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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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persönlich begrüßen konnte, würde er dessen Aufmerksamkeit auf sich lenken können. Als schwache Seele aber würde er als ebenso schwacher Mensch wiedererstehen und fern von Christus Platz nehmen müssen.
    Voller Berechnung ließ der Inquisitor dem Gefangenen die Zeit, über sein Schicksal nachzudenken. Er sah, wie es in Mönninck arbeitete, und für einen erfahrenen Mann wie ihn war es ein Leichtes, dessen Überlegungen und Gefühle zu durchschauen.
    »Du wurdest als der Ketzer Berthold Mönninck erkannt!« Es waren die ersten Worte, die der Inquisitor selbst sprach.
    »Ich bin der Nadelmacher Peter Spitz aus Mainz!«, widersprach Mönninck. Seinen Worten fehlte jedoch der Nachdruck.
    »Wenn du Peter Spitz bist, dann nenne mir den Namen deines Vaters und deiner Mutter«, befahl Rübsam.
    Mönninck nannte zwei Namen, die Rübsam aufmerksam notierte.
    »Deine Großeltern?«
    Jetzt zögerte Mönninck schon einen Moment, bevor er die Namen zu nennen vermochte.
    »Und jetzt die Namen deiner Tauf- und Firmpaten!«
    Rübsam war unerbittlich. Mönninck musste die Namen des Pfarrers nennen, der ihn getauft hatte, wurde dann nach dem Namen eines anderen Pfarrers gefragt, der in der Zeit, in der er in Mainz gelebt hatte, dort gewesen sein sollte, und so ging es noch eine Weile weiter. Schließlich sollte er die Namen seiner Großeltern wiederholen, und diesmal brachte Mönninck sie durcheinander.
    Da Rübsam alles notiert hatte, erklärte er Mönninck höhnisch, dass dieser den Vater zum Großvater gemacht habe und seine Mutter auf wundersame Weise von zwei Frauen zugleich geboren worden wäre.
    »Da dies nicht einmal von einem der großen Heiligen behauptet wird, kannst du nicht Peter Spitz aus Mainz sein«, schloss Rübsam daraus und fragte den Inquisitor, ob die Befragung durch den Foltermeister fortgesetzt werden sollte.
    Zu Mönnincks Entsetzen nickte dieser. »Tut, was notwendig ist!«
    In der nächsten Stunde verfluchte der Wiedertäufer seinen Vater, ihn gezeugt, und seine Mutter, ihn geboren zu haben. Bei normalen Verhören hielten sich die Behörden an die gesetzlichen Regeln und legten Pausen ein, die dem Delinquenten die Gelegenheit gaben, über seine Lage nachzudenken und darüber, ob es nicht doch besser sei, zu gestehen. Gerwardsborn aber wollte seinen Gefangenen zerbrechen wie morsches Holz.
    Der alte Keller des Dominikanerklosters lag tief unter der Erde, und der einzige Luftschacht führte in den Innenhof, so dass niemand außerhalb der Klostermauern die Schreie des Gefolterten hören konnte. Während Mönninck geschunden wurde, stand der Inquisitor wie ein rächender Gott neben seinem Opfer. Rübsam stellte in immer rascherer Folge seine Fragen, und wenn der Gefangene nicht schnell genug antwortete, trat der Foltermeister in Aktion.
    Längst hatte Rübsam es aufgegeben, Mönnincks Aussagen selbst aufzuschreiben, sondern überließ dies Bruder Cosmas, dem Mönch, welchem sein Herr am meisten vertraute. Aber er stellte weiterhin die Fragen, und da er die gleichen in unregelmäßigen Abständen wiederholte, merkte er rasch, wann Mönninck log und wo er die Wahrheit sagte. Doch das, was der Inquisitor sich erhoffte, hatte der Wiedertäufer immer noch nicht gestanden.
    Schließlich trat Gerwardsborn vor und legte dem Gefangenen die Hand auf die Schulter. »Wer in dieser Stadt gehört noch zu eurer verdammenswerten Sekte?«
    »Niemand«, gurgelte Mönninck und stieß im nächsten Augenblick einen gellenden Schrei aus, denn der Foltermeister presste ihm die glühende Spitze eines Eisenstabs gegen die Rippen.
    »Ich stelle diese Frage nur noch ein Mal«, erklärte der Inquisitor kühl. »Wird sie dann nicht beantwortet, wirst du morgen auf dem Scheiterhaufen verbrannt!«
    »Nicht auf den Scheiterhaufen!«, wimmerte Mönninck. »Bitte, schont mein Leben, ich …« Vor Scham weinend, brach er ab.
    Gerwardsborn begriff, dass er seinen Gefangenen genau an dem Punkt hatte, an den er ihn hatte bringen wollen, und lächelte zufrieden. »Nenne die Namen der Ketzer, und dir soll Schonung gewährt sein!«
    »Schonung?« Dieses Wort wirkte auf Mönninck wie Balsam. Aber noch war er nicht bereit, seine Glaubensbrüder zu opfern, sondern nannte mehrere Namen, die als Anhänger Luthers galten, darunter auch den des zweiten Bürgermeisters Thaddäus Sterken.
    Obwohl Gerwardsborn sicher war, dass der Gefangene ihn täuschen wollte, ließ er ihn reden. Immerhin hatten die Wiedertäufer sich von den Lutheranern abgespalten und

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