Flammen des Himmels
dort den Wall und die Bastion einzunehmen, könnte es Bockelsons Macht in der Stadt erschüttern.«
»Dann soll es so geschehen. Wir werden den Befehl zu Papier bringen, den Ihr Steding übergeben sollt. Erklärt ihm in Unserem Namen, dass Wir allen Pardon gewähren, die dessen würdig sind, und Wir ihn dafür verantwortlich machen, wenn zu viel Blut vergossen wird.«
»Ich werde es Steding ausrichten.«
Insgeheim dachte Gardner, dass Franz von Waldeck es sich zu einfach machte, die Verantwortung auf seinen Feldhauptmann abzuschieben. Auch Wilken Steding würde die entfesselte Soldateska nicht aufhalten können. Doch vielleicht würde sich Lothars Hoffnung erfüllen, dass sich in der Stadt ein paar vernünftige Bürger zusammentaten und eines der Tore öffneten. Dafür aber, sagte er sich in einem Anfall von Galgenhumor, mussten deren Abgesandte am Leben gelassen werden. Solange die Landsknechte jeden erschlugen, der aus der Stadt kam, konnte daraus nichts werden.
Während Gardner noch grübelte, wie er dieses Dilemma beenden konnte, diktierte Franz von Waldeck seinem Schreiber den Befehl an seinen Feldhauptmann. Anschließend setzte er Unterschrift und Siegel darauf und reichte es seinem Berater.
»Möge Gott Unsere Wege leiten, Gardner.«
»Darum bete ich!« Lothars Vater nahm das Schreiben entgegen, verbeugte sich und verließ das fürstbischöfliche Quartier. Auf dem Vorhof wies er einen Knecht an, ihm ein Pferd zu satteln, und schwang sich nach einigen Augenblicken ungeduldigen Wartens in den Sattel.
Unterwegs sah er Bauern, die mit Pferd und Karren in Richtung Münster zogen. Zuerst wunderte er sich, doch als er das Feldlager vor dem Ludgeritor erreichte, sah er, dass Wilken Steding den Befehlen des Fürstbischofs vorgegriffen hatte und bereits die geplanten Schanzen errichten ließ.
Steding selbst stand inmitten einiger Offiziere und erteilte Anweisungen, winkte die Männer aber beiseite, als er Gardner entdeckte, und trat auf den fürstlichen Berater zu.
»Willkommen, Herr Gardner. Was führt Euch zu uns?«
»Ich überbringe einen Befehl Seiner Hoheit, des Fürstbischofs.« Gardner schwang sich aus dem Sattel, umarmte den Kommandeur zur Begrüßung und reichte ihm Waldecks Schreiben.
»Es steht wahrscheinlich nicht viel mehr darin, als Ihr schon angeordnet habt«, erklärte Gardner.
Dennoch erbrach Steding das Siegel, las den Brief durch und blies die Luft geräuschvoll durch die Nasenlöcher.
»Ein wenig mehr beinhaltet diese Botschaft schon noch. Seine Hoheit wünscht, dass ich die Bastion vor dem Ludgeritor einnehme, um mehr Druck auf die Stadt auszuüben. Gleichzeitig soll ich auf Überläufer achtgeben und verhindern, dass meine Soldaten diese einfach niedermachen. Ersteres ist zu schaffen, auch wenn uns die Kanonen der Ketzer dabei arg zum Tanz aufspielen werden. Doch ich kann mich nicht vor jeden Landsknecht stellen und verhindern, dass er Flüchtlinge erschlägt, die aus der Stadt kommen. Dafür hätte Seine Hoheit diesen Inquisitor – um es ganz offen zu sagen – zum Teufel jagen müssen!«
»Genau das kann der Fürstbischof nicht, denn Albrecht von Brandenburg hat in seiner Eigenschaft als Bischof von Mainz und Kardinal der heiligen katholischen Kirche Gerwardsborn zu seinem Gesandten ernannt. Seine Hoheit darf den Kardinal nicht vor den Kopf stoßen, weil dieser ihm Geld und Soldaten für den Kampf gegen die Ketzer zur Verfügung gestellt hat.«
Es tat Gardner leid, dass er keine bessere Auskunft geben konnte. Doch ohne die Unterstützung von Männern wie Albrecht von Brandenburg war Münster nicht einzunehmen.
Wilken Steding winkte angewidert ab. »Gerade die Mainzer sind die übelsten Kerle! Die haben mir ins Gesicht gelacht, als ich ihnen befahl, Flüchtlinge am Leben zu lassen. Letztens haben sie sogar ein paar Weiber umgebracht, die aus der Stadt geflohen sind. Wenn sie die wenigstens nur geschändet und dann meinem Profos übergeben hätten, hätten wir sie zumindest verhören können.«
»Solch ungezügeltes Verhalten müsst Ihr auf jeden Fall unterbinden!«, antwortete Gardner aufgebracht.
»Das würde ich gerne«, sagte Steding mit einem resignierenden Achselzucken. »Aber dafür benötige ich zuverlässige Landsknechte, die ihren Sold regelmäßig erhalten. Stattdessen wird das Geld immer erst dann ausgezahlt, wenn die Söldner bereits rebellieren. Trotzdem habe ich die Männer aus diesem Lager zu den Schanzarbeiten geschickt. Die Brackensteiner gehorchen so, wie ich
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