre Mutter schüttelte heftig den Kopf. »Er kann sich kein anderes Weib nehmen, solange ich noch lebe.« Ihre Augen, die eben noch matt geschimmert hatten, leuchteten mit einem Mal auf, und sie packte die Tochter mit hartem Griff. »Wo wohnt er?«
    »Ich weiß es nicht. Helm sagte etwas von einem Haus am Markt«, antwortete Frauke.
    »Das ist jetzt nicht wichtig! Ich werde nicht zu ihm gehen und mich mit seiner Buhle streiten, sondern zum Hohen Rat oder noch besser zu Herrn Knipperdolling. Der muss mir zu meinem Recht verhelfen. Komm mit! Silke, du auch!« Das Letzte klang scharf wie ein Schuss durch das Haus und rief Mieke Klüdemann auf den Plan.
    »Was plärrst du so?«, fuhr sie Fraukes Mutter an.
    Diese musterte sie höhnisch. »Morgen kannst du deinem Mann helfen, diese schweren Ballen nach unten zu schaffen. Meine Töchter und ich verlassen dieses Haus, in dem wir wie einst die Söhne und Töchter Israels in Ägypten Sklavendienste leisten mussten. Mein Gatte ist in Münster angekommen, und wir gehen jetzt zu ihm.«
    »Aber ihr könnt uns doch nicht einfach verlassen, nachdem wir euch in der Not Obdach und Brot gegeben haben«, rief Mieke Klüdemann aus.
    »Dafür haben wir hart genug schuften müssen. Doch das ist nun vorbei. Folgt mir!« Inken Hinrichs verließ den Hof, ohne darauf zu achten, ob die Töchter auch mitkamen. Als Silke zögerte, fasste Frauke sie am Arm und zog sie einfach mit.
    Der Weg zu Knipperdollings Haus war nicht weit. Aber als sie dort ankamen, stand eine dichte Menschentraube vor der Tür, so dass sie nicht durchkamen. Inken Hinrichs wollte schon zu schimpfen ansetzen, als Frauke den Grund für diese Versammlung erkannte.
    »Da ist Herr Bockelson!«
    »Wo?« Inken Hinrichs’ Blick wanderte über die Menge, bis er auf Jan van Leiden haftenblieb. In dem Augenblick hob sie die Hand und begann, laut zu rufen: »Herr Bockelson! Euch schickt der Himmel! Ihr müsst mir und meinen Töchtern zu unserem Recht verhelfen!«
    Bockelson drehte sich verwundert um und musterte die Frau. Er war besser gekleidet als beim letzten Mal und wirkte in der schlichten Schar der anderen Täufer wie ein Farbtupfen in einem grau-braunen Meer. Trotzdem erinnerte er sich an Inken Hinrichs und kam auf sie zu.
    »Was gibt es, gute Frau?«
    »Mein Mann«, rief diese schnaubend, »hat sich ein neues Weib genommen, obwohl ich noch lebe!«
    »Aber das …«, brachte Bockelson noch heraus, dann ergoss sich ein Wortschwall über ihn, mit dem Inken Hinrichs ihren ganzen Zorn über ihre jetzige Situation ausdrückte. Sie beschuldigte ihren Mann, durch sein Zögern den Tod seines Sohnes Haug verursacht zu haben. Auch habe er ihr keine Nachricht hinterlassen und es Klüdemann daher ermöglicht, sie und ihre Töchter wie Mägde zu behandeln. Zwischendrin forderte sie Jan van Leiden auf, sich ihrer anzunehmen.
    Bockelson versuchte, die empörte Frau zu bremsen, doch Inken Hinrichs hörte erst auf, als sie sich all ihren Kummer von der Seele geredet hatte. Dann stemmte sie die Hände in die Hüften und sah den jungen Mann auffordernd an.
    »Wenn Ihr nicht dafür sorgt, dass mein Mann zu mir zurückkommt, sind die Säulen des Himmels verschoben, und unser Herr Jesus Christus wird nicht herabsteigen, da einer wahren Gläubigen, die ihren Sohn durch die Scheiterhaufen der Inquisition verloren hat, solches Unrecht angetan wurde!«
    Ihre Worte schreckten einige Männer auf, die ihre eigene Existenz in der

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