Flammen des Himmels
anderen von Gott verworfen werden und in die Hölle kommen, so wie damals bei der Sintflut, bei der er allein Noah und dessen Familie überleben ließ! Oder denkt an Sodom und Gomorrha, wo auch nur Lot und seine Töchter der himmlischen Strafe entgingen.«
Der Soldat hatte offensichtlich Angst, die biblischen Katastrophen könnten sich wiederholen. Obwohl Moritz sich über sein Geschwätz ärgerte, versuchte er, ihn zu beruhigen. »Bei Noah war die ganze Menschheit verderbt und bei Lot die Bewohner von Sodom und Gomorrha. Wir aber sind gläubige Christen und setzen den Helm oder den Hut ab, wenn der Pfarrer die Messe liest. Warum also sollte unser Herrgott im Himmel uns auslöschen wollen? Vertilgen und in die Hölle schicken wollen uns die dort!«
Bei diesen Worten zeigte Moritz in Richtung Münster und versetzte seinem Untergebenen einen Rippenstoß. »Nimm dir das zu Herzen, Mann! Wir stehen hier, weil der Landgraf von Hessen uns geschickt hat. Wenn sich nichts ändert, werden wir auch morgen und übermorgen noch hier sein. Sollte aber das nächste Osterfest kommen und unser Herr Jesus Christus tatsächlich vom Himmel steigen, spendiere ich dir einen Becher Wein, bevor es abwärts in die Hölle geht.«
»Verschrei es nicht!«, rief der Soldat.
Aber die übrigen Söldner lachten ebenso wie Draas und Margret über Moritz’ Bemerkung. Die Marketenderin ging zu ihrem Wagen und kehrte mit einem Krug und mehreren Bechern zurück.
»So, Männer, jetzt gibt es noch für jeden einen Schluck Wein auf meine Kosten. Danach vergesst ihr den Unsinn mit dem Himmelsgericht. Denkt daran, dass Jesus Christus zur Errettung der Menschheit ans Kreuz genagelt worden ist und nicht zur Errettung eines holländischen Bäckers und seiner Anhänger.«
Diesmal erscholl das Lachen noch lauter, und der skeptische Soldat fiel ebenfalls mit ein. Der Schatten, der sich für einen Augenblick über die Gruppe gelegt hatte, schwand, und als die Männer weiterredeten, ging es nicht mehr um himmlische Erscheinungen und Strafen, sondern um die Art und Weise, wie sie mit den Ketzern in Münster verfahren sollten.
Die Ankunft ihres Hauptmanns beendete schließlich das Essen. Emmerich von Brackenstein war anzusehen, wie wenig es ihm behagte, sich wieder dem Fähnlein anschließen zu müssen. Nach Moritz’ Ansicht und der vieler anderer Landsknechte wurde die Feigheit dieses Edelmanns nur von seiner Eitelkeit übertroffen.
Auf diesem Ritt hatte Graf Emmerich seinen feisten Körper in leuchtenden Brokat und schimmernde Seide gekleidet, die nun dick mit Straßenschmutz bedeckt war. Ein sorgfältig gepflegter Kinnbart unterstrich seinen Stand, und die Augen wurden von einem riesigen Barett beschattet, welches er mit einer goldenen Agraffe und sechs Pfauenfedern geschmückt hatte.
Draas musste sich das Lachen verkneifen, als er den so wenig kriegerisch gekleideten Mann erblickte. Verwundert bemerkte er, dass Emmerich von Brackenstein sogar darauf verzichtet hatte, seine voluminöse Pluderhose durch ein Schwertgehänge zu beeinträchtigen.
Ein Reiter in einem langen braunen Wams und festen Lederhosen begleitete den Hauptmann. Er kam Draas bekannt vor, dennoch dauerte es einen Augenblick, bis er in ihm Magnus Gardner erkannte, den Ratgeber des Fürstbischofs.
Emmerich von Brackenstein verhielt sein Pferd mitten im Hof des Gutes und sah sich suchend um. Da er selbst kaum einmal bei der Truppe weilte, hatte der Leutnant, der ihn vertreten sollte, es sich angewöhnt, die Verantwortung für die Männer auf die beiden Unteroffiziere zu übertragen und selbst auf seinem Besitz im Siegerland zu bleiben.
Schließlich erlöste Moritz seinen Hauptmann aus dessen Verwirrung und trat vor. »Das Fähnlein ist wie befohlen in voller Mannstärke eingetroffen!«
»Gut«, antwortete Brackenstein im hochmütigen Tonfall. »Ich werde mich bei Seiner Hoheit, dem Fürstbischof, in Telgte aufhalten. Ihr bleibt inzwischen hier.«
»Wie Ihr befehlt, Euer Erlaucht!« Moritz stand stramm, weil er wusste, dass Brackenstein dies von ihm erwartete. Doch so einfach wollte er den Hauptmann nicht wieder nach Telgte zurückkehren lassen.
»Erlaubt Ihr mir zu sprechen?«, fragte er.
»Was gibt es denn noch?«, antwortete Brackenstein ungehalten.
»Zum einen die Befehle, die wir befolgen sollen. Die fehlen uns nämlich noch. Zum anderen war vorgestern Zahltag, aber der Zahlmeister hat sich wieder einmal nicht blicken lassen.«
»Genau! Das stimmt!«, pflichtete Guntram seinem
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