Flammen des Himmels
ihm.
Unterdessen war Katrijn aus ihrer Küche gekommen und musterte Arno misstrauisch. »Hat mein Mann etwas ausgefressen, auf der Straße geflucht oder sonst was?«
Arno machte eine beruhigende Geste. »Nichts dergleichen!«
Zwar war er der Meinung, dass ein Mann mit zwei Frauen einiges auf dem Kerbholz hatte, aber das musste Hinrichs mit Knipperdolling ausmachen und nicht mit ihm.
»Holt endlich Meister Hinrichs, oder muss ich es selbst tun?«, sagte er daher.
Die Tatsache, dass er Hinrichs als Meister bezeichnete, beruhigte Katrijn, und sie versetzte Helm einen Knuff. »Warum bist du noch hier? Sag deinem Vater, dass Herr Knipperdolling ihn sprechen will.«
Da kam ihr ein anderer Verdacht. »Herr Knipperdolling wird uns doch das schöne Haus nicht wieder wegnehmen wollen?«
»Ich habe nichts dergleichen gehört.« Arno hatte keine Lust auf ein Rededuell, bei dem er mit Sicherheit den Kürzeren ziehen würde, denn Katrijns Mundwerk war in der ganzen Stadt gefürchtet. Außerdem stammte sie aus der gleichen Gegend wie Jan van Leiden und Jan Matthys, die beide hohe Stellungen bei den Täufern innehatten. Auch wenn die Holländer nur eine Minderheit der hiesigen Gemeinde darstellten, so hielten sie doch gegen die ebenfalls zugewanderten Friesen und die einheimischen Westfalen zusammen.
Unterdes eilte Helm zu Hinrichs. »Vater, Ihr sollt sofort zu Herrn Knipperdolling kommen«, stieß er atemlos hervor.
»Knipperdolling, sagst du? Hoffentlich nimmt er uns das schöne Haus nicht wieder ab!« Hinrichs hatte sich mittlerweile so gut eingerichtet, dass er nur ungern wieder ausgezogen wäre.
»Ich weiß es nicht!« Helm schwante allmählich Schlimmes, und er schimpfte mit sich, weil er zu feige gewesen war, dem Vater zu erzählen, dass seine Mutter und die Schwestern noch am Leben und ebenfalls hier in Münster waren. Nun konnte er nur noch den Mund halten und abwarten, was passierte.
Sein Vater nahm das gute Wams vom Haken, das ebenfalls noch vom Vorbesitzer des Hauses stammte, und zog es anstelle seines eigenen an, das bereits arg abgeschabt war. Dann verließ er die Werkstatt und trat auf die Straße.
»Du bist es, Arno!«, begrüßte er den Söldner. »Was führt dich zu mir? Brauchst du einen neuen Gürtel?«
Der Söldner musste lachen. »Nein, den brauche ich nicht. Ich glaube eher, du hast eine Schnur zu viel.« Ohne diese Bemerkung weiter zu erläutern, forderte er Hinrichs auf, mit ihm zu kommen.
»Was hat dein Vater bloß wieder ausgefressen?«, fuhr Katrijn Helm an und scheuchte ihn aus dem Haus. Sie selbst schlüpfte in ihre Holzschuhe, schloss die Türen hinter sich zu und folgte den anderen mit langen Schritten. Da Helm nicht zurückbleiben wollte, lief er ihr nach und betete verzweifelt, dass alles gut werden würde.
4.
B ernd Knipperdolling begann, unruhig zu werden. Es gab so viel zu tun, und da wollte er seine Zeit nicht mit einer solchen Lappalie vergeuden. Um die Wartezeit auszunützen, sprach er mit Bockelson über ihre weiteren Pläne. Noch konnten sie nicht gewaltsam gegen die Einwohner von Münster vorgehen, die keine Täufer waren. Zwar hatten die meisten Katholiken die Stadt mittlerweile verlassen. Dafür gab es noch eine ganze Reihe lutherisch gesinnter Einwohner, die sich heftig gegen den Einfluss der Täufer und vor allem der Holländer sträubten.
»Wir müssen weitere Brüder in die Stadt schaffen, so dass wir alle, deren Loyalität wir uns nicht sicher sein können, vertreiben können«, schlug Bockelson vor.
»Das werde ich dem Rat der Stadt vorschlagen!« Auch wenn Knipperdolling den Holländer als religiösen Führer anerkannte, musste er als neuer Bürgermeister so tun, als hielte er selbst alle Fäden in der Hand.
»Tu das!«, forderte Bockelson ihn auf. »Zudem benötigen wir noch mehr Söldner, damit wir die Zufahrtswege nach Münster offen halten können. Die Männer des Bischofs errichten bereits Straßensperren, um uns auszuhungern. Aus diesem Grund sollten wir noch mehr Vorräte in die Stadt holen und uns auf eine Belagerung einrichten. Es kann sein, dass die Bischöflichen früher angreifen, als unser Herr Jesus Christus vom Himmel steigt und dieses Pack beseitigt.«
Knipperdolling nickte und schrieb einige der Punkte auf, die er dem Rat eindringlich ans Herz legen wollte. Dann hob er wieder den Kopf und sah Bockelson an. »Wann wird der große Prophet in die Stadt kommen?«
»Bruder Jan sammelt noch einige unserer Brüder und schickt sie zu uns, auf dass
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