Flammen des Himmels
Herrlichkeit Jesu Christi gefährdet sahen.
Einer von ihnen packte Bockelson am Arm. »Da muss etwas geschehen, Bruder Jan!«
»Wir werden darüber beraten. Doch vorher will ich auch den Mann und das andere Weib sehen«, erklärte Bockelson und wies mit dem Kinn auf Knipperdollings Haus. »Allerdings soll das Gespräch drinnen stattfinden und nicht zur Belustigung der Leute hier auf der Straße.«
Mit diesen Worten fasste er Inken Hinrichs unter und führte sie zur Tür.
Frauke und ihre Schwester klammerten sich aneinander und folgten den beiden. Keine von ihnen wusste, wie sie aus der üblen Lage, in der ihre Mutter und sie sich befanden, herausfinden konnten. Auch Jan Bockelson wirkte ratlos, als er in die Kammer trat, in der Bernd Knipperdolling mit dem Prediger Bernhard Rothmann und anderen Täuferführern zusammensaß, um die nächsten Schritte auf dem Weg zum himmlischen Jerusalem zu beraten.
»Bruder Jan, sei mir willkommen! Ich hoffe doch, du bleibst jetzt bei uns in der Stadt«, begrüßte Knipperdolling den jungen Täuferpropheten, ohne Inken Hinrichs und deren Töchtern einen Blick zu gönnen.
»Ich bleibe«, antwortete Jan van Leiden. »Auch kann ich vermelden, dass unser großer Prophet Jan Matthys in den nächsten Tagen hier erscheinen wird, um alle zu taufen, die dazu bereit und würdig sind, gleich uns in der Herrlichkeit Jesu Christi zu leben.«
»Das ist eine sehr gute Nachricht!« Knipperdolling füllte eigenhändig einen Becher mit Wein und reichte diesen Bockelson.
»Auf deine Gesundheit!«, tat dieser ihm Bescheid und trank.
Als das Gefäß leer war, stellte er es mit einem harten Klang auf den Tisch.
»Bevor wir Jesus Christus in seiner Herrlichkeit schauen können, gibt es noch einiges zu erledigen«, sagte er und wies auf Inken Hinrichs. »Da ist zum Beispiel diese Frau hier. Sie kam gemeinsam mit ihren Töchtern und dem ehrenwerten Bruder Debald Klüdemann und dessen Frau in diese Stadt. Ihr ältester Sohn wurde von dem Inquisitor Gerwardsborn zur Belustigung des Pöbels auf den Scheiterhaufen geschickt, und ihr Mann und ihr jüngerer Sohn waren verschollen. Jetzt behauptet sie, ihr Gatte wäre ebenfalls nach Münster gekommen, hätte sich aber in der Zwischenzeit ein neues Weib genommen.«
»Genauso ist es!«, rief Inken Hinrichs und breitete die Arme theatralisch aus. »Meine jüngere Tochter hat es mir berichtet. Sie hat meinen Sohn Helm am Brunnen getroffen und es von ihm erfahren.«
Bernd Knipperdolling war völlig damit ausgelastet, wie er und seine Anhänger die endgültige Macht in Münster erringen und alle Andersgläubigen vertreiben konnten. Die Belange einer einzelnen Frau kümmerten ihn daher wenig. Trotzdem war ihm klar, dass er diese Angelegenheit nicht auf die leichte Schulter nehmen durfte. Um Jesus Christus auf Erden so empfangen zu können, dass dieser seine Gnade über ihnen ausschüttete, mussten die Gesetze der Heiligen Schrift genauestens befolgt werden.
»Ist das die Wahrheit?«, fragte er gereizt.
Inken Hinrichs nickte heftig. »Das ist es, Herr!«
»Wo befindet sich dein Mann jetzt?«, bohrte Knipperdolling weiter.
»Genau weiß ich es nicht«, antwortete Inken Hinrichs und sah Frauke auffordernd an.
Diese fühlte sich verunsichert, kam aber ihrer Mutter zu Hilfe. »Von meinem Bruder habe ich gehört, Vater und er wären in einem Haus am Markt untergekommen.«
»Es könnte der sein, der die derbe Holländerin geheiratet hat«, erklärte ein Mann, der vor der Tür stand und alles mit angehört hatte.
Bockelson wollte seine Landsmännin nicht geschmäht sehen, und so traf ein zorniger Blick den Sprecher.
»Dann holt diesen Mann samt der Frau und dem Jungen her«, befahl Knipperdolling, der diese Angelegenheit so rasch wie möglich bereinigen wollte.
3.
H inner Hinrichs war gerade dabei, seine Werkstatt einzurichten, als jemand an die Tür klopfte. »Sieh nach, wer das ist«, forderte er seinen Sohn auf, weil er seine Arbeit nicht unterbrechen wollte.
Die Aufforderung ließ Helm zusammenzucken. Er hatte es nicht gewagt, dem Vater oder Katrijn von seiner Begegnung mit Frauke zu berichten. Nun fürchtete er, die Schwester oder gar die Mutter könnten vor der Tür stehen. Als er jedoch öffnete und den Söldner Arno sowie mehrere andere Männer vor sich sah, atmete er erst einmal auf.
»Ist dein Vater zu Hause?«, fragte Arno.
»Das ist er. Was wollt Ihr von ihm?«
»Herr Knipperdolling will mit ihm reden«, beschied der Söldner
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