Flammen des Himmels
einfallen!« Lothar überlegte, dann stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht. »So könnte es gehen! Alle in der Stadt befürchten doch, dass die bischöflichen Truppen noch vor dem Osterfest zum Sturm antreten, um die Wiederkehr Christi zu verhindern. Wenn es uns gelingt, ein paarmal Alarm auszulösen, haben Faustus und Isidor zu viel zu tun, als dass sie noch an Helm denken könnten. Wir müssen nur zusehen, dass nicht wir die Meldung weitergeben, sondern andere.«
»Mieke Klüdemann zum Beispiel. Wenn man der sagt, man habe eine Rotte Landsknechte auf die Stadt zumarschieren sehen, macht die gewiss ein ganzes Heer daraus«, rief Frauke aus.
Lothar nickte ihr lächelnd zu und sah dann seine drei Mitverschworenen auffordernd an. »Warum sitzen wir hier noch herum? Es gibt einiges zu tun. Jetzt werden wir den beiden Studenten, aber auch Matthys, Bockelson und den anderen zeigen, dass das Wort eine schärfere Waffe ist als jedes Schwert!« Wie auf Befehl nickten die Geschwister und sprangen auf.
15.
J enseits des Belagerungsrings in Telgte sah Magister Rübsam Bruder Cosmas verwundert an. »Seid Ihr sicher, dass es sich bei dem aus dem Fluss gefischten Leichnam um Dionys handelt?«
»Leider ja!«, antwortete der Mönch. »Die Fische haben ihn zwar ein wenig angefressen, trotzdem ist er noch zu erkennen.«
Rübsam ballte ärgerlich die Faust. »Verdammt! Wie kommt dieser Narr dazu, einfach im Fluss zu ertrinken? Als er vor ein paar Wochen verschwand, dachte ich, er hätte uns verlassen, weil Seine Exzellenz ihn zu oft gescholten hat. Doch ich hätte niemals erwartet, ihn tot zu sehen.«
»Das hätte ich auch nicht«, sagte der Mönch. »Ich frage mich nur, weshalb er ertrunken ist. Immerhin konnte er gut schwimmen.«
»Ich glaube nicht, dass ihm bei der Kälte nach einem Bad zumute war!«
»Kann Dionys betrunken gewesen und deswegen in den Fluss gefallen sein?«, fragte Bruder Cosmas.
»Möglich ist es. Nur glaube ich nicht daran. Für mein Gefühl hat jemand nachgeholfen.« Dieser Verdacht war Rübsam eben erst gekommen, denn er hatte den Foltermeister gut genug gekannt, um zu wissen, dass dieser nicht zu den Männern gehörte, die viel riskierten.
»Ihr meint, jemand könnte Dionys ermordet haben? Aber wer würde auf so etwas kommen?« Bruder Cosmas wollte es zunächst nicht glauben, ließ sich dann aber überzeugen.
»Es sind wirklich verdammt viele Ketzer in der Gegend, sowohl in Münster selbst wie auch unter den Truppen, die Landgraf Philipp von Hessen dem Fürstbischof zur Verfügung gestellt hat«, sagte er nach einer erschöpfenden Diskussion.
Der Magister nickte. »Es braucht nur ein Verwandter von einem der Ketzer dabei zu sein, die durch uns auf dem Scheiterhaufen starben. Wenn so einer auf Rache aus ist, hat Dionys ein gutes Opfer für ihn dargestellt.«
»Das tun wir aber auch!«, rief Bruder Cosmas erschrocken.
»Ja, da habt Ihr wohl recht.« Rübsam blickte sich aufmerksam um, ob er etwas Verdächtiges entdeckte. Obwohl dies nicht der Fall war, packte ihn die Angst vor einem Mörder aus dem Dunkeln. »Ich werde Seiner Exzellenz Bescheid geben. Immerhin ist auch er ein mögliches Opfer für einen solchen Schurken.«
Mit diesen Worten drehte der Magister sich um und verließ die Kammer, die er mit Bruder Cosmas und zwei weiteren Männern aus Gerwardsborns Gefolge teilte.
Der Mönch überlegte, ob er ihm folgen sollte, entschloss sich dann aber, zu bleiben und den Riegel vorzuschieben. Diesen, so sagte er sich, würde er nur dann zurückziehen, wenn draußen jemand stand, dem er voll und ganz vertrauen konnte.
Unterdessen begab Rübsam sich in die Gemächer seines Herrn. Anders als sein Gefolge verfügte Jacobus von Gerwardsborn nicht nur über einen Schlafraum für sich allein, sondern auch noch über zwei weitere Kammern, die ihm der Haushofmeister des Fürstbischofs zur Verfügung hatte stellen müssen.
Auch diese großzügige Unterkunft dämpfte den Ärger über die Abfuhr nicht, die Franz von Waldeck ihm erteilt hatte. Seine Wut war sogar noch gewachsen, weil Philipp von Hessen, Albrecht von Brandenburg und weitere Herren aus der Koalition gegen die Wiedertäufer sich auf Waldecks Seite gestellt hatten. Niemand von ihnen wollte das Banner von Burgund oder gar das von Spanien über dem Münsterland wehen sehen. Selbst Ferdinand von Habsburg, der Regent der Österreichischen Erblande, stellte sich in dieser Sache gegen seinen Bruder, den Kaiser.
Der Einzige, bei dem Gerwardsborn noch
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