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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Frauke zeigte auf seinen Korb, in dem genug Nahrungsmittel lagen, um eine ganze Familie zwei bis drei Tage zu ernähren. Lothar hatte zu wenig Erfahrung beim Einkaufen von Lebensmitteln und daher einfach erworben, was ihm ins Auge gefallen war. Obwohl sein Korb nicht gerade leicht war, packte er die Hälfte von Fraukes Sachen hinzu und sah sie fordernd an.
    »Wir können jetzt gehen!« Im Stillen fragte er sich, ob er ihr nur half, um zu erfahren, wo sie wohnte. Aber er hätte es auch sonst getan, korrigierte er sich. Er wollte einfach eine Weile in ihrer Nähe sein, und das war ihm das zusätzliche Gewicht wert.

10.
    D ie Brackensteiner benötigten für den Weg nach Münster nicht ganz zwei Wochen, aber das Herbstwetter und die aufgeweichten Straßen kosteten die Männer mehr Kraft als eine dreimal so lange Strecke im Sommer. Daher atmete Draas, der solche Märsche nicht gewohnt war, erleichtert auf, als sie die Kirchtürme der Stadt in der Ferne auftauchen sahen und ein Bote des Bischofs sie zu ihrem Quartier brachte. Es handelte sich um einen von einer Mauer umgebenen Gutshof, der genug Platz für ihr Fähnlein bot. Zwar mussten er und die meisten anderen in der Scheune schlafen, doch auf Heu und Stroh ließ es sich weich liegen, und die Verpflegung war noch ausreichend.
    »Wir hätten es schlechter treffen können«, meinte Moritz, als sie ihren ersten Hühnereintopf an diesem Ort aßen.
    »Es schmeckt dir also?«, fragte die Marketenderin Margret.
    Sie hatte das Essen für sich und ihre Kostgänger durch ein Huhn ergänzt, auf das sie ganz zufällig mit ihrem Holzschuh getreten war. Doch wer auf einem Feldzug nicht hungern wollte, musste den einen oder anderen Fehltritt dieser Art tun.
    Ein Huhn war nicht viel für die kleine Gruppe, die sich um Margret gesammelt hatte. Außer ihrem Geliebten Moritz gehörten noch Draas und vier weitere Soldaten dazu. Das Fleisch machte den Eintopf jedoch schmackhafter, und so aßen sie besser als die anderen Landsknechte, für die die beiden Huren Isa und Bruntje sowie jene Frauen kochten, die entweder mit einem der Männer verheiratet waren oder sich ohne Segen eines Priesters mit einem Landsknecht zusammengetan hatten.
    »Was meinst du, Moritz? Werden wir die Stadt erstürmen müssen?«, fragte Draas.
    Der Unteroffizier zuckte mit den Achseln. »Woher soll ich das wissen? Wenn es so weit kommt, brauchen wir auf jeden Fall noch sehr viel mehr kampferfahrene Männer. Soviel ich gehört habe, können die hier abgestellten Truppen nicht einmal alle Wege in die Stadt absperren.«
    »Aber dann können die Ketzer doch heraus und sich hinter unserem Rücken vorbeischleichen«, wandte Draas ein.
    »Ich glaube kaum, dass sie das tun werden. Diese Narren glauben, dass Jesus Christus schon bald vom Himmel steigen und sie unter seinen Schutz nehmen wird.«
    Moritz lachte, während Draas den Kopf einzog. »Was ist, wenn er das wirklich tut?«
    »Dann haben wir Pech gehabt! Aber glaubst du das? Nachdem der Heiland mehr als anderthalbtausend Jahre im Himmel geblieben ist? Wieso sollte er ausgerechnet im Jahr 1534 erscheinen? Wenn es 1500 gewesen wäre oder 2000 sein sollte, dann ließe ich es mir ja noch eingehen. Aber so glaube ich nicht daran. Der Ketzerführer Melchior Hoffmann hat sich schon vor ein paar Jahren in Straßburg geirrt. Weshalb sollte es ein holländischer Bäcker nun besser wissen?«
    »Ich sehe es genauso wie Moritz«, schaltete sich Margret ins Gespräch ein. »Weshalb sollte Gott dem Papst oder den Bischöfen die Auskunft verweigern, sie aber diesem Bäcker geben?«
    »Es gab Anzeichen, die auf das Erscheinen der Reiter der Apokalypse hindeuten«, sagte einer von Margrets Kostgängern. »Rom, die heilige Stadt, wurde von den Soldaten des Kaisers geplündert! Die Heiden haben Wien belagert …«
    »… und mussten mit eingekniffenem Schwanz wieder abziehen«, fiel Moritz dem Sprecher ins Wort. »Mann, du plapperst den Unsinn der Wiedertäufer nach! Bist du vielleicht selbst einer?«
    »Natürlich nicht!«, antwortete der Mann empört.
    »Eher ein Wiederkäuer, weil du ihr Gesumse wiederkäust«, spottete Margret. »Kriege gab es zu allen Zeiten, und es wurden immer wieder Städte erobert und geplündert. Diesmal hat es eben Rom erwischt. Morgen kann es Münster sein. Also halt den Mund, wenn du nur dummes Zeug schwätzen kannst.«
    So ganz vermochte die Marketenderin den Mann nicht zu überzeugen. »Die Ketzer glauben, dass das Jüngste Gericht bevorsteht und alle

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